Das Verkehrslexikon
Rotlicht - notwendige Feststellungen
Notwendige und überflüssige Feststellungen für einen Rotlichtverstoß
Gliederung:
Allgemeines:
Stichwörter zum Thema Rotlichtverstöße
Der Nachweis eines Rotlichtverstoßes
Qualifizierter Rotlichtverstoß (länger als 1 Sek. Rot)
Rotlichtverstoß und Fahrverbot
KG Berlin v. 04.08.2005:
Die Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes macht grundsätzlich genaue Feststellungen unter anderem dazu erforderlich, wie weit der Betroffene mit seinem Fahrzeug bei Rotbeginn von der Haltlinie entfernt war.
OLG Jena v. 07.11.2005:
Bei Rotlichtverstößen innerhalb geschlossener Ortschaft sind explizite Feststellungen zur Dauer der Gelbphase und zu der höchstzulässigen Geschwindigkeit regelmäßig entbehrlich, da mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer innerorts üblichen und damit allgemeinkundigen Gelbphase von drei Sekunden und einer innerorts grundsätzlich geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auszugehen ist. Ferner braucht in diesen Fällen nicht die Entfernung des Fahrzeugs von dem durch die LZA geschützten Bereich im Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel von Grün auf Gelb festgestellt zu werden.
OLG Hamm v. 07.02.2008:
Enthält ein Urteil weder Angaben dazu, ob eine Haltelinie vorhanden war noch zu der Frage, in welchem Abstand sich der Betroffene zu einer Haltelinie oder der Lichtzeichenanlage befunden haben soll, als diese Rotlicht zeigte, oder zu der durch den Betroffenen gefahrenen Geschwindigkeit, führt die gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde zu dessen Aufhebung.
OLG Karlsruhe v. 28.11.2008:
Für die Annahme eines nichtqualifizierten schuldhaften Rotlichtverstoßes ist die Feststellung nötig, dass der Betroffene nach Aufleuchten des Gelblichts vor der Ampelanlage das von ihm gesteuerte Fahrzeug ohne Gefährdung hätte zum Stehen bringen können. Hierzu bedarf es der Feststellung, mit welcher Geschwindigkeit sich der Betroffene im Zeitpunkt des Umschaltens von Grün auf Gelb der Lichtzeichenanlage genähert hat. Für die Darlegung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes ist es weiterhin erforderlich, das Ergebnis der Messungen bei Auslösen der Aufnahmekamera sowie die Anknüpfungstatsachen - die Abstände zwischen Haltelinie, erster und zweiter Induktionsschleife sowie die jeweiligen Rotlichtzeiten beim Überfahren der Induktionsschleifen bzw. beim Vorhandensein nur einer Induktionsschleife der zeitliche Abstand zwischen den Lichtbildaufnahmen und die zwischen den Aufnahmezeitpunkten zurückgelegte Fahrstrecke - mitzuteilen.
OLG Hamm v. 01.12.2009:
Für die Annahme eines Rotlichtverstoßes ist nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie und – wenn diese nicht vorhanden ist – das Einfahren in den von der Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereich ausschlaggebend ist. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Überprüfung des Verstoßes zu ermöglichen, hat das Tatgericht nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und dem Ablauf des Rotlichtverstoßes zu treffen. Insbesondere wenn die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Messgerätes beruhen, sind wegen der damit verbundenen zahlreichen Fehlermöglichkeiten klare und erschöpfende Feststellungen zum Zeitablauf sowie zur Entfernung des Fahrzeugs zum Einmündungsbereich, zur Lichtzeichenanlage und zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie zu treffen. Das gilt erst recht für die Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes.
OLG Hamm v. 02.11.2010:
Bei einem Rotlichtverstoß außerhalb geschlossener Ortschaften sind nähere Ausführungen zur Dauer der Gelbphase sowie zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit erforderlich sowie möglicherweise auch dazu, wie weit der Betroffene mit seinem Fahrzeug noch von der Ampel entfernt war, als diese von Gelb- auf Rotlicht umschaltete. Nur bei Kenntnis dieser Umstände läßt sich nämlich entscheiden, ob der Betroffene bei zulässiger Geschwindigkeit und mittlerer Bremsverzögerung in der Lage gewesen ist. dem von dem Gelblicht ausgehenden Haltegebot zu folgen. was unerlässliche Voraussetzung für den Vorwurf ist, das Rotlicht schuldhaft missachtet zu haben. Innerhalb geschlossener Ortschaften sind derartige Feststellungen in der Regel entbehrlich, da hier von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer Gelblicht dauer von 3 Sekunden ausgegangen werden kann.
OLG Bamberg v. 06.03.2014:
Bei der Verurteilung wegen eines innerhalb geschlossener Ortschaften begangenen "einfachen" Rotlichtverstoßes (§§ 37 Abs. 2, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO) sind im Bußgeldurteil Ausführungen zur Dauer der Gelbphase, der zulässigen und vom Betroffenen eingehaltenen Geschwindigkeit sowie seines Abstands zur Ampel regelmäßig entbehrlich, weil grundsätzlich von einer gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und von einer Gelbphase von 3 Sekunden ausgegangen werden kann, was eine gefahrlose Bremsung vor der Ampel ermöglicht, bevor diese von Gelb auf Rot umschaltet (u.a. Anschluss OLG Hamm, Beschluss vom 2. November 2010, 4 RBs 374/10 [bei juris] und OLG Bremen NZV 2010, 42 ff.).
KG Berlin v. 17.02.2015:
Für einen innerörtlichen Rotlichtverstoß bedarf es neben der getroffenen Feststellung, dass der Betroffene bei Rot die Haltelinie überfahren hat und in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, keiner weiteren besonderen Angaben.
KG Berlin v. 24.02.2016:
Unter den Bedingungen eines im innerstädtischen Verkehr angewandten standardisierten Messverfahrens bedarf es im Urteil im Regelfall keiner Feststellungen dazu, wo genau sich der Betroffene beim Umspringen der Ampel auf rotes Wechsellicht befand. Denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase und mithin von der Möglichkeit gefahrlosen Anhaltens auszugehen.
KG Berlin v. 28.12.2018:
Unter den Bedingungen eines im innerstädtischen Verkehr angewandten standardisierten Messverfahrens bedarf es im Urteil im Regelfall keiner Feststellungen dazu, wo genau sich der Betroffene beim Umspringen der Ampel auf rotes Wechsellicht befand. Denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase und mithin von der Möglichkeit gefahrlosen Anhaltens auszugehen.
OLG Düsseldorf v. 27.04.2020:
Es bedarf bei einem vorgeworfenen Rotlichtverstoß innerhalb geschlossener Ortschaften im Urteil keiner Ausführungen zur Dauer der Gelbphase, der zulässigen und vom Betroffenen eingehaltenen Geschwindigkeit und seinem Abstand von der Ampel bei deren Umschalten auf Rotlicht. Denn innerorts kann grundsätzlich von einer nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer Gelbphase von drei Sekunden ausgegangen werden, was eine gefahrlose Bremsung ermöglicht.
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