Erklärt sich ein bei einem Verkehrsunfall schwer Verletzter in einer mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung geschlossenen Abfindungsvereinbarung für "endgültig abgefunden", übernimmt er das Risiko, dass die für die Berechnung der Kapitalabfindung maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen. Stellt sich heraus, dass eine Jahre später eingetretene Dienstunfähigkeit auf den Verkehrsunfall zurückzuführen ist, kann der Betroffene keine weiteren Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung erheben.
Pressemitteilung vom 13.02.2009:
Abfindungsvereinbarung will wohl überlegt sein
Zum Umfang der Abgeltungswirkung einer Abfindungsvereinbarung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall
Kurzfassung
Nicht immer gilt: Nur schnelles Geld ist gutes Geld. Gerade bei Verkehrsunfällen mit schweren Körperverletzungen ist die weitere Entwicklung oft unabsehbar und daher beim Abschluss einer Abfindungsvereinbarung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung Vorsicht geboten. Denn nach Erhalt der Abfindungssumme bestehen regelmäßig keine Ansprüche mehr.
Das zeigt eine jetzt rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Coburg, mit der die Klage eines Unfallopfers auf Schadensersatz wegen Spätschäden in Höhe von rund 37.000 € abgewiesen wurde. Weil sich der Kläger mit der Versicherung des Unfallgegners im Jahre 2005 auf eine Abfindung geeinigt hatte, war er mit weiteren Ansprüchen wegen Verdienstausfalls ausgeschlossen.
Sachverhalt
Im Jahre 1977 war der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt worden. Für den Unfallschaden haftete der Unfallgegner und damit seine Haftpflichtversicherung (die Beklagte) und erbrachte auch entsprechende Leistungen. Mitte 2004 wurde der Kläger erneut bei einem Verkehrsunfall verletzt und Anfang 2005 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Im August 2005 erklärte er sich gegen Zahlung von 44.000 € für aus dem ersten Unfall vollständig abgefunden. Später stellte sich aber heraus, dass die Dienstunfähigkeit nicht – wie er geglaubt hatte – auf den zweiten, sondern auf den ersten Unfall zurückzuführen war. Deshalb klagte er auf Zahlung weiterer rund 37.000 € Verdienstentgang wegen des ersten Unfalls.
Gerichtsentscheidung
Ohne Erfolg. Das Landgericht Coburg befand, dass die Abfindungsvereinbarung jegliche weitere Ansprüche ausschloss. Denn der Kläger hatte sich „für endgültig abgefunden“ erklärt. Damit hatte er das Risiko übernommen, dass die für die Berechnung der Kapitalabfindung maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhten. Es wäre ihm unbenommen gewesen, einen Vergleichsabschluss nur bei Ausklammerung der damals schon bestehenden Dienstunfähigkeit zu akzeptieren.
Fazit
Zwar bietet eine pauschale Schadensabgeltung dem Geschädigten die Chance, dass „es nicht so schlimm wird“; stets bleibt aber auch das Risiko einer ungünstigen Entwicklung.
LG Coburg, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: 13 O 767/07; rechtskräftig
OLG Bamberg, Hinweisverfügung vom 27. Oktober 2008, Az.: 5 U 126/08