Es verstößt gegen gute Wettbewerbssitten, Verkehrsunfallbeteiligte am Unfallort mit dem Ziel anzusprechen, sie zum Abschluss eines Auto-Mietvertrages zu veranlassen.
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt ein Autovermietungs-Unternehmen in K. Die Beklagten unterhalten dort eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstätte und dazu ebenfalls eine Autovermietung, seit 28. Juli 1972 in der Rechtsform einer GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte M. R... jun. ist.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten beschafften sich dadurch Kunden, dass sie selbst oder Dritte in ihrem Auftrag den Polizeifunk abhörten, dadurch sogleich Kenntnis von Verkehrsunfällen erlangten und anschließend an den Unfallstellen die Unfallopfer von beauftragten "Schleppern" ansprechen und zum Abschluss von Reparatur- und Mietwagenverträgen bewegen ließen. So habe am 4. April 1972 ein Unbekannter den soeben durch einen Verkehrsunfall im Stadtgebiet Köln geschädigten Zeugen M angesprochen, ihm das Unternehmen der Beklagten empfohlen und ihn mit seinem Einverständnis dorthin gefahren. Der Zeuge habe dort einen Wagen gemietet und den Auftrag erteilt, sein an der Unfallstelle stehen gebliebenes Fahrzeug abzuholen und zu reparieren. In drei weiteren Fällen, nämlich am 7. Juli 1972, am 3. August 1972 und am 7. September 1972 sei der Zeuge R, ein Angestellter des Abschleppunternehmens C, jeweils kurz nachdem sich ein Kraftfahrzeugunfall im Stadtgebiet von Köln ereignet hatte, an der Unfallstelle erschienen. Er habe mit den Unfallgeschädigten, den Zeugen N, S, H und He Gespräche geführt, in denen er den drei erstgenannten Zeugen das Unternehmen der Beklagten empfohlen habe. Der vierte Zeuge, He, habe selbst schon eine bestimmte Werkstatt genannt, in die er sein Fahrzeug abschleppen lassen wollte.
Die Klägerin hat dazu behauptet, in allen Fällen seien die Geschädigten von R im Auftrage der Beklagten angesprochen und zur Wahl des Unternehmens der Beklagten als Geschäftspartner überredet worden. R... habe dabei mehrfach Prospekte bzw. Visitenkarten der Beklagten überreicht und sich diese in einem Fall, als die Polizei erschienen sei, von dem Geschädigten wieder zurückgeben lassen. R habe auch in anderen Fällen Unfallgeschädigte an den Unfallstellen angesprochen und in das Unternehmen der Beklagten abzuschleppen gesucht, wie sich aus dem Tatbestand des von einem anderen Wettbewerber gegen die Beklagten erstrittenen Urteils der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. November 1972 – 17 0 337/72 – ergebe, dessen Richtigkeit von den Beklagten auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht bestritten werde.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,es zu unterlassen, an Unfallstellen durch Angestellte oder Beauftragte Unfallgeschädigte ansprechen zu lassen, um diese dadurch zum Abschluss eines Auto-Mietvertrages in der Werkstatt der Beklagten zu veranlassen.Die Beklagten haben unter Berufung darauf, dass ihr Unternehmen jetzt von der GmbH betrieben werde, ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt; ferner haben sie das Rechtsschutzinteresse der Klägerin mit der Begründung in Abrede gestellt, diese verhalte sich selbst in gleicher Weise wettbewerbswidrig. Die Beklagten sind schließlich der Ansicht, das bloß werbende Ansprechen am Unfallort im Sinne einer Adressenmitteilung könne nicht generell als unlauter angesehen werden, vielmehr komme es jeweils auf die Umstände des Falles und die Art und Weise des Ansprechens an.
Das Landgericht hat zunächst durch Versäumnisurteil antragsgemäß erkannt und nach Einspruch der Beklagten Beweis erhoben und danach das Versäumnisurteil bestätigt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter; die Klägerin ist trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat unbeschadet des Wechsels der Rechtsform die Passivlegitimation der Beklagten bejaht, ebenso das Rechtsschutzinteresse der Klägerin, selbst wenn diese sich in ähnlicher Weise wettbewerbswidrig verhalten sollte. Dagegen erhebt die Revision keine Einwände, Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
In tatsächlicher Hinsicht stellt das Berufungsgericht fest, die Beklagten hätten wiederholt Unfallgeschädigte durch Beauftragte an den Unfallstellen ansprechen lassen, um diese dadurch zum Abschluss eines Auto-Mietvertrages mit ihrem Unternehmen zu veranlassen. Unstreitig sei dies im Falle M geworden, in dem ein Unbekannter im Auftrag der Beklagten tätig geworden sei. Soweit der Zeuge R... beteiligt gewesen sei, habe die Beweisaufnahme bestätigt, dass R... jeweils unmittelbar nach dem Unfall erschienen sei und dabei aus eigener Initiative nach Ansprechen das Unternehmen der Beklagten empfohlen, mindestens aber werbend ins Gespräch gebracht habe. Schon diese Häufung widerlege es, dass R... jeweils zufällig dorthin gelangt sei und das Unternehmen der Beklagten lediglich wegen seiner Freundschaft zum Beklagten R jun. und aus reiner Hilfsbereitschaft ohne Auftrag der Beklagten empfohlen habe. Auch dass R... Geschäftskarten der Beklagten bei sich geführt und übergeben habe, stütze die Überzeugung, dass er im Auftrag der Beklagten tätig geworden sei.
Das Berufungsgericht führt weiter aus, das Ansprechen von Unfallopfern an der Unfallstelle zu Werbezwecken sei als Verstoß gegen § 1 UWG zu beurteilen. Sei schon das Ansprechen von Straßenpassanten zu Werbezwecken nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als belästigendes Anreißen unlauter, so kämen beim Ansprechen von Unfallopfern noch erschwerende Besonderheiten hinzu. Denn Unfallbeteiligte befänden sich regelmäßig in einer Ausnahmesituation, in der man als Folge der Schreck- oder Schockwirkung labiler als gewöhnlich und für als Hilfe dargebotene Werbung im Sinne einer erhöhten Bestellanfälligkeit besonders empfänglich sei. Auch entstehe ein Nachahmungszwang für Mitbewerber, was zu weiterer Belästigung und Erschwerung insbesondere der polizeilichen Ermittlungen und des Verkehrsflusses führen könne. Diese Gefährdungen bestünden generell und abstrakt für alle Unfallsituationen schlechthin, so dass nicht darauf abgestellt werden könne, ob im Einzelfall das Erscheinen eines Schleppers als hilfreich empfunden werde oder objektiv auch einmal sein könne. Die Wiederholungsgefahr werde durch den Wechsel der Unternehmensform nicht beseitigt, weil auch künftig die Beklagten als einzige Gesellschafter bzw. Geschäftsführer bestimmenden Einfluss auf die GmbH hätten und dann ein solches Fehlverhalten ihnen auch persönlich zuzurechnen sei.
II. Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist entsprechend dem Klageantrag allein die Frage, ob die Beklagte durch Beauftragte am Unfallort Unfallgeschädigte ansprechen lassen darf, um diese dadurch zum Abschluss eines Automietvertrages in der Werkstatt der Beklagten zu veranlassen.
2. Der Auffassung des Berufungsgerichts ist zuzustimmen, dass das unerbetene Ansprechen am Unfallort mit dem Ziel derartige Aufträge zu erlangen, grundsätzlich wettbewerbswidrig ist. Gilt schon das Ansprechen von Straßenpassanten mit dem Ziel, diese zum Betreten von Verkaufsstätten zu veranlassen, als nicht tragbare Belästigung, vor der die Allgemeinheit zu schützen ist (vgl. BGH GRUR 1965, 315, 316 – Werbewagen; BGH GRUR 1960, 413 – Kfz-Nummernschilder), so gilt dies erst recht, wenn mit dieser Methode am Unfallort gegenüber Unfallgeschädigten geworben wird. Denn es stellt eine noch stärkere Belästigung dar, wenn der Unfallgeschädigte, der sich durch den Unfall regelmäßig in einer für abgewogene geschäftliche Entscheidungen nicht günstigen Verfassung befindet. mit geschäftlichen Angeboten konfrontiert wird, die, wie die Anmietung eines Ersatzwagens, keiner sofortigen Entscheidung am Unfallort, sondern ruhiger Überlegung und Abwägung bedürfen. Es trifft deshalb nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, wenn die Revision meint, es müsse sofort entschieden werden, ob das Unfallfahrzeug abgeschleppt werden müsse und deshalb müsse diese Leistung auch an Ort und Stelle angeboten werden dürfen. Ob insoweit für Abschleppdienste eine Ausnahme zu machen ist (dagegen OLG Nürnberg BB 1968, 1448; dafür Schibel BB 1968, 1449; Baumbach/Hefermehl, 11. Aufl. § 1 UWG Anm. 128) bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Parteien nur darum streiten, ob die Beklagten an der Unfallstelle in dieser Weise für Mietwagen werben dürfen. Jedenfalls insoweit besteht entgegen der Ansicht der Revision am Unfallort kein so dringender Bedarf, dass der Werbende davon ausgehen kann, der Geschädigte werde es nicht als Belästigung empfinden, deshalb angesprochen zu werden. Auch der weitere Gesichtspunkt, dass die Mitbewerber der Beklagten sich andernfalls ebenso verhalten müssten, wodurch sich eine Massierung von Werbenden ("Schleppern") an der Unfallstelle ergeben könne, die zu vermehrter Belästigung, unter Umständen sogar zu Behinderungen führen müsse, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es liegt auf der Hand, dass die Mitbewerber zur Anpassung an solche Praktiken gezwungen werden, wenn sie bei Zulassung dieser Methode erfolgreich am Wettbewerb teilnehmen wollen. Es ist auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht eine solche unerbetene Kontaktaufnahme am Unfallort schlechthin als sittenwidrigen Wettbewerb beurteilt, ohne näher zu prüfen, wie und unter welchen Umständen sie im einzelnen vorgenommen ist. Wohl ist nicht zu verkennen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, dass Betroffene eine solche als "Beratung" und "Hilfe" auftretende Werbung unter Umständen im Einzelfall nicht als Belästigung auffassen, sie ihnen gelegentlich auch nützen mag. Die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit lästigen und wettbewerbswidrigen Vorgehens ist jedoch in solchen Fällen so überwiegend, der Missbrauch und die Umgehungsmöglichkeiten so naheliegend, dass zum Schutz der Allgemeinheit und der beteiligten Mitbewerber eine auf den Einzelfall abstellende Beurteilung nicht ausreichen würde, Wettbewerbsauswüchsen wirksam entgegenzutreten.
III.
Die Revision stellt schließlich zur Nachprüfung, ob das Berufungsgericht die Wiederholungsgefahr zu Recht bejaht hat, nachdem die Beklagten jedenfalls nicht mehr unmittelbar tätig seien. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu diesem Punkt lassen jedoch keinen Rechtsfehler erkennen und die Revision erhebt auch insoweit im einzelnen keine Rügen.
Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.