Steht auf Grund sachverständiger Beurteilung fest, dass ein Unfallgeschädigter zwar keine erhebliche nachweisbare körperliche Primärverletzung erlitten hat, dass es jedoch wegen einer vorhandenen persönlichen psychischen Disposition zu einer somatoformen Schmerzstörung gekommen ist, und kann andererseits eine sog. Rentenneurose ausgeschlossen werden, dann ist von einem Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und Schmerzfolgen auszugehen und ein angemessenes Schmerzensgeld zuzusprechen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eine Verkehrsunfalls vom 09.02.2004.
An diesem Tag befuhr die Klägerin mit dem Fahrzeug Mercedes CLK 200, amtl. Kennzeichen ..., gegen 7.44 Uhr die Straße H... in H.... Sie wollte nach links in die P... Chaussee abbiegen und hielt an der Straßeneinmündung an. Aus ihrer Sicht von rechts kommend befuhr ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter LKW, ein Betonmischfahrzeug, die P... Chaussee. Der Führer dieses LKWs wollte nach links in die Straße H... einbiegen. Beim Einbiegevorgang schnitt er die Kurve. Hierdurch prallte die Fahrzeugfront des LKWs gegen die rechte vordere Fahrzeugseite des von der Klägerin geführten PKWs. Dem Grunde nach ist die volle Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen unstreitig, diese glich vorprozessual den Fahrzeugschaden der Klägerin in voller Höhe aus. Es besteht allerdings Streit über den Umfang einer von der Klägerin behaupteten unfallbedingten Verletzung und etwaige, hieraus resultierende Schadenspositionen.
Die Klägerin behauptet, sie habe unfallbedingt eine Commotio Cerebri, eine HWS-Distorsion, einen Cervicalen Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 sowie ein andauerndes akutes cervikobrachiales Schmerzsyndrom erlitten. Sie habe über lange Zeit ständig an Schmerzen im Nackenbereich, die in die Schulterpartien beider Arme ausstrahlten gelitten und deshalb ständig Schmerzmittel einnehmen müssen. Wegen dieser Beschwerden sei sie arbeitsunfähig gewesen. Sie habe diverse Freizeitaktivitäten nicht mehr ausführen und keine langen Autofahrten unternehmen können. Sie sei unfallbedingt in ihrer Haushaltsführungstätigkeit, für die sie vor dem Unfall ca. 24 Stunden wöchentlich aufgewandt habe, bis zum 23.03.2004 zu 100 %, bis zum 17.08.2004 zu 80 %, bis zum 10.05.2005 zu 60 % und fortdauernd, jedenfalls bis zum 12.06.2006 zu 40 % eingeschränkt gewesen.
Mit der am 21.10.2006 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens € 25.000,00 begehrt, sowie eines Haushaltsführungsschadens von € 14.592,59 für den Zeitraum vom 09.02.2004 bis zum 12.06.2006, von Fahrtkosten in Höhe von € 1.372,85, die Zahlung von Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 870,58 sowie die Feststellung der vollen Einstandspflicht hinsichtlich sämtlicher materieller und immaterieller weitere Schäden aufgrund des Verkehrsunfalls vom 09.02.2004. Nach Rechtshängigkeit hat die Beklagte auf die Schmerzensgeldforderung der Klägerin einen Betrag von € 1.250,00 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
- ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch weitere € 23.750,00, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2006 zu zahlen,
- € 15.965,54 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 24.06.2006 aus € 15.038,69 sowie aus € 926,85 seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- € 870,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche immateriellen und materiellen weiteren Schäden, insbesondere den Verdienstausfallschaden, aus dem Verkehrsunfallereignis vom 09.02.2004 zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte kraft gesetzlicher oder vertraglicher Vereinbarungen übergegangen sind oder übergehen.
Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.Die Beklagte bestreitet den Eintritt unfallbedingter Verletzungen. Sie trägt vor, dass die Klägerin das Unfallereignis überdramatisiere. Die von der Klägerin behaupteten Beschwerden stünden in keinerlei Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Die Klägerin habe vielmehr schon Jahre vor dem Unfallereignis an erheblichen Rückenbeschwerden gelitten. Insofern sei die Klägerin auch nicht unfallbedingt in ihrer Haushaltsführungstätigkeit oder Berufsausübung eingeschränkt bzw. eingeschränkt gewesen. Die Schmerzensgeldvorstellung der Klägerin sei darüber hinaus überzogen. Die Beklagte bestreitet ferner den unfallbedingten Anfall der Fahrten, für die seitens der Klägerin Fahrtkosten beansprucht werden, sowie die Höhe der hierfür geltend gemachten Entschädigung. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten seien durch eine (unstreitige) Zahlung von Höhe von € 550,42 an den vorher für die Klägerin tätigen Rechtsanwalts abgegolten.
Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. W... (unfallanalytisches Gutachten vom 30.11.2007), Dr. D... (orthopädisches Gutachten vom 30.11.2007), Prof. Dr. H... (neurologisches Gutachten vom 12.09.2008) und Prof. Dr. M... (psychiatrisches Gutachten vom 25.09.2009). Wegen des Ergebnisses der Anhörung der Klägerin und die ergänzenden Anhörungen der medizinischen Sachverständigen wird auf die Protokolle vom 11.04.2008, 17.04.2009 und 25.06.2010 verwiesen. Im Übrigen wird wegen des weiteren Vortrags der Parteien Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz des ihr bei dem Unfall vom 09.02.2006 entstandenen Schadens gemäß §§ 7 StVG, 3 PflVG (a.F.), 823, 249 ff. BGB.
Der Höhe nach kann die Klägerin gemäß § 253 BGB die Zahlung eines Schmerzensgeldes von € 10.000,00 beanspruchen. Hierauf hat die Beklagte einen anteiligen Betrag von 1.250,00 gezahlt, so dass eine begründete Restforderung von € 8.750,00 verbleibt.
Die Klägerin hat bewiesen, dass sie aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls langanhaltende Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich mit Ausstrahlung in die Schulter und Teile des rechten Arms und Zeigefinger empfunden hat, unter denen sie – wenn auch in einem weniger starken Umfang – immer noch leidet. Zwar hat die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Gutachten der Sachverständigen Dr. D... und Prof. Dr. H... nicht den Beweis erbracht, dass die von ihr empfundenen Schmerzen auf einen organischen Primärschaden zurückzuführen sind. Denn die Sachverständigen haben letztendlich plausibel und überzeugend sowohl den Eintritt einer HWS-Distorsion und eines Bandscheibenvorfalls in Höhe des Segments C 6/7 bzw. eines cervicobrachiales Schmerzsyndrom auf dem Boden einer Wurzelirritation bei der Klägerin ausgeschlossen. Nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M... steht jedoch zur sicheren Überzeugung des Gerichtes i.S.d. § 286 ZPO fest, dass die Klägerin durch den Unfall auch ohne den Eintritt einer organischen Primärverletzung eine (immer noch) anhaltende somatoforme Schmerzstörung erlitten hat, bei der die empfundenen Schmerzen, die organisch nicht begründbar sind, das Erleben und Verhalten der Klägerin wesentlich beeinflussen. Der Sachverständige Prof. Dr. M... hat sich im Rahmen seines Gutachtens eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, warum das zugrunde liegende Unfallereignis, dass sich auf den ersten Blick für den äußeren Betrachter eigentlich als nicht besonders schwerwiegend darstellt, im konkreten Fall geeignet war, bei der Klägerin eine derartige Gesundheitsstörung hervorzurufen. Er hat dieses überzeugend mit der gesundheitlichen Prädisposition der Klägerin begründet, die zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens aufgrund der schwerwiegenden Erkrankung ihres Ehemannes bereits anhaltend seelisch erschüttert und damit ganz besonders vulnerabel war. Der Sachverständige hat sich in diesem Zusammenhang auch mit der Frage befasst, ob die von der Klägerin behaupteten Schmerzen auf eine Begehrensneurose zurückzuführen sein könnten. Hierfür hat er jedoch keine Anhaltspunkte gefunden, sondern im Gegenteil anhand des Behandlungsverlaufes der Klägerin und der Plausibilität ihrer Schilderungen überzeugend begründet, dass keinerlei Tendenzen einer Aggravation oder Simulation bei der Klägerin vorliegen.
Es kann im vorliegenden Fall auch ein adäquater Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und des Eintritts der somatoformen Schmerzstörung festgestellt werden. Eine „unangemessene Erlebnisverarbeitung“, bei der die psychischen Folgereaktionen eines Geschädigten aufgrund des Missverhältnisses zum eigentlichen Anlass in Form eines Bagatellunfalls stehen und insoweit nicht mehr verständlich sind, liegt hier nicht vor. Entscheidend ist dabei die Situation, in der sich die Klägerin bei dem Unfallgeschehen befunden hat. Hierbei hat sie das unfallverursachende Fahrzeug, das auf sie schräg von vorne zugefahren kam, und aufgrund der Größe für sie eine erhebliche Bedrohungssituation dargestellt hat, wahrgenommen. Insoweit mag das Unfallereignis im Hinblick auf den eingetretenen Fahrzeugschaden zwar möglicherweise noch als „Bagatellunfall“ einzuschätzen sein. In Anbetracht der auf die Klägerin konkret einwirkenden psychischen Schrecksituation gilt dieses jedoch nicht.
Soweit es den Beschwerdeumfang betrifft, der für die Bemessung des Schmerzensgeldes entscheidend ist, geht das Gericht nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens davon aus, dass die von der Klägerin behaupteten Beschwerden tatsächlich von ihr subjektiv empfunden werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Beschwerden zwar noch andauern, zwischenzeitlich aber eine deutliche Besserung eingetreten ist, was sich (u.a.) aus dem von der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. M... geschilderten Tagesablauf ergibt, der nicht mehr in dem früheren Ausmaß „schmerzgesteuert“ ist, und sich auch in dem Absetzen des Antidepressivums und der Wiederaufnahme der früheren Berufstätigkeit manifestiert. Diese dauerhaften, nicht unerheblichen Beschwerden, aufgrund derer die Lebensführung und -qualität der Klägerin erheblich eingeschränkt gewesen ist, lassen insbesondere unter Berücksichtigung der Zeitdauer der Beschwerden ein Schmerzensgeld in Höhe von € 30.000,00 als grundsätzlich angemessen erscheinen. Allerdings war der Schmerzensgeldbetrag im Rahmen der Schadensberechnung gemäß §§ 287 ZPO, 253 BGB aus Billigkeitsgesichtspunkten aufgrund der psychischen Prädisposition der Klägerin, die eine ganz entscheidende Rolle für den Verletzungseintritt gespielt hat, zu kürzen (vgl. hierzu u.a. BGH NJW 1996, 2425 ff; OLG Saarbrücken NJW-Spezial 2009, 761 f.; OLG Schleswig NJW-RR 2007, 171). Im vorliegenden Fall ist eine entsprechende Kürzung um 2/3 angemessen, so dass ein Betrag von € 10.000,00 verbleibt. Maßgeblich für die Höhe der Kürzung ist einerseits, dass die Manifestation der Schmerzstörung nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M... ganz wesentlich auf der Grunderkrankung der Klägerin beruht, die zum Zeitpunkt des Unfalls bereits anhaltend seelisch erschüttert und besonders vulnerabel war, und dass andererseits ein Unfallereignis vorliegt, dass die Grenze eines bloßen „Bagatellunfalls“ im Straßenverkehr durch die konkrete Bedrohungssituation für die Klägerin gerade eben übersteigt.
Als Haushaltsführungsschaden kann die Klägerin für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 12.06.2006 einen Betrag von € 8.091,93 beanspruchen. Soweit es die von der Klägerin in der Klagschrift dargelegten Haushaltstätigkeiten (Gartenarbeit, Wäschereinigung, Einkaufen und Putzen) betrifft, hat die Klägerin nicht bewiesen, verletzungsbedingt überhaupt nicht in der Lage gewesen zu sein, (alle) diese Tätigkeiten auszuführen. Dieser Beweis ist nicht durch eine Zeugenvernehmung zu führen, da der von Klägerin als Zeuge benannte Ehemann naturgemäß keine eigenen Wahrnehmungen von dem Empfinden der Klägerin hat tätigen können, sondern nur durch ein Sachverständigengutachten. Der Sachverständige Prof. Dr. M... hat allerdings ausgeführt, dass die Klägerin in Anbetracht der bei ihr vorliegenden somatoformen Schmerzstörung in der Zeit nach dem Unfall bis Anfang 2006 gesundheitsbedingt überwiegend ihren Haushaltstätigkeiten hätte nachkommen können, wenn auch mit einem erhöhten Zeitbedarf und unter signifikanter Einschränkung ihrer Freizeitaktivitäten (wobei letzteres im Rahmen des Schmerzensgeldes berücksichtigt worden ist). Den insofern unfallbedingt anzusetzenden zeitlichen „Mehrbedarf“ durch langsameres Arbeiten und Ruhephasen schätzt das Gericht auf ca. 1 Stunde täglich, so dass bezogen auf die Zeit vom 9.2.2004 bis zum 31.12.2005 für einen Zeitraum von 690 Tagen ein entsprechender Zeitbedarf von 690 Stunden unter Ansatz der von der Klägerin beanspruchten angemessenen Vergütung von € 8,86 pro Stunde zu vergüten ist. Hieraus folgt ein Betrag von € 6.113,40. Für den nachfolgenden Zeitraum, in dem die Klägerin zusätzlich unter einer Depression gelitten hat, war dagegen von einer größeren Einschränkung auszugehen. Insoweit legt das Gericht hier bei der Schadensschätzung für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 12.06.2006 den von der Klägerin in der Klage selbst angesetzten täglichen Zeitbedarf von 1,37 Stunden zugrunde. Bezogen auf einen Zeitraum von 163 Tagen errechnet sich bei diesem Zeitbedarf ein Betrag von € 1.978,53 (163 Tage x 1,37 Std. x € 8,86). Eine Kürzung aufgrund der Prädisposition der Klägerin hat hinsichtlich dieser Schadensposition nicht zu erfolgen.
Soweit es die von der Klägerin beanspruchten Fahrtkosten für die ärztlichen Behandlungen bis zum 17.05.2006 betrifft, sind diese vom Ansatz her uneingeschränkt erstattungsfähig. Das Gericht hat nach der Anhörung der Klägerin und den in dem vorliegenden Rechtsstreit vorgelegten diversen Arztberichten und den eingeholten Gutachten keine Zweifel, dass die Klägerin die in der Anlage K 7 dargelegten Arztbesuche tatsächlich unternommen und damit die entsprechenden Fahrten, bzw. Kilometer zurückgelegt hat. Als Kilometerpauschale, die das Gericht gemäß § 287 ZPO in Anlehnung an § 5 JVEG schätzt, kann die Klägerin allerdings lediglich einen Betrag von € 0,25 pro Kilometer ansetzen. Bei Ansatz einer Fahrtstrecke von insgesamt 5.085 km ergibt sich damit ein Anspruch von € 1.271,25.
Der Zinsanspruch auf die vorstehend genannten Schadenspositionen folgt aus hinsichtlich des Schmerzensgeldbetrages von € 8.750,00 und eines Teils des Haushaltsführungsschadens in Höhe von € 4.031,30 (455 Tage bis zum 10.05.2005) sowie der Fahrtkosten in Höhe von € 296,75 (1.187km x € 0,25) aus §§ 286, 288 BGB, da sich die Beklagte insoweit im Hinblick auf das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.06.2006 seit dem 24.06.2006 in Verzug befindet. Im Übrigen folgt der Zinsanspruch aus §§ 291, 288 BGB.
Als vorprozessuale Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin (nur) die Erstattung derjenigen Kosten beanspruchen, die bei einer Vertretung durch ihren ersten Rechtsanwalt angefallen wären. Denn soweit durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten höhere Kosten angefallen sind, können diese aufgrund der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB), die der Klägerin obliegt, nicht geltend gemacht werden. Wenn der vorherige Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch den Auftrag gehabt hätte, die mit vorprozessualem Schreiben vom 11.06.2006 eingeforderten Schadenspositionen „Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden und Fahrtkosten“ geltend zu machen, von denen sich ein Teil i.H.v. € 13.078,05 (zuzüglich der geleisteten Schmerzensgeldzahlung von € 1.250,00) als begründet darstellt, wäre eine Abrechnung gemäß Anlage K 12 auf Basis eines Gegenstandswertes von bis zu € 35.000,00 möglich gewesen. Bei diesem Gegenstandswert ergibt sich bei Ansatz einer angemessenen 1,5-Geschäftsgebühr (da es sich um einen Verkehrsunfall mit überdurchschnittlich schwierig zu beurteilenden Folgen handelt) eine Gebühr von € 1.245,00 zuzüglich einer Kostenpauschale von € 20,00 und eines Mehrwertsteueranteil (16 %) von € 202,40, mithin insgesamt € 1.467,40. Abzüglich einer insoweit anrechenbaren Zahlung der Beklagten an den vorherigen Rechtsanwalt der Klägerin von € 550,42 ergibt sich eine Restforderung von € 916,98. Der von der Klägerin beanspruchte Teil in Höhe von € 870,58 , der sich aus der von ihr vorgenommenen Berechnung und Anrechnung der Verfahrensgebühr ergibt, ist insoweit voll erstattungsfähig, da eine entsprechende Anrechnung zu unterbleiben hat.
Die Verzinsung des Zahlungsanspruches folgt auch hier aus §§ 291, 288 BGB.
Der Feststellungsantrag der Klägerin ist, soweit es ihr Begehren in Bezug auf (weitere) immaterielle Schäden betrifft, unbegründet. Es ist nicht vorgetragen und letztendlich auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin zukünftig derartige Schäden entstehen könnten, die nicht durch das ihr bereits zuerkannte Schmerzensgeld abgedeckt sind.
In Bezug auf (weitere) materielle Schäden, insbesondere des Verdienstausfallschadens, die nicht Gegenstand der Klage sind, ist der Feststellungsantrag dagegen zulässig und begründet. Soweit der Klägerin aus dem Unfallereignis weitere materielle Schäden erwachsen sind oder erwachsen werden, sind diese (soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen) dem Grunde nach vollumfänglich von der Beklagten zu ersetzen. Das betrifft insbesondere auch einen Verdienstausfall der Klägerin, soweit dieser auf die unfallbedingte somatoforme Schmerzstörung zurückzuführen ist. Zwar kann eine besondere Schadensanfälligkeit eines Geschädigten nicht nur im Rahmen des Schmerzensgeldanspruches sondern auch – unter dem Gesichtspunkt einer Prognoseentscheidung – bei der Ermittlung des Verdienstausfalls eine Rolle spielen (vgl. BGH NJW 1998, 810 ff.). Diese Problematik betrifft jedoch nicht nur den Grund sondern auch die Ermittlung der Höhe des (ggfs. gemäß § 287 ZPO zu schätzenden) Anspruches, die einem nachfolgenden Betragsverfahren vorbehalten bleibt. Ob also in Bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin möglicherweise ein Abzug wegen der gesundheitlichen Prädisposition zu erfolgen hat, kann in dem vorliegenden Rechtsstreit offen bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91a ZPO. Im Hinblick auf das (ungefähr gleichwertige) gegenseitige Obsiegen und Unterliegen der Parteien (unter Berücksichtigung eines Gesamtstreitwertes von € 60.965,54) ist die Anordnung einer Kostenaufhebung angemessen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.