Im Gegensatz zum erlaubten Rechtsüberholen bei markierten Fahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften ist das Rechtsüberholen auf der Autobahn im Grundsatz strengstens verboten.
Lediglich dann, wenn sich in mehreren Fahrstreifen Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden; und wenn im linken Fahrstreifen eine Kolonne steht oder mit höchstens 60 km/h fährt, darf auf dem rechen Fahrstreifen mit einem Geschwindigkeitsunterschied von maximal 20 km/h überholt werden.
BGH v. 03.05.1968:
Grundsätze des erlaubten Rechtsüberholens bei Kolonnenverkehr auf der Autobahn
BayObLG v. 18.08.1978:
Ein Kraftfahrer, der innerhalb einer sich auf der Überholspur einer Autobahn vorwärtsbewegenden Kolonne fährt, darf nicht in der Absicht, sich alsbald wieder in diese Kolonne einzureihen, auf den rechten Fahrstreifen hinüberlenken und dort einige in der Kolonne fahrende Fahrzeuge rechts überholen; dies gilt auch dann, wenn die Geschwindigkeit der Kolonne nicht mehr als 60 km/h und die Mehrgeschwindigkeit des Überholenden nicht mehr als 20 km/h beträgt.
OLG Düsseldorf v. 31.01.1990:
Wird der Verkehrsfluß auf einer Autobahn durch Schilderbrücken mit spurbezogenen Weisungen in zwei verschiedene Richtungen gelenkt, so darf auf dem rechts abzweigenden Fahrstreifen nur dann schneller als die auf dem durchgehenden Fahrstreifen bleibenden Fahrzeuge gefahren werden, wenn der Fahrzeugführer auch tatsächlich rechts abbiegen will; schert er nach dem Rechtsüberholen wieder auf die linke Fahrspur ein, so verstößt er gegen StVO § 5 Abs 1.
OLG Düsseldorf v. 22.12.1994:
Wer auf einer Autobahn im Bereich von durch die Aufstellung von fahrstreifengegliederten Vorwegweisern eingerichteten Vorsortierräumen auf der durch eine breite Leitlinie abgetrennten Rechtsabbiegerspur an den auf den für den Geradeausverkehr bestimmten Richtungsfahrbahnen befindlichen Fahrzeugkolonnen rechts vorbeifährt und anschließend nach links in eine Fahrzeuglücke einschert, überholt nur dann verbotswidrig rechts, wenn er bei dem Rechtsvorbeifahren nicht beabsichtigt, die Autobahn an der Anschlußstelle zu verlassen.
OLG Celle v. 08.04.2015:
Überholen ist der tatsächliche, absichtslose - d. h. nicht notwendig vorsätzliche - Vorgang des Vorbeifahrens auf demselben Straßenteil (Fahrbahn). Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn (§ 2 Abs. 1 S. 2 StVO). Wer sie benutzt, um rechts an anderen vorbeizufahren, überholt deshalb nicht im Sinne des § 5 StVO . Das Benutzen des Seitenstreifens zum Zweck eines schnelleren Vorwärtskommens stellt jedoch gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO eine vorsätzliche Verkehrsordnungswidrigkeit dar.
OLG Hamm v. 03.05.2018:
Damit ein Verstoß gegen die Regelung des § 18 Abs. 3 StVO vorliegen kann, muss ein Mindestmaß an Bewegung im Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn der Autobahn geherrscht haben. Die Vorfahrtsregelung des § 18 Abs. 3 StVO kann allerdings nicht schon bei jeglichem verkehrsbedingten Halt auf der durchgehenden Fahrbahn – und sei er auch zeitlich noch so kurz – keine Geltung mehr haben. Erst wenn der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn in einer Weise zum Stehen gekommen ist, dass mit einer erneuten Fahrbewegung in kürzerer Frist nicht zu rechnen ist, ist das der Fall.
OLG Hamm v. 18.02.2020::
Überholt ein Kraftfahrer auf einer auslaufenden rechten Fahrspur außerorts, an deren Ende im Reißverschlussverfahren auf den linken, in dieselbe Richtung verlaufenden Fahrstreifen gewechselt werden muss, bereits mehrere hundert Meter vor dem Ende des rechten Fahrstreifens, ein auf diesem befindliches Fahrzeug rechts, so handelt es sich nicht um ein Einordnen im Reißverschlussverfahren nach § 7 Abs. 4 StVO. Ein Rechtsüberholen ist in einer solchen Situation nur dann nicht verkehrsordnungswidrig, wenn einer der gesetzlich abschließend geregelten Fälle zulässigen Rechtsüberholens vorliegt.