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MPU oder Facharztgutachten
MPU oder Facharztgutachten
Gliederung:
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Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)
Facharztgutachten im Fahrerlaubnisrecht
Drogen-Screening - Facharztgutachten - ärztliches Gutachten
Fachärztliches Gutachten bei Alkoholproblematik
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Allgemeines:
VGH München v. 24.08.2010:
Dient eine Fahreignungsbegutachtung dazu, in Erfahrung zu bringen, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, so verbleibt es dabei, dass zu diesem Zweck gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV lediglich die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens verlangt werden darf. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob eine Person erstmals auf Alkoholabhängigkeit hin begutachtet wird, oder ob festgestellt werden soll, ob es bei ihr (nach Überwindung der Abhängigkeit) zu einem Rückfall gekommen ist, bzw. ob zu klären ist, ob Abhängigkeit "noch besteht". Wenn der Verordnungsgeber in Zusammenhang mit einer Alkoholabhängigkeitsproblematik die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens nur dann zulässt, wenn eine Zukunftsprognose anzustellen ist, so trägt das dem im Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung.
VGH München v. 27.09.2010:
Um den Konsum "harter" Drogen zu eruieren, sieht § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV die Einholung eines ärztlichen Gutachtens vor. Die Frage, ob bei einer Person, deren gelegentlicher Cannabiskonsum bereits feststeht, weitere Tatsachen vorliegen, die zum Verlust der Fahreignung führen, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV demgegenüber grundsätzlich durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu klären, sofern hinreichende Anhaltspunkte für die Verwirklichung solcher Zusatztatsachen sprechen.
VGH Mannheim v. 08.09.2015:
Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e 2. Alt. FeV kommt lediglich dann in Betracht, wenn durch die Begutachtung festgestellt werden soll, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist. Dient eine Fahreignungsbegutachtung demgegenüber dazu, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, kommt lediglich die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV in Betracht (Anschluss an BayVGH, Beschluss vom 24.08.2010 - 11 CS 10.1139 - SVR 2011, 275).
VG Würzburg v. 27.07.2016::
Nr. 1 der Vorbemerkung der Anlage 4 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die nachstehende Aufstellung häufiger vorkommende Erkrankungen und Mängel enthält, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können. Nicht aufgenommen sind Erkrankungen, die seltener vorkommen oder nur kurzzeitig andauern. ADHS unterfällt ICD-10, F 90: Hyperkinetische Störungen. Personen mit ADHS bieten ein höheres Risiko für alle Arten von Unfällen, insbesondere auch Verkehrsunfällen. Weiter besteht die Neigung, gegen Regeln im Straßenverkehr zu verstoßen. Die ADHS wird weder in der FeV noch in den Begutachtungsleitlinien erwähnt, wohl deshalb weil ADHS irrtümlich für eine Störung gehalten wurde, die im Erwachsenenalter ausheilt. Auch wenn ein genereller Zweifel an der Fahreignung nicht begründbar ist, sollten augenfällige und gehäufte Verstöße gegen Verkehrsvorschriften abgeklärt werden, und zwar regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung.
VGH München v. 03.08.2016::
War der Betreffende in der Vergangenheit alkoholabhängig und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass er erneut alkoholabhängig geworden ist, so ist mittels eines ärztlichen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV zu klären, ob Alkoholabhängigkeit besteht. Demgegenüber ist im Falle sogenannter Ausrutscher (einmaliger oder seltener Alkoholkonsum) während der Abstinenz) im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu prüfen, ob sich diese Vorfälle mit der Erwartung einer langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren lassen. - Darüber hinaus kann in besonderen, allerdings nur ausnahmsweise anzunehmenden Fällen bei nachgewiesener oder unterstellter Alkoholabhängigkeit im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären sein, ob trotz Alkoholabhängigkeit die Fähigkeit besteht, den Konsum von Alkohol vom Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen.
VGH München v. 08.08.2016:
Eine Überprüfung der psychischen Leistungsfähigkeit durch Leistungstests erfolgt nach Nr. 2.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung regelmäßig im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Mit den Testverfahren können die Belastbarkeit, die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie die Reaktionsfähigkeit untersucht werden. Es kommt nicht darauf an, ob auch im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung zur Abklärung psychischer Leistungsmängel oder Krankheiten psychologische Testverfahren zur Anwendung gelangen können.
VGH München v. 03.12.2018:
Auch wenn der Betroffene bei der Fahrerlaubnisbehörde zum behaupteten einmaligen Konsum keine näheren Angaben gemacht hat und deswegen im Hinblick auf den feststehenden Verstoß gegen das Trennungsgebot auch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Betracht gekommen wäre, führt es nicht zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung, wenn das Landratsamt zu seinen Gunsten einen nur einmaligen Konsum nicht ausgeschlossen und sich daher als Aufklärungsmaßnahme zur Abklärung des Konsumverhaltens zunächst gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV für die Beibringung eines die Antragstellerin weniger belastenden ärztlichen Gutachtens entschieden hat.
BVerwG v. 17.03.2021:
Zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn der Betroffene bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug zwar eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille aufwies, bei ihm aber trotz einer BAK von 1,1 Promille oder mehr keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festgestellt wurden. Bei solchen Anhaltspunkten für eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung und eine damit einhergehende erhöhte Wiederholungsgefahr begründen sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV).
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