Das Verkehrslexikon

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Zeugnisverweigerungsrecht und Fahrtenbuchauflage

Zeugnisverweigerungsrecht und Fahrtenbuchauflage




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Anwaltliche Schweigepflicht
-   Formulierung des Anhörungsbogens



Einleitung:


Es entspricht der gefestigten obergerichtlicher Rechtsprechung, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs nicht verlangen kann, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ein doppeltes "Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches "Recht" widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Fahrtenbuch

Fahrtenbuch-Auflage allgemein

Mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers und Fahrtenbuchauflage

Etappen eines Bußgeldverfahrens - Der Anhörungsbogen

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Allgemeines:


BVerwG v. 22.06.1995:
Der Halter eines Kraftfahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, ist rechtlich nicht gehindert, von einem etwaigen Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren Gebrauch zu machen; er muss dann aber die Auflage in Kauf nehmen, ein Fahrtenbuch zu führen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

BVerwG v. 11.08.1999:
Auch unter der Voraussetzung, dass der verfassungsrechtliche Schutz gegen Selbstbezichtigungen auch den Schutz davor umfassen sollte, eine Ordnungswidrigkeit nicht aufdecken zu müssen, so wäre damit eine Fahrtenbuchauflage vereinbar. Mit der Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuches bleibt das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst nicht bezichtigen zu müssen. Aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen darf freilich in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen - seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen - von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht von Verfassungs wegen hinnehmen.

VG Aachen v. 23.06.2008:
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist es Sache des Fahrzeughalters, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes soweit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Die Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht während des Bußgeldverfahrens steht der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage durch die Straßenverkehrsbehörde nicht entgegen.

VG Saarlouis v. 17.12.2008:
Der ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht geltend machende Fahrzeughalter muss sich darüber im Klaren sein, dass sein Verhalten ihm als fehlende Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers entgegengehalten werden kann. Ein "doppeltes Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und anschließend trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches "Recht" widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

VGH München v. 23.02.2009:
Es entspricht der gefestigten obergerichtlicher Rechtsprechung, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs nicht verlangen kann, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ein doppeltes "Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches "Recht" widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

VGH Mannheim v. 15.04.2009:
War die Feststellung des Fahrzeugführers bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit wegen fehlender Mitwirkung des Fahrzeughalters unmöglich, steht es der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen, wenn sich der Fahrzeughalter auf ein Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht beruft. Dies gilt nicht nur für solche Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte, die ihren Grund in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis des Mitwirkungspflichtigen zum Fahrzeugführer haben, sondern auch für berufsbezogene Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte (hier: anwaltliche Schweigepflicht).

VG Saarlouis v. 06.09.2012::
Eine Fahrtenbuchauflage kann nach einem erheblichen Verkehrsverstoß gegenüber einer GmbH als Fahrzeughalterin auch dann erfolgen, wenn der verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden kann, weil der Geschäftsführer der GmbH, dem das Fahrzeug zur Nutzung überlassen war, sich auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht beruft, vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 1995 - 11 B 7.95, sowie OVG Saarlouis, Beschlüsse vom 06. September 2011 - 1 A 293/11 und vom 03. Mai 2010 - 1 B 101/10.(Rn.14).



OVG Bautzen v. 25.09.2012:
Die Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht steht der Fahrtenbuchauflage nicht entgegen.

VGH München v. 24.06.2013:
Es entspricht der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs nicht verlangen kann, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ein doppeltes "Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches "Recht" widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen, die auch der Antragsteller für sich gegenüber anderen in Anspruch nimmt.

OVG Bautzen v. 04.08.2014:
Deuten die durchgeführten Ermittlungen lediglich auf einen bestimmten Täter hin, ohne dass die Verkehrsbehörde ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte, ist davon auszugehen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften i. S. v. § 31a Abs. 1 StVZO nicht möglich war.

OVG Saarlouis v. 03.03.2015:
Im Regelungsbereich des § 31a StVZO muss sich der sich auf ein Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht berufende Fahrzeughalter darüber im Klaren sein, - darüber müsste ihn erforderlichenfalls sein Rechtsanwalt informieren -, dass die Verweigerung der Aussage ihm als fehlende Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers entgegengehalten werden kann. Denn ein doppeltes "Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches Recht widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

OVG Münster v. 30.06.2015:
Der Halter eines Fahrzeugs kann nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Ein "doppeltes Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren das Zeugnis bzw. die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht.

VG Gelsenkirchen v. 22.03.2012:
  1.  Das bloße Bestreiten einer korrekten Geschwindigkeitsmessung reicht nicht aus, um Zweifel an dem Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Verkehrsverstoßes als Voraussetzung für die Anordnung eines Fahrtenbuchs zu begründen.

  2.  Erklärt ein Rechtsanwalt im Ordnungswidrigkeitenverfahren, seine Mandantin berufe sich auf ihr Schweigerecht, entfällt der dieser Aussage innewohnende Erklärungsinhalt, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken zu wollen, nicht nachträglich dadurch, dass der Rechtsanwalt vorträgt, es handele sich um eine „Standardformulierung bei Akteneinsichtsanträgen in OWi-Verfahren.“

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Anwaltliche Schweigepflicht:


OVG Hamburg v. 28.11.2017:
  1.  Der Tatbestand des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO verlangt nicht, dass der Fahrzeughalter seiner Mitwirkungspflicht schuldhaft oder rechtswidrig nicht nachgekommen ist

  2.  Ein Rechtsanwalt muss als Halter eines Fahrzeugs an der Ermittlung des Fahrzeugführers nicht mitwirken, wenn er der Verteidiger des Fahrzeugführers ist, der den Verkehrsverstoß begangen hat.

  3.  Wegen der anwaltlichen Schweigepflicht ist er aus rechtlichen Gründen daran gehindert, den Namen des Täters zu nennen.

  4.  Da die Fahrtenbuchauflage der vorbeugenden Gefahrenabwehr dient und keine Sanktion für eine unterbliebene Mitwirkung darstellt, kann sie auch dann ihren Zweck erfüllen und verhältnismäßig sein, wenn der Halter seine Mitwirkung wegen der aus dem Mandantenverhältnis folgenden Schweigepflicht unterlassen hat.

  5.  Zur Frage, ob die einen Rechtsanwalt treffende Pflicht, ein Fahrtenbuch zu führen, seine durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung betrifft oder unverhältnismäßig beeinträchtigt.

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Formulierung des Anhörungsbogens:


OVG Magdeburg v. 23.03.2021:
Eine kurze Fristsetzung der Bußgeldstelle von einer Woche zur wahrheitsgemäßen Vervollständigung der Angaben des Anhörungsbogens ist im Licht der kurzen Verfolgungsverjährung von drei Monaten nicht zu beanstanden. Die Bußgeldbehörde ist allerdings nicht berechtigt, von einem Beschuldigten die Einräumung des Tatvorwurfs zu verlangen.

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