Das Verkehrslexikon

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Paarweises Nebeneinander-Abbiegen

Nebeneinander Abbiegen aus mehreren Fahrstreifen




Gliederung:


- Einleitung
- Weiterführende Links
- Allgemeines
- Zwei Linksabbieger
- Zwei Rechtsabbieger
- Erwartungswidrige Geradeausfahrt (in gleicher Fahrtrichtung) des zunächst rechts Blinkenden



Einleitung:


Befinden sich in Fahrstreifen Richtungspfeile und sind diese Fahrstreifen durch Fahrstreifenbegrenzungen (Z. 295) oder Leitlinien (Z. 340) markiert, dann ist die Fahrtrichtung auf der folgenden Kreuzung durch die Pfeile vorgeschrieben.


Ohne Zeichen 295 oder 340 ist die Fahrtrichtung nicht vorgeschrieben. Auch wenn sich kein Richtungspfeil in einem Fahrstreifen befindet, ist die Fahrtrichtung freigegeben. Dies ermöglicht das gleichzeitige Abbiegen nach links oder rechts in nebeneinanderliegenden Fahrstreifen ("Abbiegen aus zweiter Spur").

Ein solches paarweises Nebeneinander-Abbiegen ist im großstädtischen Verkehr zur Erleichterung des Verkehrsflusses sogar ausdrücklich erwünscht, muss allerdings mit besonderer Vorsicht und unter ständiger Beobachtung des Fahrverhaltens des eng Abbiegenden durchgeführt werden.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Abbiegen

Ausschwenken von größeren Fahrzeugen beim Ab- bzw. Einbiegen

Trägt, wer aus zweiter Spur abbiegt, das alleinige Haftungsrisiko?

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Allgemeines:


KG Berlin v. 17.12.1990:
Mit einem Schneiden des eng Abbiegenden nach dem Richtungswechsel muss beim paarweisen Nebeneinander-Abbiegen aus zwei Fahrspuren gerechnet werden.

KG Berlin v. 28.06.2004:
Grundsätze für das zweispurige Rechtsabbiegen mit und ohne Pfeilmarkierungen.

BGH v. 12.12.2006:
Dem am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbieger kann dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße durch Richtungspfeile geboten ist. Deshalb muss bei paarweisem Rechtsabbiegen der links Fahrende den Bogen so weit nehmen, dass er die in der rechten Spur fahrenden Fahrzeuge nicht in Bedrängnis bringt und umgekehrt.

OLG München v. 01.12.2017:
In Fällen „mehrspurigen parallelen Abbiegens“ werden das Recht der freien Fahrstreifenwahl des am weitesten rechts eingeordneten Abbiegers und das Rechtsfahrgebot ersetzt durch das Gebot, die Spur zu halten (Anschluss BGH, 12. Dezember 2006, VI ZR 75/06). Dies gilt auch bei durch Pfeile für den Abbieger- und Geradeausverkehr gekennzeichneten kombiniertenn Abbieger- und Geradeausspuren. Denn die kombinierte Abbieger- und Geradeauspfeile verfolgen das Ziel, mit der Möglichkeit zum parallelen Abbiegen mehr Verkehrsraum zu schaffen, den Verkehrsfluss zu erhöhen und das Abbiegen zu beschleunigen.

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Zwei Linksabbieger:


LG Magdeburg v. 14.02.2019:
Die allgemeine Änderung der Fahrtrichtung in einem nicht mit Fahrtstreifenbegrenzungen markierten Kreuzungsbereich stellt zwar keinen Spurwechsel im Sinne des § 7 Abs. 5 StVO dar (BGH, Urteil vom 12.12.2006, VI ZR 75/06, Rdnr. 5 und 7, zitiert nach juris). Über § 1 Abs. 2 StVO ist die für den Spurenwechsel geltende Sorgfalt auch in einem solchen Fall zu beachten.

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Zwei Rechtsabbieger::


OLG Köln v. 13.10.1994:
Haftungsquote von 1 zu 2 zu Lasten eines Pkw-Führers, der an einem wegen seines großen Wendekreises mehr nach links eingeordneten Lkw-Zug vorbeifährt.

LG Frankfurt am Main v. 24.11.1993:
Haftungsquote von 4/5 zu 1/5 zu Lasten eines aus zweiter Spur abbiegenden Sattelschleppers.

OLG Hamm v. 16.12.1993:
Schadensteilung, wenn ein Sattelauflieger das parallele Abbiegen nicht abbricht, sobald ein daneben zügig weiter fahrender Pkw durch das Ausschwenken gefährdet wird.



KG Berlin v. 13.12.1990:
Volle Haftung eines ausschwenkenden Linienbusses bei Kollision mit einem links daneben abbiegenden Pkw.

OLG Hamm v. 16. 11.2004:
Werden beim zweispurigen Rechtsabbiegen die Fahrstreifen auch nach dem Richtungswechsel weitergeführt, so tritt bei einer Kollision die Betriebsgefahr des aus zweiter Spur abgebogenen Kfz völlig hinter dem Verschulden des Kfz-Führers zurück, der zwar vorschriftsmäßig eng abgebogen ist, jedoch eingangs der neuen Fahrtrichtung wegen eines rechts auf seiner Spur geparkten Fahrzeugs den Fahrstreifen nach links wechselt, auch wenn sich der spurtreue Fahrzeugführer darauf einstellen konnte.

BGH v. 12.12.2006:
Dem am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbieger kann dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße durch Richtungspfeile geboten ist. Deshalb muss bei paarweisem Rechtsabbiegen der links Fahrende den Bogen so weit nehmen, dass er die in der rechten Spur fahrenden Fahrzeuge nicht in Bedrängnis bringt und umgekehrt.

AG Berlin-Mitte v. 16.04.2010:
Beim parallelen Abbiegen hat dasjenige Fahrzeug Vorrang, das sich entsprechend § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO beim Rechtsabbiegen möglichst weit rechts eingeordnet hat. Der Vorrang erstreckt sich nicht nur auf das Abbiegen als solches, sondern auch auf die Wahl des Fahrstreifens auf derjenigen Straße, in die abgebogen wird. Dies gilt entgegen der BGH-Rechtsprechung unabhängig von der Anzahl der nach dem Abbiegen zur Verfügung stehenden Fahrstreifen.

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Erwartungswidrige Geradeausfahrt (in gleicher Fahrtrichtung) des zunächst rechts Blinkenden:


KG Berlin v. 04.04.1985:
Wer aus dem zweiten Fahrstreifen nach rechts abbiegt, muss darauf achten, ob der im ersten Fahrstreifen Wartende nicht doch geradeaus weiterfährt.

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