- Ein Schaden von ca. 500,00 € trägt die Annahme einer Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert nicht. Nur wenn bereits der eingetretene Schaden bedeutend ist, also mindestens 1 300,00 € beträgt, ist die erforderliche konkrete Gefährdung ohne weiteres festgestellt. Ist nur ein „nicht bedeutender“ Sachschaden an fremden Eigentum eingetreten, muss die konkrete Gefährdung aus sonstigen Umständen, z.B. aus der Fahrweise des Täters, gefolgert werden.
- Beim Auffahren auf ein Hindernis kommt es in Betracht, lediglich auf den tatsächlich eingetretenen Schaden abzustellen (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 09.06.1998, 1 StRR 115/98, bei juris).
Zum Sachverhalt: Mit Urteil des Amtsgerichts Eisenach vom 12.12.2007 wurde der Angeklagte wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz, begangen in Tateinheit, schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Ferner wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von weiteren 3 Monaten (richtig 3 Jahre) keinen neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Auf die Berufung des Angeklagten hat die 3. Strafkammer des Landgerichts Meiningen mit Urteil vom 06.05.2008 den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Es hat weiterhin die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von 3 Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen dieses Urteil wendete sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und ebenso begründeten Revision. Der Revisionsführer rügte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 21.08.2008 beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Das Rechtsmittel hatte - vorläufigen - Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
"... 1. Die vom Angeklagten erhobene der mangelnden Sachaufklärung ist nicht in zulässiger Weise entsprechend den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt.
Das Vorbringen der Revision bezüglich unzureichender Feststellungen zur Schuldfähigkeit beinhaltet schon nicht den Vortrag, welcher weiteren Beweismittel sich das Gericht hätte bedienen müssen. Soweit dabei zum Ausdruck kommt, dass Gericht habe vorhandene Beweismittel - nämlich den Sachverständigenbeweis - nicht ausgeschöpft, ist ein solches Vorbringen im Rahmen der Aufklärungsrüge nicht zulässig (vgl. BayObLG, Urteil vom 30.07.1998, 3 StRR 63/98 bei juris).
Auch soweit eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Bildungsmaßnahme geltend gemacht wird, entspricht das Rügevorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO. Es wird schon nicht dargelegt, welcher Beweismittel sich das Gericht in der Berufungshauptverhandlung vom 06.05.2008 insoweit hätte bedienen sollen. Der vorgelegte Bildungsgutschein trägt nämlich das Datum des 30.06.2008.
2. Die Revision hat aber auf die Sachrüge einen vorläufigen Erfolg.
Die Feststellungen des Urteils sind, soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt worden ist, unvollständig und tragen den Schuldspruch insoweit nicht.
Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 06.05.2008 folgenden Sachverhalt festgestellt:„Der Angeklagte befuhr am Freitag, dem 18.05.2007 gegen 22:00 Uhr mit seinem Kleinkraftrad der Marke SIMSON, S 50, Versicherungskennzeichen, welches lediglich für das Versicherungsjahr 2006 Gültigkeit hatte, die Mühlhäuser Straße in E. Hierbei war der Angeklagte nicht in Besitz der dazu erforderlichen Fahrerlaubnis und für das Fahrzeug bestand nicht der erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag, was der Angeklagte wusste. Aufgrund vorangegangenen Alkoholgenusses war der Angeklagte zum Zeitpunkt der Fahrt absolut fahruntauglich. Infolge dessen kam der Angeklagte im Bereich der in der Mühlhäuser Straße befindlichen Baustelle von der Fahrbahn ab, fuhr mit seinem Kraftfahrzeug in die Verkehrssicherungs- und Leiteinrichtungen im Bereich der Baustelle, kollidierte dort mit diesen und kam zum Fall. Der Angeklagte beschädigte hierbei die Warnbarken sowie zur Absicherung der Baustelle ordnungsgemäß aufgestellte Absperrvorrichtungen und Verkehrsschilder, wodurch ein Fremdschaden in Höhe von mindestens 500,00 € entstand. Der Angeklagte hätte vor Fahrtantritt erkennen können und müssen, dass er infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses absolut fahruntüchtig war. Die dem Angeklagten am 18.05.2007 um 22:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,17 Promille“.Im Rahmen der Beweiswürdigung geht das Gericht nicht auf die Frage des Schadens bzw. die Gefährdung fremder Sachen ein.
Bei seiner rechtlichen Bewertung führt die Kammer aus, dass der Angeklagte durch die Tat „fremde Sache von bedeutendem Wert“ gefährdet habe.
Für eine Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 StGB ist erforderlich, dass - nur diese Tatbestandsalternative kommt vorliegend in Betracht - durch die Tat fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet worden sind.
Das Landgericht stellt lediglich fest, dass an den Warnbarken, den aufgestellten Absperrvorrichtungen und Verkehrsschildern ein Schaden i.H.v. mindestens 500,00 € entstanden ist. Dies genügt zum Nachweis des genannten Tatbestandsmerkmals nicht.
„Bedeutend“ ist nach der Rechtsprechung ein Wert von ca. 1 300,00 € (vgl. Beschluss des Senats vom 14.02.2005 in NStZ-RR 2005, 183 zu § 69 StGB; Fischer, StGB, 55. Aufl., § 315c Rn. 16, § 315 Rn. 16a, § 69 Rn. 29 jeweils m.w.N.).
Der entstandene Schaden von ca. 500,00 € trägt die Annahme einer Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert nicht. Nur wenn bereits der eingetretene Schaden bedeutend wäre, also mindestens 1 300,00 € betragen hätte, wäre auch die erforderliche konkrete Gefährdung ohne weiteres festgestellt. Da das aber nicht der Fall war, hätte festgestellt werden müssen, ob noch andere Sachen konkret gefährdet wurden, und zwar in einer Weise, dass bei Verwirklichung der Gefahr ein weiterer Schaden von mindestens 800 € eingetreten wäre (siehe BGH NJW 1990, 194, 195; NStZ-RR 2008, 83).
Ist nur ein „nicht bedeutender“ Sachschaden an fremden Eigentum eingetreten, muss die konkrete Gefährdung aus sonstigen Umständen, z.B. aus der Fahrweise des Täters (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 22.04.1976, 2 Ss 188/76, bei juris; BayObLG, Beschluss vom 09.06.1998, 1 StRR 115/9, bei juris) gefolgert werden.
Dafür fehlen in dem angefochtenen Urteil jegliche Feststellungen. Zum Verkehrswert der beschädigten Absperrvorrichtungen und Verkehrsschilder finden sich ebenfalls keine Angaben.
Hier liegt zudem eine Fallgestaltung vor, die gegen eine weitergehende Gefährdung fremden Eigentums spricht. Der Unfall geschah nicht im - beiderseits - fließenden Verkehr, sondern der Angeklagte fuhr auf ein Hindernis auf. In einem solchen Fall kommt es in Betracht, lediglich auf den tatsächlich eingetretenen Schaden abzustellen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.06.1998, 1 StRR 115/98, bei juris).
Vorliegend sind insbesondere zur Fahrweise des Angeklagten als wesentlichem Anknüpfungspunkt für eine mögliche weitergehende Gefährdung fremden Eigentums keine zusätzlichen Feststellungen zu erwarten. Im Übrigen ergibt auch der für den Senat an sich nicht zulässige Blick in die Akten (Bildanlage Bl. 8 - 10), dass zusätzliche Feststellungen nicht zu erwarten sind.
Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung dahin ab, dass der Angeklagte lediglich der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1, 2 StGB) schuldig ist, weil die konkrete Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert nicht festgestellt ist.
§ 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn der - geständige - Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
3. Der Senat ist an einem eigenen Rechtsfolgenausspruch gehindert.
Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 14.06.2007, Az. BvR 1447/05 und 136/05 entschieden hat, ist § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts ausgeschlossen ist, wenn zugleich - wie vorliegend - der Schuldspruch neu gefasst worden ist. Ein anderes Vorgehen ist mit dem Wortlaut des § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht zu vereinbaren. Die Annahme der eigenen Zuständigkeit des Revisionsgerichts zur Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch nach erfolgter Schuldspruchberichtigung wäre darüber hinaus ein Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters (vgl. BVerfG StV 2007, 393, 399).
Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Die Sache war insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Meiningen zurückzuverweisen. ..."