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Aggressionspotential

Fahrerlaubnisrecht und Aggressionspotential




Gliederung:


   Einleitung

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Allgemeines




Einleitung:


Der strafrechtliche Eignungsbegriff (§ 69 StGB) ist mit dem fahrerlaubnisrechtlichen Eignungsbegriff deckungsgleich. Kam ein Entzug im Strafverfahren nicht in Betracht, weil das Strafgericht die charakterliche Nichteignung nicht feststellen konnte, so ergeben sich für die Fahrerlaubnisbehörde aus dem Vorliegen der verkehrsrechtlichen Straftat gleichwohl Eignungszweifel, die Anlass für eine Überprüfung und somit auch für eine MPU-Anordnung sein können (aus diesem Grund besteht auch gem. Nr. 45 Abs. 2 der Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen (MiStrA) eine Informationspflicht gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde.


Eine Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist dann gerechtfertigt, wenn sich aus einer Straftat Hinweise für ein hohes Aggressionspotential ergeben, die im Hinblick auf die durch die Verkehrsteilnahme eines ungeeigneten Fahrzeugführers am öffentlichen Straßenverkehr gefährdeten hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer eine Überprüfung geboten erscheinen lassen.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein

Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)

MPU-Anordnung wegen vorangegangener Straftaten

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Allgemeines:


VG Potsdam v. 01.07.2004:
Bei einer Gemengelage zwischen Straftat, Alkoholkonsum und einem offenbar gewordenen hohen Aggressionspotential ist die Vorschrift des § 11 Abs. 3 FeV anwendbar, obwohl § 13 FeV an sich eine abschließende spezielle Regelung für Eignungszweifel bei Alkoholproblematik trifft.

VGH Mannheim v. 14.09.2004:
Eine Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist dann gerechtfertigt, wenn sich aus einer Straftat Hinweise für ein hohes Aggressionspotential ergeben, die im Hinblick auf die durch die Verkehrsteilnahme eines ungeeigneten Fahrzeugführers am öffentlichen Straßenverkehr gefährdeten hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer eine Überprüfung geboten erscheinen lassen.

VG Potsdam v. 01.07.2004:
Bei einer Gemengelage zwischen Straftat, Alkoholkonsum und einem offenbar gewordenen hohen Aggressionspotential ist die Vorschrift des § 11 Abs. 3 FeV anwendbar, obwohl § 13 FeV an sich eine abschließende spezielle Regelung für Eignungszweifel bei Alkoholproblematik trifft.

VG Neustadt v. 25.02.2008:
Liegen bei einem Verkehrsteilnehmer latente, bei Belastungssituationen auch manifest aggressive Verhaltenstendenzen vor, die sich auch bei der Verkehrsteilnahme gezeigt haben, dann erscheint im Eilverfahren die Entziehung der Fahrerlaubnis als offensichtlich rechtmäßig, auch wenn das Strafverfahren bezüglich der Tat mangels öffentlichen Interesses eingestellt wurde.

VG Münster v. 11.06.2010:
Auch wenn ein amtsgerichtliches Urteil noch nicht rechtskräftig geworden ist, lässt sich auf Grund der Urteilsfeststellungen - jedenfalls soweit sie auf einem Geständnis des Angeklagten beruhen - entnehmen, dass der Betroffene wegen eines ausgesprochen hohen Aggressionspotentials nicht die zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderliche Eignung verfügt.


VGH München v. 14.08.2012:
Der Begriff "erheblich" bei einer zu bewertenden Straftat in § 11 Abs. 3 Nr. 6 FEV ist nicht ohne Weiteres mit "schwerwiegend" gleichzusetzen, sondern bezieht sich auf die Kraftfahreignung. Der ausreichende Bezug zur Kraftfahreignung liegt hier bereits darin, dass die Tat in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Verhalten des Betroffenen im Straßenverkehr und der hieran geäußerten Kritik eines anderen Verkehrsteilnehmers steht. Durch eine vorsätzlich begangene Körperverletzung hat ein Betroffener auch ein hohes Aggressionspotential an den Tag gelegt. In einem solchen Fall bestehen begründete Zweifel daran, dass der Betroffene im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer respektieren wird und ob nicht aufgrund des zu erwartenden rücksichtslosen Durchsetzens eigener Interessen in schwerwiegender Weise die Rechte anderer verletzt werden.

VG Gelsenkirchen v. 27.08.2012:
Ein bestehendes hohes Aggressionspotential - belegt durch zahlreiche strafrechtliche Verurteilungen und Anklagen wegen Körperverletzung u.ä. - lässt eine hinreichend angepasste und an bestehende Regeln orientierte Verkehrsteilnahme nicht erwarten, was eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich ziehen kann.

VGH München v. 07.01.2013:
Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV kann die Behörde bei einer noch verwertbaren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen schwerer Körperverletzung die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-​psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln anordnen, weil Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen. Die erhebliche Straftat im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV muss nicht "im Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen", sondern im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung.

OVG Münster v. 21.03.2014:
Zum Fehlen des Gewährbietens der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen bei einem Taxifahrer im Hinblick auf abgeschlossene strafrechtliche Ermittlungsverfahren und auf Verkehrsordnungswidrigkeiten (hier verneint). Im Fahrerlaubnisrecht ist die gerichtliche Sachverhaltsermittlung in Gestalt einer medizinischen und/oder psychologischen Begutachtung des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers oder Fahrerlaubnisbewerbers den fachrechtlichen Grenzen unterworfen, die auch für die ordnungsbehördliche Sachverhaltsermittlung gelten.

VGH München v. 08.01.2015:
Bei einer starken Verkehrsgefährdung durch ein hohes Aggressionspotential wird eine bloße Maßnahme nach dem schematisch abgestuften Katalog des Mehrfachtäterpunktsystems der mit der ersichtlichen individuellen Fehleinstellung unmittelbar verbundenen Gefährdung der allgemeinen Verkehrssicherheit nicht gerecht. Vielmehr ist dann die Anordnung eines MPU-Gutachtens ermessensfehlerfrei.

VGH München v. 17.06.2016:
Werden Straftaten begangen, aus denen sich Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential ergeben, kann nach § 11 Abs. 3 Nr. 7 2. Alt. FeV die Vorlage eines medizinisch-​psychologischen Gutachtens gefordert werden (hier: mehrfache Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung).



VG Oldenburg v. 28.10.2016:
Grundsätzlich kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 FeV zur Klärung von Eignungszweifeln bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen. Steht allerdings die Nichteignung wegen hohen Aggressionspotentials bereits fest, unterbleibt diese Anordnung, § 11 Abs. 7 FeV. In diesem Fall entzieht die Behörde gemäß §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 7 FeV unmittelbar die Fahrerlaubnis.

VG Düsseldorf v. 14.11.2016:
Mit der Angabe rechtskräftiger Verurteilungen wegen Bedrohung, Nötigung im Straßenverkehr sowie wegen Raubes, vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und Diebstahls und der durch das Gutachten zu beantwortenden Fragestellung, mit der die Antragsgegnerin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie Zweifel an der Kraftfahreignung des Antragstellers hat, wurde der konkrete Anlass für die Begutachtungsanordnung in ausreichendem Maße deutlich gemacht.

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