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Bedingter Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Bedingter Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen




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Stichwörter zum Thema Geschwindigkeit

Zur Annahme von Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Bedingter Vorsatz - dolus eventualis

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Allgemeines:


OLG Koblenz v. 24.07.2004:
Beschäftigt sich ein Kraftfahrer am Steuer eines mit 150 km/h bewegten Kraftfahrzeugs derart intensiv mit anderen Dingen, dass er zweimal kurz hintereinander ein Zeichen 274 übersieht, so drängt sich die Annahme auf, er habe sich in einer Weise vom Verkehrsgeschehen abgewandt, dass Regelverstöße billigend in Kauf genommen werden, also (bedingt) vorsätzlich gehandelt wird.

OLG Jena v. 29.10.2007:
Zur Frage einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung im unteren Bereich bei vielfacher Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung im Bereich der Thüringer Tunnelkette.




OLG Hamm v. 17.02.2009:
Zieht der Tatrichter aus der Straßenrandbepflanzung und der sich daraus ergebenden optischen Wahrnehmung durch den Fahrer in lebensnaher Betrachtungsweise den Schluss, dass dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 54 km/h nicht verborgen geblieben sein kann und er deshalb mit wenigstens bedingtem Vorsatz gehandelt hat, so ist dies nicht rechtsfehlerhaft.

OLG Koblenz v. 17.10.2012:
Eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung erfordert neben der Kenntnis von der Geschwindigkeitsbegrenzung zudem das Bewusstsein, dass die Fahrgeschwindigkeit die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet oder dass der Betroffene dies zumindest billigend in Kauf genommen hat. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von mindestens 40 km/h ist allerdings grundsätzlich von vorsätzlicher Begehungsweise auszugehen.

OLG Koblenz v. 26.08.2013:
Grundsätzlich darf der Tatrichter davon ausgehen, dass aufgestellte Verkehrszeichen von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen werden. Bei einer deutlichen (qualifizierten) Geschwindigkeitsüberschreitung, die nach ständiger Rechtsprechung des OLG Koblenz außerorts ab einer Überschreitung um mindestens 40 km/h anzunehmen ist, ergibt sich schon aus den damit verbundenen sensorischen Eindrücken, hervorgerufen durch Motorgeräusch, Fahrzeugvibrationen und die Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung verändert, ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Kraftfahrer die erlaubte Geschwindigkeit zumindest mit bedingtem Vorsatz überschreitet.

OLG Koblenz v. 07.05.2014:
Bei einer - wie hier - deutlichen (qualifizierten) Geschwindigkeitsüberschreitung, die nach ständiger Rechtsprechung des OLG Koblenz außerhalb geschlossener Ortschaften ab einer Überschreitung um mehr als 40 km/h anzunehmen ist, ergibt sich schon aus den damit verbundenen sensorischen Eindrücken, hervorgerufen durch Motorgeräusch, Fahrzeugvibrationen und die Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung verändert, ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Kraftfahrer die erlaubte Geschwindigkeit zumindest mit bedingtem Vorsatz überschreitet.




OLG Bamberg v. 01.03.2019:
  1.  Bei einer Verurteilung wegen einer auf einer Autobahn begangenen vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung müssen die tatrichterlichen Feststellungen eindeutig und nachvollziehbar ergeben, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsbeschränkung kannte und entweder bewusst dagegen verstoßen oder den Verstoß zumindest billigend in Kauf genommen hat.

  2.  Auch anlässlich der Verurteilung wegen einer auf einer Autobahn begangenen vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung dürfen die Tatgerichte die auf Erfahrung beruhende Wertung, dass ordnungsgemäß aufgestellte, die zulässige Höchstgeschwindigkeit beschränkende Verkehrszeichen von durchschnittlichen Verkehrsteilnehmern bei zumutbarer Aufmerksamkeit anlässlich der Fahrt in aller Regel wahrgenommen werden, regelmäßig zugrunde legen. Die Möglichkeit, dass der Betroffene die eine Geschwindigkeitsbeschränkung anordnenden Verkehrszeichen übersehen hat, ist allerdings dann in Rechnung zu stellen, wenn sich hierfür entweder greifbare Anhaltspunkte ergeben oder der Betroffene im Verfahren einwendet, die beschränkenden Vorschriftszeichen übersehen zu haben (st.Rspr.; u.a. Anschluss an BGHSt 43, 241 [252]; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Dezember 2018, 4 RBs 374/18 [bei juris] und OLG Köln, Beschluss vom 19. Oktober 2018, 1 RBs 324/18 [bei juris], jeweils m.w.N.).

AG Landstuhl v. 11.05.2021:
Bei einem Geschwindigkeitsverstoß trotz beidseitig angeordneter, als Geschwindigkeitstrichter ausgestalteter Beschilderung mit zusätzlichen Warnschildern für verkehrsbedingte Besonderheiten ist bei einer Überschreitung von relativen 40% der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von wenigstens bedingt vorsätzlichem Verhalten auszugehen. Dies gilt erst recht, wenn der Betroffene sich eingelassen hat, unter Zeitdruck gefahren zu sein und während der Messung ein kurz davor angenommenes dienstlich veranlasstes Telefonat geführt und damit seine Aufmerksamkeit vorsätzlich verringert zu haben.

OLG Hamm v. 07.02.2022:
Der Umstand, dass einem Betroffenen der Umfang einer Geschwindigkeitsüberschreitung möglicherweise nicht exakt bekannt ist, steht der Annahme von Vorsatz nicht entgegen. Vorsätzliches Handeln setzt eine solche Kenntnis nicht voraus. Es genügt das Wissen, schneller als erlaubt zu fahren.

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