Das Verkehrslexikon

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Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten oder Betroffenen im Strafverfahren und im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Die notwendigen Auslagen des Angeklagten oder Betroffenen im Strafverfahren und im Ordnungswidrigkeitenverfahren




Gliederung:


   Einleitung

Weiterführende Links

Verfassungsrechtsprechung

Bußgeldverfahren

Strafverfahren

Anklage: Trunkenheitsfahart / Verurteilung: Ordnungswidrigkeit

Rechtsmittel




Einleitung:


Bei den notwendigen Auslagen eines Betroffenen im Bußgeldverfahren oder eines Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren handelt es sich im wesentlichen um die Kosten des von ihm beauftragten Rechtsanwalts. Weiterhin gehören auch sonstige Kosten dazu, deren Aufwand für die Verteidigung bei verständiger Würdigung angemessen war.


Während es bei Verurteilung (der Verurteilte muss seine notwendigen Auslagen selbst tragen) oder bei Freispruch (die Staatskasse muss die notwendigen Auslagen erstatten) einfach ist, bereiten eher die Fälle Schwierigkeiten, bei denen das Gesetz keine eindeutigen Entscheidungsvorgaben festlegt, sondern der entscheidenden Instanz ein Ermessen eingeräumt wird oder Kostenfolgen an das Verfahrensverhalten des Betroffenen oder Beschuldigten geknüpft werden. Regelmäßig ist dies bei Verfahrenseinstellungen der Fall.

So bestimmt § 467a Abs. 1 StPO für das Strafverfahren:

   "Nimmt die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage zurück und stellt sie das Verfahren ein, so hat das Gericht, bei dem die öffentliche Klage erhoben war, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeschuldigten die diesem erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. § 467 Abs. 2 bis 5 gilt sinngemäß."

Die Ausnahmen in § 467 Abs. 2 bis 5 sind zahlreich und räumen teils ein weites Ermessen ein, insbesondere, wenn eine Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld erfolgt:

"(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder

wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird."

Gemäß § 105 OWiG ist § 467 StPO über § 467a StPO im Ordnungswidrigkeitenverfahren entsprechend anzuwenden; die hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen die Bußgeldstelle oder das Gericht das Bußgeldverfahren gem. § 47 Abs. 2 OWiG einstellt, weil eine Ahndung nicht geboten ist, dem Betroffenen in den meisten Fällen eine Erstattung seiner notwendigen Auslagen verwehrt wird.

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Weiterführende Links:


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Verfassungsrechtsprechung:


BVerfG v. 16.08.2013:
Die von der Staatsanwaltschaft nach Einstellung des Verfahrens zu treffende Kostenentscheidung (§ 105 Abs 1, § 108a Abs 1 OWiG iVm § 467a Abs 1 StPO) hat in der Regel dahingehend auszufallen, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen. Hiervon kann unter den Voraussetzungen des § 109a Abs 2 OWiG abgesehen werden. Bei der Ermessensausübung im Rahmen einer Auslagenentscheidung ist der Normzweck des § 109a OWiG zu beachten. Danach kommt es darauf an, ob sich für das Verhalten des Betroffenen ein vernünftiger und billigenswerter Grund anführen lässt. Als ein solcher Grund ist der Schutz eines nahen Angehörigen vor der Verfolgung anzuerkennen.

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Bußgeldverfahren:


Die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Bußgeldverfahren

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Strafverfahren:


BGH v. 24.01.1973:
1. Bei Teilfreispruch ist eine Bruchteilsentscheidung über die Verfahrensauslagen und die notwendigen Auslagen des Angeklagten ausgeschlossen. Dagegen ist es möglich, über die ausscheidbaren Auslagen hinaus, alle Mehrauslagen, die auf den Gegenstand des Teilfreispruchs entfallen, der Staatskasse aufzuerlegen.

2. In den Fällen des § 465 Abs. 2 StPO sprechen gewichtige Gesichtspunkte dafür, von der Möglichkeit der Bruchteilsentscheidung nur bei einfacher Sachlage Gebrauch zu machen.

3. Im Verfahren nach § 464 b StPO ist eine Festsetzung der auf die Staatskasse und der auf den Angeklagten entfallenden Auslagen aufgrund einer Schätzung nach Bruchteilen nicht ausgeschlossen.

OLG Oldenburg v. 24.09.2007:
Die Verurteilung wegen einer wesentlich leichter wiegenden Straftat als angeklagt rechtfertigt eine teilweise Auferlegung der Auslagen des Angeklagten auf die Staatskasse nach § 465 Abs. 2 StPO auch unter dem Gesichtspunkt eines “fiktiven Teilfreispruchs” jedenfalls dann nicht, wenn der Angeklagte als Jugendlicher von den Kosten und Auflagen bereits nach § 74 JGG freigestellt worden ist und sein Pflichtverteidiger aus der Staatskasse honoriert worden ist.

OLG Hamburg v. 24.01.2012:
Nach erklärter wirksamer Antragsrücknahme sind Kosten bzw. Auslagen einem weiteren Beteiligten jedenfalls dann nicht aufzuerlegen, wenn das angerufene Oberlandesgericht noch nicht in die Prüfung eingetreten ist, ob der nach § 172 Abs. 2 StPO gestellte Antrag begründet ist. Folglich ergeht in solchen Fällen keine Kosten- und Auslagenentscheidung.

LG Arnsberg v. 27.10.2022:
In einem Bußgeldverfahren wegen verbotener Benutzung des Mobiltelefons während der Fahrt erscheint der Ansatz einer Gebühr von 1/3 des Gebührenrahmens, also im eher unteren Bereich - wohlgemerkt: noch nicht am unteren Rand - auch unter Berücksichtigung eines dem Antragsteller zustehenden Ermessensspielraums angemessen.

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Anklage: Trunkenheitsfhart / Verurteilung: Ordnungswidrigkeit:


LG Berlin v. 13.11.2020:
Im Einzelfall können die gesamten Auslagen „besondere“ im Sinne des § 465 Abs. 2 StPO sein, wenn nämlich bei anfänglicher Begrenzung des Schuldvorwurfs auf den sich später als begründet erwiesenen Teil Auslagen überhaupt nicht entstanden wären, etwa weil der wegen eines Vergehens gem. § 316 StGB Angeklagte, der nur wegen einer Ordnungswidrigkeit gem. § 24a StGB verurteilt wird, einen Bußgeldbescheid widerspruchslos hingenommen hätte.

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Rechtsmittel:


LG Arnsberg v. 24.04.2006:
Gegen eine gerichtliche Entscheidung betreffend die Erstattung von Kosten und notwendigen Auslagen des Betroffenen nach Rücknahme des Bußgeldbescheides und Einstellung des Verfahrens ist eine Beschwerde nicht zulässig.

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