Das Verkehrslexikon

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Rotlichtverstöße bei separaten Ampeln für getrennte Fahrstreifen

Rotlichtverstöße bei separaten Ampeln für getrennte Fahrstreifen




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Dauerrotlicht „rote gekreuzte Schrägbalken“
-   Kausalzusammenhang / Schutzbereich



Einleitung:


In früherer Zeit war es strittig, ob ein Rotlichtverstoß vorliegt, wenn ein Fahrzeugführer einen Fahrstreifen benutzt, für den eine diesem zugeordnete Lichtzeichenanlage Grün zeigt, um im Einmündungs- oder Kreuzungsbereich, statt der vorgeschriebenen Richtung zu folgen, in den durch Rot gesperrten Fahrstreifen für eine andere Richtung zu wechseln.


Heute entspricht es der herrschenden Auffassung, dass dieses Verhalten dann als Rotlichtverstoß zu werten ist, wenn es zum Zweck der Umgehung des Rotlichts für die gesperrte Fahrtrichtung geschieht.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Rotlichtverstöße

Umfahren einer roten Ampel auf Seitenflächen oder über ein Tankstellengelände

Rotlichtverstöße bei separaten Ampeln für getrennte Fahrstreifen

Fahrstreifenbegrenzung durch Leitlinien oder Fahrbahnbegrenzungslinien

Der qualifizierte Rotlichtverstoß

Ältere Rechtsprechung:
In-falscher-Richtung-Durchfahren einer grünen Fahrstreifen-LZA = Rotlichtverstoß

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Allgemeines:


BayObLG v. 17.11.1995:
In-falscher-Richtung-Durchfahren einer grünen Fahrstreifen-LZA ist ein Rotlichtverstoß, wenn das Falschfahren von vornherein beabsichtigt war.

BGH v. 30.10.1997:
Ein Fahrzeugführer, der auf einem markierten (Linksabbieger-)Fahrstreifen i. S. des § 37 11 Nr. 4 StVO in eine Kreuzung einfährt, obwohl die Wechsellichtzeichenanlage (pfeilförmiges oder volles) Rot zeigt, handelt auch dann ordnungswidrig gem. § 49 III Nr. 2 i. V. mit § 37 11 StVO, wenn er anschließend in der Richtung eines durch Grünlicht freigegebenen anderen Fahrstreifens weiter fährt.

OLG Hamm v. 17.02.1998:
Einen Rotlichtverstoß begeht auch derjenige, der auf einer mit einem Linksabbiegerpfeil versehenen Fahrspur bei Grün in eine Kreuzung eingefahren ist, diese dann aber geradeausfahrend passiert hat, obwohl das für Geradeausfahrer geltende Lichtzeichen beim Erreichen der Haltlinie Rotlicht zeigte.

BayObLG v. 27.06.2000:
Wer auf einer Fahrbahn mit mehreren durch Leitlinien bzw Fahrstreifenbegrenzungen und Richtungspfeile markierten Fahrstreifen mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach Überfahren der Haltlinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt, begeht jedenfalls dann einen Rotlichtverstoß und nicht nur eine Zuwiderhandlung gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung, wenn er den Fahrstreifenwechsel von vornherein zum Zweck des Umfahrens des Rotlichts beabsichtigt hatte.

KG Berlin v. 23.03.2001:
Es liegt kein mit einem Fahrverbot zu ahndender qualifizierter, wohl aber ein einfacher Rotlichtverstoß vor, wenn die Betroffene auf der mittleren Fahrspur in die Kreuzung einfuhr, obwohl die Ampel für den Geradeausverkehr bereits länger als eine Sekunde rotes Licht abstrahlte, sie dann aber während der Grünphase für Linksabbieger nach links abbog und sonstige Verkehrsteilnehmer durch diese Fahrweise weder konkret noch abstrakt gefährdet wurden.

OLG Dresden v. 03.04.2002:
Wer auf einer Fahrbahn, die durch Leitlinien oder Fahrstreifenbegrenzung mit Richtungspfeilen und jeweils eigener Lichtzeichenregelung versehen ist, auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach Überfahren der Haltelinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt, begeht - objektiv - einen Rotlichtverstoß.


OLG Hamm v. 17.06.2005:
Benutzt der Fahrzeugführer zum Zwecke der Umgehung einen Fahrstreifen, für den eine diesem zugeordnete Lichtzeichenanlage Grün zeigt, um im Einmündungs- oder Kreuzungsbereich, statt der vorgeschriebenen Richtung zu folgen, in den durch Rot gesperrten Fahrstreifen für eine andere Richtung zu wechseln, so liegt ein Rotlichtverstoß vor.

OLG Hamm v. 23.01.2007:
Bei einem Sachverhalt, der durch das Umfahren der Lichtzeichenanlage und Einfahren in den Straßenverkehr jenseits des durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich hier gekennzeichnet ist, kann dem Betroffenen ein Vorwurf der Nichtbeachtung der Wechsellichtzeichenanlage nicht gemacht werden. Statt dessen hat sich der Betroffene der Nichtbeachtung des Gebotes zur Fahrbahnbenutzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO in vorsätzlicher Begehungsweise schuldig gemacht, wenn er dabei die Fahrstreifenbegrenzung zu einem rechts daneben liegenden Sonderfahrstreifen überfährt.

OLG Köln v. 07.08.2015:
Einen - jedenfalls objektiven - Rotlichtverstoß begeht nicht nur derjenige, der bei einer Fahrbahn mit mehreren durch Richtungspfeile gekennzeichneten Spuren mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und zum Zwecke der bewussten Umgehung nach Überfahren der Haltelinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt, sondern auch derjenige, der diesen Entschluss erst nach Passieren der Haltelinie fasst (Anschluss BayObLG, 27. Juni 2000, 1 ObOWi 257/00, NZV 2000, 422 und BayObLG, 12. Februar 2002, 1 ObOWi 607/01, DAR 2002, 173).

BayObLG v. 07.06.2022:
  1.  Ein Fahrzeugführer, der auf einer Rechtsabbiegerspur bei Rotlicht (schwarzer Pfeil nach rechts) in den Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich einfährt, begeht auch dann einen Rotlichtverstoß, wenn er nicht nach rechts abbiegen will, sondern die Rechtsabbiegerspur nur zum Überholen eines auf der Geradeausspur, für die der Verkehr freigegeben ist, fahrenden Fahrzeugs benutzt und anschließend geradeaus weiterfährt. Dies gilt aber nur dann, wenn er sich im Zeitpunkt des Einfahrens in den durch die Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich zumindest noch teilweise auf der Rechtsabbiegerspur befindet.

  2.  Der Einmündungsbereich wird im Falle einer bogenförmig verlaufenden Einmündung durch den Punkt bestimmt, an dem die Geradeausspur und der Beginn der Kurvenkrümmung zusammentreffen.

  3.  Bei Fahrstreifenmarkierungen mit Pfeilen (Zeichen 297 der Anlage 2 zur StVO) zwischen Leitlinien (Zeichen 340 der Anlage 3 zur StVO) ist es gemäß lfd. Nr. 70 der Anlage 2 zur StVO gestattet, in Abweichung von § 5 Abs. 1 StVO rechts zu überholen.

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Dauerrotlicht „rote gekreuzte Schrägbalken“:


Dauerrotlicht „rote gekreuzte Schrägbalken“

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Kausalzusammenhang / Schutzbereich:


OLG Hamm v. 15.08.2013:
Die Nichtbefolgung eines nur für die Linksabbieger geltenden roten Wechsellichtzeichens stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, wenn dies für die spätere Kollision im naturwissenschaftlichen Sinne ursächlich geworden ist, weil davon auszugehen sein dürfte, dass sich die Kollision nicht ereignet hätte, wenn der Betroffene bei korrekter Befolgung des Wechsellichtzeichens erst einige Zeit - und seien es auch nur wenige Sekunden - später am Kollisionspunkt angekommen wäre. Das Gericht muss aber darüber hinaus feststellen, ob die Verhinderung eines Unfalls gerade mit dem Geschädigten auch zum Schutzbereich dieser Sorgfaltspflicht gehörte. Normzweck der (Sorgfalts-)Pflichten über die Befolgung von roten Wechsellichtzeichen (§ 37 Abs. 2 StVO) ist der Schutz bestimmter Verkehrsteilnehmer bzw. eines bestimmten räumlichen Bereichs des Verkehrsgeschehens vor herannahendem Verkehr.

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