VG München v. 09.01.2006:
Liegen bei einem Fahrerlaubnisinhaber Anhaltspunkte für Alkoholgewöhnung und für eine erhöhtes Aggressionspotential vor, so ist vor der MPU durch eine fachärztliches Gutachten zu klären, ob Alkoholabhängigkeit besteht.
VG Augsburg v. 08.05.2007:
Als singulärer Wert stellt eine Blutalkoholkonzentration von 1,81 Promille zwar ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür dar, dass die betroffene Person in hohem Maße alkoholgewöhnt ist. Wie § 13 Nr. 2 lit. c FeV zeigt, geht das Fahrerlaubnisrecht jedoch davon aus, dass selbst eine festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille noch nicht den automatischen Rückschluss auf eine bestehende Alkoholabhängigkeit erlaubt; der Verordnungsgeber wertet eine solche Gegebenheit unter der weiteren Prämisse, dass der Betroffene in diesem Zustand ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, (lediglich) als Fall des Alkoholmissbrauchs und verlangt in einer solchen Fallgestaltung grundsätzlich die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
VG München v. 08.10.2007:
Jeder Hinweis auf möglichen Alkoholmissbrauch eines Fahrerlaubnisinhabers ist geeignet, Bedenken gegen seine Fahreignung zu begründen. Nach § 46 Abs. 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde in diesem Fall die in den §§ 11 bis 14 FeV geregelten Aufklärungsmaßnahmen zu treffen. Nach § 13 Nr. 1 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen oder die Fahrerlaubnis wegen Alkoholabhängigkeit entzogen war oder sonst zu klären ist, ob Abhängigkeit nicht mehr besteht. Eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss wird von § 13 Nr. 1 FeV nicht als notwendiges Tatbestandsmerkmal zur Anforderung eines ärztlichen Gutachtens genannt, weil die Diagnose „Alkoholabhängigkeit“ automatisch die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen beinhaltet, ohne dass es darauf ankommt, ob zu einem früheren Zeitpunkt am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss teilgenommen wurde.
VG Augsburg v. 30.10.2009:
Nach § 46 Abs. 3 in Verbindung mit § 13 Nr. 1 FeV ist die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Zum Zwecke der Abklärung, ob ein Alkoholmissbrauch besteht, schreibt § 13 Nr. 2 FeV demgegenüber ausdrücklich die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vor, das gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV nicht von einem Arzt im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV, sondern von einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu fertigen ist. Die Frage nach einem etwaigen Alkoholmissbrauch wird daher über eine medizinisch-psychologische Untersuchung aufgeklärt. Verlangt die Behörde statt der angezeigten MPU eine ärztliche Begutachtung so ist dies fehlerhaft und kann nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen.
VG Bremen v. 04.08.2010:
Die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung der Fahrerlaubnis ein medizinischpsychologischen Gutachtens beizubringen, ist rechtmäßig, wenn zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht. Kommt der Betroffene der Aufforderung nicht fristgemäß nach, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen und der Sofortvollzug anzuordnen.
VGH München v. 24.08.2010:
Dient eine Fahreignungsbegutachtung dazu, in Erfahrung zu bringen, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, so verbleibt es dabei, dass zu diesem Zweck gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV lediglich die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens verlangt werden darf. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob eine Person erstmals auf Alkoholabhängigkeit hin begutachtet wird, oder ob festgestellt werden soll, ob es bei ihr (nach Überwindung der Abhängigkeit) zu einem Rückfall gekommen ist, bzw. ob zu klären ist, ob Abhängigkeit "noch besteht". Wenn der Verordnungsgeber in Zusammenhang mit einer Alkoholabhängigkeitsproblematik die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens nur dann zulässt, wenn eine Zukunftsprognose anzustellen ist, so trägt das dem im Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung.
VG Saarlouis v. 26.11.2010:
Wird in einem Krankenhausentlassungsbericht diagnostiziert, dass der Betroffene an einem Alkoholentzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit, eine Alkoholintoxikation sowie eine Benzodiazepinabhängigkeit leidet, dann ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn die Fahrerlaubnisbehörde von dessen Fahrungeeignetheit ausgeht, auch wenn nicht alle Kriterien der Begutachtungsrichtlinien für die Fahreignung erfüllt sind. Den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung kommt keine rechtsnormative Qualität zu.
VG Würzburg v. 07.01.2014:
Richtige Rechtsgrundlage zur Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik ist nicht der allgemeine § 11 FeV, sondern der spezielle § 13 FeV. Wird die Gutachtensanordnung fälschlicherweise mit § 11 Abs. 2 FeV anstatt mit dem zutreffenden § 13 FeV begründet, kann der Wegfall der Fahreignung und die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf die Nichtvorlage des Gutachtens gestützt werden. Konkret ordnet § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeV an, dass ein ärztliches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, während § 11 Abs. 2 Fev nur allgemein von Bedenken gegen die die körperliche und geistige Eignung spricht und auf die Anlage 4 und 5 der FeV verweist.
VGH München v. 09.12.2014:
Angesichts einer jahrelangen Alkoholabhängigkeit spricht nach Vorlage einer positiven MPU ein erneuter Alkoholabusus mit einer AAK von 0,63 mg/l bzw. einer BAK von 1,35 Promille für einen Rückfall in die Alkoholabhängigkeit. Dies kann jedoch nicht durch eine MPU, sondern nur durch ein fachärztliches Gutachten festgestellt werden.
VGH München v. 03.03.2015:
Alkoholabhängigkeit führt nach Anlage 4 Nr. 8.3 zur FeV zum Ausschluss der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, die die Fahreignung ausschließt, ohne dass es darauf ankommt, ob die betroffene Person strafrechtlich oder verkehrsrechtlich negativ aufgefallen ist. Wer alkoholabhängig ist, hat krankheitsbedingt grundsätzlich nicht die Fähigkeit, den Konsum von Alkohol und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr zu trennen (sog. Trennungsvermögen). - Die Anordnung einer MPU kommt in Betracht, wenn nicht sicher auszuschließen ist, dass trotz nicht durchgehaltener Abstinenz ein kontrollierter Alkoholkonsum möglich ist, so dass zu erwarten ist, dass die Führung eines Kraftfahrzeugs und der Alkoholkonsum hinreichend sicher getrennt werden können.
VG Stade v. 18.03.2015:
Nach Ziffer 8.3 der Anlage 4 zur FeV lässt die Abhängigkeit von Alkohol die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfallen. Eine gegenwärtige Alkoholabhängigkeit kann jedoch in einem medizinisch-psychologischen Gutachten nicht festgestellt werden. Dies liegt bereits daran, dass es sich bei der Klärung einer Alkoholabhängigkeit um eine medizinische und nicht um eine psychologische Fragestellung handelt, die in einem ärztlichen Gutachten zu klären ist.
VGH Mannheim v. 08.09.2015:
Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e 2. Alt. FeV kommt lediglich dann in Betracht, wenn durch die Begutachtung festgestellt werden soll, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist. Dient eine Fahreignungsbegutachtung demgegenüber dazu, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, kommt lediglich die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV in Betracht (Anschluss an BayVGH, Beschluss vom 24.08.2010 - 11 CS 10.1139 - SVR 2011, 275).
VGH München v. 03.08.2016::
War der Betreffende in der Vergangenheit alkoholabhängig und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass er erneut alkoholabhängig geworden ist, so ist mittels eines ärztlichen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV zu klären, ob Alkoholabhängigkeit besteht. Demgegenüber ist im Falle sogenannter Ausrutscher (einmaliger oder seltener Alkoholkonsum) während der Abstinenz) im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu prüfen, ob sich diese Vorfälle mit der Erwartung einer langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren lassen. - Darüber hinaus kann in besonderen, allerdings nur ausnahmsweise anzunehmenden Fällen bei nachgewiesener oder unterstellter Alkoholabhängigkeit im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären sein, ob trotz Alkoholabhängigkeit die Fähigkeit besteht, den Konsum von Alkohol vom Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen.