LG Berlin v. 25.10.2005:
Gesetzliche Grundlage für die Anordnung der Durchsuchung einer Wohnung zum Auffinden eines Führerscheins zwecks Vollstreckung eines Fahrverbots ist § 25 II 4 i. V. m. § 25 IV 1 StVG. Die Durchsuchung der Wohnung ist Folge der Weigerung, den Führerschein in amtl. Verwahrung zu geben. Maßgeblich für die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung ist neben dem (mit Fahrverbot sanktionierten) ursprünglichen Pflichtenverstoß auch der Umstand, dass ein Fahrverbot ohnehin nur in Fällen grober und beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugführers in Betracht kommt.
LG Freiburg v. 03.02.2014:
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft ist die Anordnung der Durchsuchung von Wohnung und Garage auf Motorradhelm, Handschuhe, Jacke, Hose, Sonnenbrille und Schuhen des Betroffenen sowie die Beschlagnahme dieser Gegenstände selbst dann unverhältnismäßig, wenn de Betroffenen außerdem zwei einschlägige Voreintragungen belasten.
LG Berlin v. 11.04.2014:
In einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ist eine Wohnungsdurchsuchung unverhältnismäßig, wenn die Behörde nur wegen mehrfacher Verstöße gegen die Gewerbeordnung sowie das Berliner Straßengesetz ermittelt, weil der Betroffene ohne Reisegewerbekarte auf öffentlichem Straßenland am Potsdamer Platz in Berlin-Mitte wiederholt in der Uniform eines Mitgliedes der Grenztruppen der DDR aufgetreten sein soll und an einem Stand diverse Dienstleistungen (gegenüber Berlin-Touristen) angeboten haben soll.
LG Berlin v. 16.04.2014:
Die Durchsuchung ist auch bei einer Ordnungswidrigkeit im Falle eines wiederholten und hartnäckigen Gesetzesverstoßes zulässig.
OVG Saarlouis v. 23.12.2015:
Gibt ein Fahrerlaubnisinhaber anlässlich einer polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung an, das dort vorgefundene Amphetamin zum Eigenkonsum zu besitzen, so rechtfertigt dies ein Einschreiten der Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 7 FeV - Entzug ohne MPU.
LG Oldenburg v. 15.03.2016:
Die Frage, ob eine Durchsuchung zum Auffinden einer Fahrtenschreiberscheibe etc. im Rahmen der Aufklärung einer Verkehrsordnungswidrigkeit zulässig ist, ist im Einzelnen umstritten. Sie ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls differenziert zu entscheiden. - Wenn es um die Aufklärung eines Abstandsverstoßes geht, der nach 12.7.1 BKat in der Regel mit einem Bußgeld von 100 € geahndet wird, ist zu berücksichtigen, dass Abstandsverstöße auf Autobahnen eine der Hauptunfallursachen sind, so dass eine konsequente Verfolgung entsprechender Ordnungswidrigkeiten zum Schutze anderer Verkehrsteilnehmer erforderlich ist. Ein Durchsuchungsbeschluss ist deshalb verhältnismäßig im engeren Sinne.
BVerfG v. 11.06.2010:
Das Recht auf effektiven Rechtsschutz garantiert bei Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung. Art. 19 Abs. 4 GG umfasst zwar nicht das Recht auf Überprüfung der richterlichen Entscheidung; sehen die Prozessordnungen allerdings eine weitere gerichtliche Instanz vor, so sichert Art. 19 Abs. 4 GG die Effektivität des Rechtsschutzes auch insoweit (vgl. BVerfGE 107, 395 <401 ff.> m.w.N.). Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist nur dann gegeben, wenn das zur nachträglichen Überprüfung berufene Gericht die Voraussetzungen des Exekutivakts vollständig eigenverantwortlich nachprüft. Jedenfalls soweit das Handeln der Exekutive auf der Inanspruchnahme einer originär gerichtlichen Eingriffsbefugnis beruht, erstreckt sich das Gebot effektiven Rechtsschutzes in diesen Fällen auch auf Dokumentations- und Begründungspflichten der anordnenden Stelle, die eine umfassende und eigenständige nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Anordnungsvoraussetzungen ermöglichen sollen. Kommt die anordnende Stelle diesen Pflichten nicht nach oder lässt das überprüfende Gericht den gerichtlichen Rechtsschutz "leer laufen", indem es dem Betroffenen eine eigene Sachprüfung versagt, kann dies eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG begründen (vgl. BVerfGE 103, 142 <156 ff.>; BVerfGK 2, 310 <315 f.>; 10, 270 <272 f.>; 12, 374 <376 f.>). Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für Maßnahmen, die nicht - wie die Wohnungsdurchsuchung - einem verfassungsrechtlichen, sondern nur einem einfachgesetzlichen Richtervorbehalt unterliegen.
BVerfG v. 14.07.2016:
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt aber nicht, bei Ordnungswidrigkeiten generell von einer Durchsuchung abzusehen. Soweit durch Bußgeldvorschriften Eingriffe in die Sicherheit des Straßenverkehrs sanktioniert werden, dient die Prävention des Ordnungswidrigkeitenverfahrens jedenfalls auch dem Schutz der hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben. - Eine schematische Untergrenze für intensivere Eingriffsmaßnahmen etwa im Hinblick auf die Bußgeldhöhe existiert jedenfalls nicht; vielmehr ist jeweils eine Abwägung im konkreten Einzelfall vorzunehmen.
VGH München v. 05.07.2018:
Das Betreten und Durchsuchen der Wohnung mit Nebenräumen und des Kraftfahrzeugs zum Zwecke der Sicherstellung des Führerscheins ist rechtmäßig, wenn ein sofort vollziehbarer oder bestandskräftiger Verwaltungsakt vorliegt, der den ehemaligen Fahrerlaubnisinhaber zur Abgabe des Führerscheins verpflichtet, dieser seiner Verpflichtung bisher nicht nachgekommen ist und Zwangsgeldern nicht erfolgreich waren.