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"Ein Radfahrer auf der Vorfahrtstraße hat auch dann die Vorfahrt gegenüber den aus einer untergeordneten Straße kreuzenden oder einbiegenden Fahrzeugen, wenn er entgegen § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO den in seiner Fahrtrichtung (durch Zeichen 237) nicht freigegebenen linken von zwei vorhandenen Radwegen benutzt. Nur eine solche Regelung entspricht dem im Straßenverkehr vorrangigen Sicherheitsbedürfnis, das insbesondere in Fragen der Vorfahrt klare und sichere Verkehrsregeln und deren strenge einfache Auslegung verlangt (vgl. BGHSt 20, 238, 240 f; BGH VRS 40, 328, 329; OLG Oldenburg VRS 37, 389).
1. Vorfahrt ist das Recht, den Straßenraum einer Kreuzung oder Einmündung vor allen anderen - ohne eine Vorfahrtregelung gleichberechtigten - Fahrzeugen zu benutzen. Dieses Recht erstreckt sich nach allgemeiner Rechtsauffassung auf die gesamte Fahrbahn der bevorrechtigten Straße (RGZ 167, 357, 360; BGH VRS 11, 171; BGHSt 20, 238, 240; BGH VRS 40, 328), einschließlich etwa vorhandener Radwege; (BGH NJW 1974, 949, 951; OLG Hamburg DAR 1963, 273; OLG Oldenburg VRS 37, 389, 390; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. § 8 StVO Rdn. 42; Cramer, Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. Bd. I § 8 StVO Rdn. 36, 39; Mühlhaus DAR 1969, 1). Somit war hier nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO durch das Verkehrszeichen 205 eine klare und einfache Verkehrsregelung dahin getroffen worden, daß die Radfahrerin als Benutzerin der Vorfahrtstraße vorfahrtberechtigt und die Angeklagte als aus der untergeordneten Straße einbiegende Verkehrsteilnehmerin wartepflichtig war.
2. Auf diese im Interesse der Verkehrssicherheit klare und einfache Verkehrsregelung (BGHSt 20, 238, 240) ist es ohne Einfluß, daß die Radfahrerin den Radweg in ihrer Fahrtrichtung verkehrswidrig benutzt hat."
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