Wird ein Betroffener bei oder unmittelbar nach der Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit festgestellt und handelt es sich um einen minderschweren Verstoß, der nach dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog mit einem Bußgeld unterhalb der Eintragungsgrenze (also höchstens 35 €) geahndet werden soll, so können Polizeibeamte ein Verwarnungsgeld im Einverständnis mit dem Betroffenen, der hierzu anzuhören ist, sogleich kassieren, womit die Sache dann erledigt ist.
Das Verwarnungsgeldangebot kann aber auch - z. B. bei reinen Kennzeichenanzeigen nach der Feststellung eines "geringeren" Geschwindigkeitsverstoßes oder bei Parkverstößen - von der Verwaltungsbehörde schriftlich unterbreitet werden.
Ist der Betroffene damit einverstanden und überweist er den vorgeschlagenen Betrag in voller Höhe fristgemäß, dann ist damit wiederum das Verfahren abgeschlossen.
Es erfolgt keine Eintragung des Verstoßes im Verkehrszentralregister, so dass auch für Inhaber einer Probefahrerlaubnis keine weiteren Folgen entstehen.
Ist der Betroffene nicht einverstanden oder überweist er den genannten Betrag nicht fristgerecht oder nur teilweise, dann kommt die Verwarnung mangels Annahme nicht zustande. Die Sache geht nun in das normale Bußgeldverfahren über.
Es ist aber nicht vorgesehen, dass die Behörde auf etwaige Einwendungen hin nochmals antwortet oder ein neues Verwarnungsgeldangebot unterbreitet oder gar in eine längere schriftliche Diskussion eintritt.
Nach der ersten Reaktion des Betroffenen muss die Behörde entscheiden, ob sie das Verfahren einstellt oder einen Bußgeldbescheid erlässt. Viele Betroffenen wundern sich, dass sie als Antwort auf ihr Schreiben einen Bußgeldbescheid mit zusätzlichen Gebühren zugestellt bekommen, statt eine Antwort bzw. ein erneutes Zahlungsangebot ohne zusätzliche Gebühren zu erhalten. Aber dieses Vorgehen hat seine Richtigkeit; das Gesetz sieht keine mehrmaligen Verwarnungsgeldangebote wegen einer Tat vor; und das erste Angebot ist infolge der Nichtannahme unwirksam geworden.
Zu den komplizierteren Problemen führt die Frage, inwieweit der Betroffene durch eine Zahlung "unter Vorbehalt" sich ein Rückforderungsrecht hinsichtlich des gezahlten Betrages sichern kann.
BVerwG v. 25.03.1966:
Gegen eine gebührenpflichtige Verwarnung ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Die ergangene gebührenpflichtige Verwarnung ist ein Verwaltungsakt, dessen Nachprüfung nicht den Strafgerichten nach § 23 EGGVG in der Fassung des § 179 VwGO zugewiesen ist. Dabei kann geltend gemacht werden, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen, nämlich die Belehrung über das Weigerungsrecht, das Einverständnis mit der Belehrung und die Bereitschaft zur sofortigen Zahlung nicht vorgelegen haben.
BVerfG v. 04.07.1967:
Die gebührenpflichtige Verwarnung nach StVG § 22 ist ein Verwaltungsakt, der aus Anlass einer leichteren Verkehrsübertretung gegenüber dem auf frischer Tat betroffenen Täter vorgenommen wird, aus Verwarnung und Gebührenerhebung besteht und präventiv der Aufrechterhaltung der Verkehrsdisziplin dient. Sie ist mit dem GG vereinbar.
KG Berlin v. 08.09.1999:
Die mit der wirksamen Annahme eines Verwarnungsgeldangebotes zusammenhängenden Fragen sind obergerichtlich geklärt, so dass es auch unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts keiner Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf. Das Risiko einer verspäteten Buchung seiner in schikanöser Absicht erfolgten Teilzahlungen des Verwarnungsgeldes trägt der Betroffene.
BVerfG v. 24.03.2011:
Die Verhängung einer Geldbuße iHv 40 Euro für einen Verstoß gegen die Winterreifenpflicht nach inzwischen geändertem Recht, die zu einer Eintragung ins Verkehrszentralregister führt (§ 28 Abs 3 Nr 3 StVG), begründet keinen besonders schweren Nachteil iSd § 93a Abs 2 Buchst b BVerfGG.
OLG Hamm v. 15.03.2011:
Solange die Verwarnung noch nicht nach § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG durch Zahlung des Verwarnungsgeldes wirksam geworden ist, kann die Verwaltungsbehörde statt des Verwarnungsverfahrens ein Bußgeldverfahren einleiten. Auf den Grund für die unterbliebene Zahlung des Verwarnungsgeldes kommt es nicht an.
OVG Münster v. 05.06.2013:
Der tatsächliche Zugang einer Verwarnung nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG an den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe kann auch aus Umständen außerhalb der Postzustellungsurkunde abgeleitet werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn die im Verwarnungsschreiben festgesetzte Verwaltungsgebühr durch eine dem Fahrerlaubnisinhaber nahestehende Person beglichen worden ist.
AG Landstuhl v. 11.05.2021:
Ein Verkehrsverstoß eines Polizeibeamten während einer Dienstfahrt außerhalb von § 35 StVO rechtfertigt nicht die Annahme eines atypischen Falles, der lediglich mit einem Verwarnungsgeld zu ahnden wäre.
AG Straubing v. 23.08.2021:
Eine Scheibenwischerverwarnung stellt im Falle eines Parkverstoßes keine Anhörung des Halters dar.
AG Kehl v. 07.05.2008:
„Widerspricht“ der Betroffene einem Verwarngeldbescheid der Verwaltungsbehörde, so kann dieser „Widerspruch“ nicht in einen zulässigen Einspruch gegen den später ergangenen Bußgeldbescheid umgedeutet werden, selbst wenn dieser „Widerspruch“ nach Erlass des Bußgeldbescheides bei der Verwaltungsbehörde eingeht und aus ihm hervorgeht, dass sich der Betroffene kategorisch gegen den Vorwurf wehrt. Ein derartiges Schreiben ist nur dann als Einspruch anzuerkennen, wenn – gegebenenfalls nach Auslegung unter Berücksichtigung der Verfahrensgeschichte – ein Bezug zum Bußgeldbescheid hergestellt werden kann. Daran fehlt es, wenn sich das Schreiben eindeutig und allein auf eine andere Äußerung oder Entscheidung der Verwaltungsbehörde (hier Verwarngeldbescheid) bezieht.
OVG Münster v. 11.04.2011:
Die Zahlung eines Verwarnungsgeldes unter einem materiellrechtlich begründeten Vorbehalt stellt das Vorliegen eines Einverständnisses im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG nicht in Frage.
AG Saalfeld v. 15.07.2005:
Die Verwarnung nach § 56 I 1 OWiG wird bei verspäteter Zahlung unwirksam. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumung gibt es nicht. Bei der Banküberweisung trägt der Betroffene das Risiko des rechtzeitigen Eingangs.
OLG Hamburg v. 15.03.2011:
Soll nur der im Bußgeldbescheid enthaltene Kostenansatz angegriffen werden, so ist nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG der richtige Rechtsbehelf.
FG Hamburg v. 1603.2010:
Eine Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik Deutschland (vorläufig) nicht möglich. Sie kann gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wie dem Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung oder dem Schutz des Kernbereichs des Angehörigenverhältnisses, verstoßen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung von Art. 6 EMRK und des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates der Europäischen Union.