Soweit der Fahrzeugversicherer den Versicherungsnehmer hinsichtlich eines Fahrzeugschadens aus dem Versicherungsvertrag befriedigt, gehen etwaige Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Schadensverursacher auf ihn über (gesetzlicher Forderungsübergang).
Jedoch ist hierbei zu beachten, dass dieser Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden darf. Aus diesem Grunde verbleiben bei der Bestimmung des Ausmaßes des Forderungsübergangs sog. bevorrechtigte Schadenspositionen dem Versicherungsnehmer zur Geltendmachung gegenüber dem Schädiger vorbehalten (Quotenvorrecht des Versicherten).
Der Rechtsprechung obliegt es, im Rahmen der sog. Differenztheorie die Einzelheiten zu bestimmen, die für die richtige Anwendung der Grundsätze des gesetzlichen Forderungsübergangs und des Quotenvorrechts maßgeblich sind.
BGH v. 07.04.1981:
Nachdem der Gesetzgeber die Frage, ob nach RVO § 1542 dem Sozialversicherungsträger (SVT) ein "Quotenvorrecht" zusteht, im Sozialgesetzbuch (SGB) neu regeln wird, ist es dem BGH versagt, der Neuregelung durch Änderung der Rechtsprechung vorzugreifen. Die entsprechende Anwendung des VVG § 67 Abs 2 auf Ansprüche aus RVO § 1542 kommt nur in Betracht, wenn es sich um einen Anspruch des Geschädigten gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen handelt.
OLG Düsseldorf v. 18.02.2002:
Der Forderungsübergang auf den Kaskoversicherer erstreckt sich nur auf kongruente Schadensersatzansprüche, d.h. auf Ansprüche wegen unmittelbarer Sachschäden wie Reparaturkosten, merkantiler und technischer Minderwert sowie Sachverständigen- und Abschleppkosten. Inkongruente Ansprüche, dh Sachfolgeschäden wie Nutzungs- und Verdienstausfall, Mietwagenkosten, Rückstufungsschaden und Auslagen des Geschädigten werden vom Forderungsübergang nicht erfasst.
KG Berlin v. 18.07.2005:
Ist das Bestehen einer Vollkasko-Versicherung unstreitig und macht der Beklagte geltend, die Ansprüche des Klägers wegen Beschädigung seines Pkw seien nach § 67 VVG auf den Vollkasko-Versicherer übergegangen, so trifft den Beklagten dafür die Beweislast.
Groß DAR 1999, 337:
Die Grundsätze des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers
Groß DAR 1999, 337:
Zum Quotenvorrecht und zur Kongruenz in der Vollkaskoversicherung Kongruenz
Rechtsprechung:
Grundsätze der Differenztheorie und des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers
BGH v. 17.03.1954:
Wird der Schaden des Versicherungsnehmers durch die Versicherungsleistung nur teilweise gedeckt, so verbleibt eine sonstige Ersatzforderung dem Versicherungsnehmer bis zur völligen Deckung seines Schadens. Nur die Restforderung geht auf den Versicherer über.
BGH v. 04.04.1967:
Dem Versicherungsnehmer steht das Quotenvorrecht in Höhe seiner Selbstbeteiligung auch dann zu, wenn die nach AKB § 13 vom Listenpreis des zerstörten Fahrzeugs ausgehende Entschädigungsleistung des Kaskoversicherers den konkreten, nach dem Zeitwert errechneten Schaden ausgeglichen hat.
OLG Düsseldorf v. 18.02.2002:
Macht der Unfallgeschädigte nach Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung gegenüber dem Schädiger sein Quotenvorrecht geltend, erhält er von den inkongruenten Schäden den seiner Mitverantwortungsquote entsprechenden Teil, und von den kongruenten Schäden den Teil, der nach Abzug der Leistung der Kaskoversicherung zur vollständigen Deckung fehlt.
OLG Düsseldorf v. 15.06.2010:
Nach der Teilregulierung durch die Vollkaskoversicherung sind zugunsten des Geschädigten die Grundsätze des Quotenvorrechts einschlägig. Mit dem Erbringen der Versicherungsleistung an den Geschädigten geht dessen inhaltlich übereinstimmender kongruenter Schadensersatzanspruch nach § 67 Abs. 1 VVG a.F. auf den Versicherer über. Der Übergang erstreckt sich nur auf die Schadensersatzansprüche, die sich auf den in das versicherte Risiko fallenden Schaden beziehen; die Leistung des Versicherers und die Schadensersatzforderung müssen in gewissem Sinne gleichartig, also kongruent sein. Das ist bei der Kaskoversicherung nur hinsichtlich der unmittelbaren Sachschäden (§ 12 AKB), nicht aber hinsichtlich der inkongruenten Sachfolgeschäden der Fall.
OLG Frankfurt am Main v. 09.10.2012:
Bei Abrechnung nach Zahlung der Kaskoversicherung stellt der Selbstbehalt keine eigene Schadensposition dar, sondern ist die Differenz aus quotenbevorrechtigten Schadenspositionen wie dem Wiederbeschaffungswert und der Versicherungsleistung.
LG Aachen v. 10.04.1987:
Die Ab- und Anmeldegebühren (sog. Zulassungskosten) sind bei der Anwendung der Differenztheorie bevorrechtigte Positionen.
BGH v. 12.01.1982:
Bei der Berechnung des Quotenvorrechts des Kaskoversicherten sind dem Bereich der unmittelbaren Sachschäden auch die Abschleppkosten zuzurechnen.
BGH v. 29.01.1984:
An dem Quotenvorrecht des Kaskoversicherten nehmen auch die für die Begutachtung der Fahrzeugschäden aufgewandten Sachverständigenkosten teil.
LG Aachen v. 10.04.1987:
Zu den erstattungsfähigen Fahrzeugschäden gehören grundsätzlich auch die Kosten für den Einbau eines Autoradios.
BGH v. 08.12.1981:
Zu den vom Quotenvorrecht bevorzugten Schadenspositionen gehört auch die merkantile Wertminderung.
OLG Celle v. 03.02.2011: Prämiennachteile, die einem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall durch die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen aus einem Kaskoversicherungsvertrag entstehen, sind keine kongruente Schadensposition, auf deren Erstattung die Versicherungsleistung gerichtet ist. Sie nehmen am sog. Quotenvorrecht des versicherten Geschädigten nicht teil.
OLG Celle v. 03.02.2011: Kosten eines Kfz-Sachverständigen für die Schätzung der nötigen Wiederherstellungskosten dienen der Wiederinstandsetzung und damit der Wiederherstellung des früheren Zustands. Somit gelten sie im Verhältnis zum Schädiger als kongruente Schadenspositionen, selbst wenn der Versicherungsnehmer im Innenverhältnis zur Versicherung die Kosten für das Schadensgutachten selbst tragen muss.
OLG Celle v. 03.02.2011:
Vorgerichtlich beim Geschädigten angefallene Anwaltskosten nehmen am Quotenvorrecht nicht teil, wenn sie nur durch Inanspruchnahme des Unfallgegners und nicht der Kaskoversicherung entstanden sind.
OLG Frankfurt am Main v. 08.02.2011:
Wird ein Rechtsanwalt auch gegenüber dem Kaskoversicherer tätig, handelt es sich gebührenrechtlich um eine Angelegenheit. Die dafür anfallenden Gebühren können im Rahmen der Schadensersatzansprüche gegenüber dem Schädiger als quotenbevorrechtigte Positionen geltend gemacht werden.
OLG Celle v. 08.08.2006:
Zur Abrechnung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber einer KfzHaftpflichtversicherung unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers bei Haftungsverteilung von 80:20
LG Kassel v. 08.03.2013:
Zur Haftung eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs im Rahmen der Nebentäterschaft (Quotenvorrecht bei Nebentäterschaft; Baumbach’sche Formel)
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BGH v. 25.11.2009:
Vereinbart der Mieter eines Kraftfahrzeugs mit dem Vermieter gegen Entgelt eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, so findet die Rechtsprechung zum Quotenvorrecht entsprechende Anwendung.