Das Verkehrslexikon

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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort - Unfallflucht

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort - Unfallflucht




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Wiederholtes Entfernen
Zivilrechtliche Beweislastumkehr bei Unfallflucht?

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Einleitung:


Die Strafbarkeit der sog. Unfallflucht soll die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche eines durch einen Verkehrsunfall Geschädigten sicherstellen, ist also ein sog. abstraktes Vermögensdelikt.


Kriminologisch ist die Motivation, nach einem Verkehrsunfall zu flüchten, eher rätselhaft (bis auf die Ausnahme, dass beispielsweise ein alkoholisierter Fahrzeug-Führer eher den Verlust des Versicherungsschutzes als seine Bestrafung und den Führerscheinverlust riskieren will), weil die für den eigentlichen Unfall drohenden in der Regel nur bußgeldrechtlichen Sanktionen in keinem Verhältnis zu den straf- und versicherungsrechtlichen Folgen der Unfallflucht stehen.

In gesonderten Modulen werden die Komplexe

Unfallflucht im Strafrecht,

Unfallflucht im Zivilrecht und

Unfallflucht im Versicherungsrecht

behandelt.

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Weiterführende Links:


Unfall (Definition)

Stichwörter zum Thema unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Definition des Verkehrsunfalls

Was ist öffentlicher Straßenverkehr?

Öffentlicher und nichtöffentlicher Verkehr

Entziehung der Fahrerlaubnis bei Unfallflucht

Zum "bedeutenden Schaden", der die Entziehung der Fahrerlaubnis indiziert

Strafbarkeit des Halters

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Allgemeines:


BGH v. 27.07.1972:
Ein Kraftfahrer, der das ihn wegen anderer Straftaten verfolgende Polizeifahrzeug vorsätzlich beschädigt und weiterfährt, um sich auch hinsichtlich dieses Vorfalls den Feststellungen zu entziehen, ist wegen Unfallflucht strafbar.

BGH v. 15.11.2010:
Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat, erfüllt nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das unvorsätzliche Verlassen des Unfallorts nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird. Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht sieht der Senat keine Veranlassung, die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des Unfallorts zu modifizieren, um auf diese Weise Fälle strafrechtlich zu erfassen, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich dennoch weiter entfernt.

OLG Köln v. 19.07.2011:
Ist das Be- und Entladen verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, dann macht es bezogen auf das Tatbestandsmerkmal "Unfall im Straßenverkehr" keinen Unterschied, ob ein bereits geladener Gegenstand vom geparkten Fahrzeug herunterfällt oder der Schaden bereits beim Beladen des Fahrzeugs oder erst später beim Entladen entsteht. Dem Schutzbereich des § 142 StGB unterfallen gerade solche Geschehensabläufe im öffentlichen Straßenverkehr, die mit einem erhöhten Unfall- und Schadensrisiko sowie - wegen der Beteiligung eines Fahrzeugs - mit dem Risiko eines schnellen Entfernen des Verursachers vom Unfallort und damit einem gesteigerten Aufklärungsinteresse anderer Verkehrsteilnehmer einhergehen. Dazu gehören aber insbesondere auch Ladevorgänge, und zwar gerade fehlerhafte.

OLG Dresden v. 01.03.2021:
  1.  Aus der Angabe der Angeklagten, sie habe, nachdem die Polizei bei ihr zu Hause geklingelt habe, gesagt, „dass sie schon wisse, weshalb die Beamten da seien", den Schluss zu ziehen, dies sei ein zur Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ausreichendes Geständnis, ist fehlerhaft.

  2.  Die lediglich pauschale Verweisung im tatrichterlichen Urteil auf ein in den Akten befindliches Sachverständigengutachten zur Feststellung der Schadenshöhe ist unzureichend. Die Bezugnahmen auf Aktenteile sind unzulässig, wenn sie nicht nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StPO ggf. mit Einverständnis der Beteiligten nach § 251 Abs. 1 StPO verlesen wurden.

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Wiederholtes Entfernen:


LG Arnsberg v. 11.09.2014:
Für ein tatbestandsmäßiges Entfernen genügt eine Absetzbewegung derart, dass der räumliche Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unfallort aufgehoben und seine Verbindung mit dem Unfall nicht mehr ohne Weiteres erkennbar ist, sodass der Beteiligte nicht mehr uneingeschränkt zu sofortigen Feststellungen an Ort und Stelle zur Verfügung steht, sondern erst durch Umfragen ermittelt werden muss. - Ein erneutes Wegfahren ist nicht tatbestandsmäßig. § 142 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass sich ein Unfallbeteiligter "nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt". Der danach erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem Sich-Entfernen und dem Unfallereignis ist bereits durch das erstmalige Sich-Entfernen unterbrochen.

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Zivilrechtliche Beweislastumkehr bei Unfallflucht?


OLG Frankfurt am Main v. 12.07.2010:
Bleibt nach durchgeführter Beweisaufnahme der genaue Unfallhergang, insbesondere die Kollisionsstelle unaufgeklärt und lassen sich zum beiderseitigen Verschulden keinerlei Feststellungen treffen, so kann jedem Halter nur seine Betriebsgefahr zugerechnet werden, die bei Kraftfahrzeugen gleichen Typs und annähernd gleicher Geschwindigkeit gleich groß anzusetzen sei. Die Unfallflucht eines Unfallbeteiligten hat keine Beweislastumkehr zugunsten der anderen Partei zur Folge.

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