Gem. § 69a Abs. 5 StGB kann das Gericht die verhängte Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch die Führerschein-Behörde nachträglich in Fortfall bringen (Sperrfristverkürzung). Allerdings darf eine nachträgliche Verkürzung nicht zu einer geringeren Sperre als drei Monate führen, wobei die Zeit der Sicherstellung des Führerscheins bzw. der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung berücksichtigt wird, die seit dem Tag des Urteils vergangen ist.
Es müssen neue Tatsachen vorliegen, die dazu führen, die Fahrungeeignetheit abweichend vom Strafbefehl oder vom Urteil zu beurteilen. In erster Linie kommt hierfür die zertifizierte Teilnahme an Nachschulungsmaßnahmen in Betracht.
Mancherorts (beispielsweise in Baden-Württemberg) ist nach Abschluss einer Nachschulungsmaßnahme noch die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde nötig, bevor die Staatsanwaltschaft einer Abkürzung oder vorzeitigen Aufhebung einer Führerscheinsperre zustimmen oder diese beantragen darf.
BVerfG v. 20.06.2006:
Es stellt keinen Grundgesetzverstoß dar, wenn ein Strafgericht die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Nachschulung nicht im Sinne eines Automatismus zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen lässt, sondern bei hohen Blutalkoholkonzentrationen zusätzlich besondere Umstände fordert, wobei auch dem Gesichtspunkt dauerhafter vollständiger Alkoholabstinenz Bedeutung beigemessen werden kann.
LG Flensburg v. 08.04.2005:
Ein Kraftfahrer, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr im Straßenverkehr auffällig wurde, ist nach gesicherten verkehrsmedizinischen und psychologischen Erkenntnissen ein Gewohnheitstrinker, der nur dann als wieder geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gesehen werden kann, wenn er zu einem glaubhaften Entschluss zu dauerhafter, vollständiger Alkoholabstinenz gekommen und in der Lage ist, diesen auch zu realisieren. Dazu gehört eine glaubhafte wenigstens 6-monatige Abstinenz sowie zur Stabilisierung des Abstinenzentschlusses die Bereitschaft, eine psychosoziale Beratungsstelle bzw. Suchtberatungsstelle aufzusuchen und/oder regelmäßig an Sitzungen einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen (keine Abkürzung der Sperrfrist).
OLG Hamm v. 12.03.2007:
Da die Abkürzung der Sperrfrist einen Ausnahmefall darstellt, sind zu ihrer Begründung der Zeitablauf, die Aussetzung eines Strafrestes oder insbesondere allein wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht ausreichend. Vielmehr muss aufgrund neuer Tatsachen ausreichend ersichtlich sein, dass nunmehr der Schluss gerechtfertigt ist, der Verurteilte besitze jetzt entgegen der Prognose des erkennenden Gerichts das für einen Kraftfahrer unersetzliche Verantwortungsbewusstsein, aufgrund dessen er in Zukunft die Allgemeinheit nicht mehr gefährden werde.
OLG Hamburg v. 22.12.1980:
Die Nachschulung nach dem Modell "Hamburg 79", die auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden beruht, ist grundsätzlich geeignet, Trunkenheitsersttäter in positiver, die Gefahr des Rückfalls mindernder Weise zu beeinflussen. Die erfolgreiche Teilnahme an einer derartigen Nachschulung kann daher grundsätzlich im Rahmen der vom Tatrichter nach den §§ 69, 69 a StGB zu stellenden Prognose zugunsten des Täters Berücksichtigung finden.
OLG Koblenz v. 12.02.1985:
Wurde bei einem Verurteilten wegen fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis neben einer Geldstrafe auf eine isolierte Sperrfrist von fünf Jahren erkannt, so kann möglicherweise als Nachweis für den Wegfall der bisherigen Nichteignung die erfolgreiche Teilnahme an einer sogenannten "Nachschulung" in Betracht kommen. Verhält sich der Verurteilte jedoch insoweit völlig passiv, so spricht dies gegen die Annahme, er sei jetzt nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.
LG Ellwangen v. 02.07.2001:
Bei der Prüfung, ob eine Aufhebung gemäß § 69 a Abs. VII StGB vorzunehmen ist, ist eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen, ob der Verurteilte zum jetzigen Zeitpunkt noch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Hierbei kann eine erfolgte Nachschulung ein Element bei der erforderlichen umfassenden richterlichen Prüfung der vorzeitigen Erreichung des Maßregelzweckes sein. Alleine hierfür ausreichend ist eine solche Nachschulung jedoch nicht.
LG Hildesheim v. 14.05.2003
Bei Kraftfahrern, die mit einer BAK bis zu 1,6 ‰ und erstmals im Straßenverkehr in Erscheinung getreten sind, wird die erfolgreiche Teilnahme an einem geeigneten Aufbauseminar eine Verkürzung der Sperrfrist regelmäßig rechtfertigen. Bei BAK von mehr als 1,6 ‰ kommt eine Verkürzung der Sperrfrist nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht.
AG Eggenfelden v. 10.02.2005:
Eine Sperrfristverkürzung gem. § 69 a VII StGB kann auch aufgrund einer in Österreich durchgeführten Nachschulung vorgenommen werden.
LG Leipzig v. 07.07.2009:
Die vorzeitige Aufhebung der Sperre setzt gem. § 69 Abs. 7 Satz 1 StGB in materieller Hinsicht voraus, das Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt der Beschlussfassung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Hierbei kann insbesondere Berücksichtigung finden, dass der Verurteilte durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung zum Straßenverkehr entwickelt hat. Der Nachweis kann durch eine Teilnahme an einem Aufbauseminar der DEKRA erbracht werden.
LG Berlin v. 02.08.2010:
Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berücksichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwickelt hat. Eine solche Entwicklung kann angenommen werden, wenn der Täter an einer Verkehrstherapie IVT-Hö Berlin-Brandenburg teilgenommen und eine Bescheinigung vorgelegt hat, aus der sich ergibt, dass er weiterhin bis zur Entscheidung des Gerichts bzw. der Fahrerlaubnisbehörde freiwillig an dem Abstinenzprogramm teilnehmen wird und für sich darüber hinaus eine therapeutische Nachsorgemaßnahme organisiert hat.
LG Erfurt v. 25.05.2011:
Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration (hier: 2,04 Promille) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von hier sechs Monaten angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berücksichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwickelt hat.
AG Dresden v. 11.08.2014:
Bei Verkehrsteilnehmern, die mit einer Blutalkoholkonzentration von bis zu 1,8 Promille und erstmals einschlägig auffällig geworden sind, wird die erfolgreiche Teilnahme an einem geeigneten Nachschulungskurs regelmäßig zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen eine solche Entscheidung sprechen.
LG Berlin v. 29.09.2017:
Hat der Verurteilte durch die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung nachgewiesen, an einem Aufbauseminar (hier: der DEKRA) teilgenommen zu haben, und kommt hinzu, dass er wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung erstmals verurteilt wurde, er zuvor nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und die einzige weitere Eintragung im Fahreignungsregister eine Ordnungswidrigkeit wegen überhöhter Geschwindigkeit betrifft, besteht hinreichender Grund zu der Annahme, dass er, der seit fast 10 Jahren in Besitz einer Fahrerlaubnis war, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist.
LG Dresden v. 11.03.2002:
Die erfolgreiche Teilnahme an einer solchen sich über mehrere Monate erstreckenden Verkehrstherapie, welche von einem bei der BAST akkreditierten Verein (hier: der Gesellschaft für Ausbildung, Fortbildung und Nachschulung e.V. (AFN) ) Verein durchgeführt wird, begründet regelmäßig die Annahme, dass bei dem Verurteilten eine Haltungsänderung im Hinblick auf dessen Einstellung im Straßenverkehr eingetreten ist.
LG Köln v. 04.08.2005:
Eine Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 7 StGB kann auf Grund einer Teilnahme an der Verkehrstherapie „IVT-Höcher" (Ebrach-Bayern-Seminar) vorzeitig erfolgen.
AG Stendal v. 29.11.2005:
Eine nachträgliche Abkürzung der Sperrfrist gem. § 69a Abs. 7 StGB kann nach erfolgreicher Teilnahme an der Verkehrstherapie „IVT-Höcher” erfolgen.
LG Hildesheim v. 20.12.2011:
Auch bei einem wegen (vorsätzlichen) Fahrens ohne Fahrerlaubnis Verurteiltem kann die bei der Verurteilung angeordnete Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis abgekürzt werden. Dies setzt die erfolgreiche Teilnahme an einer anerkannten Verkehrstherapie voraus. Als Therapeut kommt hierbei nur ein Diplom-Psychologe, vorzugsweise mit der Zusatzqualifikation Verkehrstherapeut in Betracht.
LG Görlitz v. 06.06.2018:
Nach der erfolgreichen Teilnahme eines wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt zu einer Geldstrafe Verurteilten kann eine Sperrfrist von 9 Monaten vorzeitig - hier nach ca. 2 Monaten - aufgehoben werden, wenn sich aus der verkehrspsychologischen „Schulung neue Tatsachen ergeben, die Grund zu der Annahme bieten, dass der Verurteilte nicht mehr fahrungeeignet ist.
VG Karlsruhe v. 20.01.2009:
Die Fahrerlaubnisbehörde darf im Falle eines erstmals alkoholauffälligen Kraftfahrers, der nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis die vorzeitige Aufhebung der Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erstrebt, die Ausstellung einer sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung nach Maßgabe der VwV Nachschulung (vom 12.11.2008, Die Justiz, S. 359) verweigern, wenn andere Aspekte als die erstmalige Alkoholisierung im Straßenverkehr die Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage stellen.
LG Ellwangen v. 02.07.2001:
Gemäß dem Wortlaut des § 69 Abs. VII StGB kann die Sperre vorzeitig aufgehoben werden, sobald der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Danach ist also erforderlich, dass der Maßregelzweck bereits zum Beschlusszeitpunkt erreicht ist. Eine Abkürzung der Sperrfrist vorzunehmen, obwohl der Maßregelzweck zum Beschlusszeitpunkt noch nicht erreicht ist, wird von diesem Wortlaut gerade nicht erfasst.
LG Berlin v. 13.02.2008:
Die Vorschrift des § 69 a Abs. 7 StGB ist grundsätzlich nicht geeignet, die Verkürzung einer Sperrfrist für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt anzuordnen. Die Ausnahmeregelung des § 69 a Abs. 7 StGB erlaubt die vorzeitige Aufhebung einer erteilten Sperrfrist, wenn der Zweck der Maßregel vorzeitig erreicht wurde, weil Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt des Beschlusses nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, wobei diese Feststellung nur nach eingehender Prüfung getroffen werden kann und allein die Teilnahme an einer Nachschulung nicht ausreichend ist.
LG Berlin v. 25.01.2011:
Die Vorschrift des § 69 a Abs. 7 StGB ist grundsätzlich nicht geeignet, die Verkürzung einer Sperrfrist für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt anzuordnen. Die Ausnahmeregelung des § 69 a Abs. 7 StGB erlaubt vielmehr die vorzeitige Aufhebung einer erteilten Sperrfrist, wenn der Zweck der Maßregel vorzeitig erreicht wurde, weil Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt des Beschlusses nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, wobei diese Feststellung nur nach eingehender Prüfung getroffen werden kann und allein die Teilnahme an einer Nachschulung nicht ausreichend ist.
Abkürzung bei lebenslanger Sperre:
OLG Celle v. 27.11.2008:
Die Aufhebung einer lebenslangen Führerscheinsperre kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn aufgrund neuer Tatsachen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Verurteilte sich im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen wird. Allein eine günstige Sozialprognose, die die Aussetzung von Straf- und Unterbringungsvollstreckung rechtfertigt, reicht grundsätzlich noch nicht, um eine Aufhebung der Sperre zu begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Eignungsmangel zum Führen von Kraftfahrzeugen mit Straftaten im Sinne typischer Verkehrsdelikte begründet worden ist.
AG Bochum v. 22.10.2010:
Es ist anerkannt, dass der bloße Zeitablauf auch bei einer langen Zeit für sich alleine zur Aufhebung einer lebenslangen Sperre nicht genügt (OLG München NJW 1981, 2424: mehr als 24 Jahre; OLG Düsseldorf NZV 1991, 477: Zeitablauf von 26 Jahren). Dies gilt auch nach 45 Jahren, wenn der Verurteilte zwischenzeitlich nicht nur einmal verkehrsstrafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
AG Eggenfelden v. 18.11.2010:
Voraussetzung für eine Abkürzung der Sperrfrist ist gem. § 69a VII S. 1 StGB, dass sich Grund zu der Annahme ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Worauf sich diese Annahme zu stützen hat, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Die Wiederherstellung der Fahreignung kann sich auch aus einer Bescheinigung über eine Lenkernachschulung gem. § 2 FSG-NV beim "Institut Vorrang" in Salzburg - Österreich - ergeben.