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"Diese Beweisführung wird jedoch erleichtert durch eine Anscheinsbeweislage, die sich nach allgemeiner Meinung aus der Gesetzesfassung (§ 9 V StVO: „muss sich ... darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist“) ergibt. Der Anscheinsbeweis ist als Element der Beweiswürdigung von Amts wegen zu berücksichtigen (etwa Senat, Urt. v. 14.02.2014 - 10 U 2815/13 [juris]; v. 14.03.2014 - 10 U 4774/13 [juris]; v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris]), und nicht von einer Geltendmachung durch den Beweispflichtigen abhängig, wirkt allerdings nur bei „typischen Geschehensabläufen“ (BGH NZV 1996, 277; NJW 2001, 1140; Senat, Urt. v. 22.02.2008 - 10 U 4455/07 [juris]), also wenn sich unter Prüfung und Bewertung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat (BGH VersR 2007, 557; VersR 2011, 234). In solchen Fällen genügt grundsätzlich die Feststellung „eines allgemeinen Erfahrungssatzes als einer aus allgemeinen Umständen gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerung“ (BGH NJW 1997, 528), allerdings darf der Sachverhalt nicht auf ein „Kerngeschehen“ wie z. B. das bloße Abbiegen, reduziert werden, ohne Rücksicht auf die vorausgegangene Fahrweise. Das „Kerngeschehen“ für sich allein reicht als Grundlage eines Anscheinsbeweises nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die als Besonderheiten gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene „Typizität“ sprechen. Ob der Sachverhalt in diesem Sinne im Einzelfall wirklich typisch ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, die sich aus dem unstreitigen Parteivortrag und den getroffenen Feststellungen ergeben (BGH NJW-RR 1986, 383; NJW 1996, 1828; 2012, 608)." |