AG Kehl v. 07.05.2008:
„Widerspricht“ der Betroffene einem Verwarngeldbescheid der Verwaltungsbehörde, so kann dieser „Widerspruch“ nicht in einen zulässigen Einspruch gegen den später ergangenen Bußgeldbescheid umgedeutet werden, selbst wenn dieser „Widerspruch“ nach Erlass des Bußgeldbescheides bei der Verwaltungsbehörde eingeht und aus ihm hervorgeht, dass sich der Betroffene kategorisch gegen den Vorwurf wehrt. Ein derartiges Schreiben ist nur dann als Einspruch anzuerkennen, wenn – gegebenenfalls nach Auslegung unter Berücksichtigung der Verfahrensgeschichte – ein Bezug zum Bußgeldbescheid hergestellt werden kann. Daran fehlt es, wenn sich das Schreiben eindeutig und allein auf eine andere Äußerung oder Entscheidung der Verwaltungsbehörde (hier Verwarngeldbescheid) bezieht.
BGH v. 20.12.1979:
Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid gemäß OWiG § 67 S 1 kann auch fernmündlich zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, eingelegt werden.
AG Lüdinghausen v. 19.01.2010:
Dem Schriftformerfordernis des § 67 Abs. 1 OWiG wird nicht dadurch genügt, dass der Betroffene eine als Einspruch zu wertende Erklärung auf einen Überweisungsträger (Feld: Verwendungszweck) schreibt und diese Erklärung dann im Rahmen des Buchungsverkehrs elektronisch an die Verwaltungsbehörde gelangt.
AG Hünfeld v. 05.06.2012:
Eine Einspruchserklärung gegen einen Bußgeldbescheid, die der Betroffene im Wege des sogenannten Unified Messaging (UMS) der Verwaltungsbehörde übermitteln lässt, wahrt nicht die Schriftform im Sinne des § 67 OWiG.
LG Fulda v. 02.07.2012:
Der Umstand, dass der Bußgeldbescheid die E-Mail-Adresse des Regierungspräsidiums Kassel angibt und die Rechtsbehelfsbelehrung keine Einschränkung hinsichtlich einer Einspruchseinlegung per E-Mail enthält, begründet keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann. Allein die Angabe einer E-Mail-Adresse begründet keine zusätzliche Form der Rechtsbehelfseinlegung. Es handelt sich insoweit nur um eine zusätzliche nützliche Information für den Recht suchenden Bürger.
AG Nauen v. 25.02.2013:
Die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung des Verteidigers ist – mit Ausnahme der Vertretung des abwesenden Betroffenen in der Hauptverhandlung – an keine Form gebunden. Daher ist es für die Wirksamkeit des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid grundsätzlich ausreichend, wenn die Verteidigervollmacht des Rechtsanwalts durch diesen anwaltlich versichert wird und er anschließend tätig wird.
AG Hünfeld v. 04.07.2013::
Ist das Verfahren beim Empfang von Telefaxsendungen so gestaltet, dass die empfangenen Übermittlungen nicht in jedem Fall ausgedruckt werden, so wahrt die Übermittlung per Telefax die Schriftform nicht, es gelten vielmehr die Bestimmungen für die Einreichung elektronischer Dokumente.
LG Mosbach v. 30.08.2018:
Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann wirksam auch per E-Mail eingelegt werden.
LG Tübingen v. 28.01.2019:
§ 67 Abs. 1 S. 1 OWiG sieht vor, dass der Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, eingelegt werden kann. Hierfür genügt die Einlegung per E-Mail nicht (Vgl. LG Münster, Beschluss vom 12.10.2015 - 2 Qs-89 Js 1834/15-76/15; LG Fulda, Beschluss vom 02.07.2012 - 2 Qs 65/12; LG Heidelberg, Beschluss vom 18. 1. 2008 - 11 Qs 2/08 Owi; AG Hünfeld, Beschluss vom 26.11.2012 - 3 OWi 32 Js 17217/12; a.A. LG Mosbach, Beschluss vom 30. August 2018 – 1 Qs 22/18).
AG Hameln v. 14.02.2022:
Auch nach dem 01.01.2022 muss gemäß § 67 OWiG der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht zwingend per elektronischem Dokument über das BeA - Besondere elektronische Anwaltspostfach eingelegt werden.
AG Berlin-Tiergarten v. 05.04.2022:
Nach §§ 67, 100c OWiG i.V.m. § 32d StPO ist ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ausschließlich als signiertes elektronisches Dokument über das BeA - Besondere Anwaltspostfach - und das BeBPo - das besondere elektronische Behördenpostfach - zu übermitteln. Eine Übermittlung in Papierform oder als Telefax ist unzulässig.
LG Kaiserslautern v. 14.10.2022:
In Abweichung zu den für das Strafverfahren gelten Grundsätzen für die Einlegung von Rechtsbehelfen wird im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Zulässigkeit auch einer telefonischen Einlegung grundsätzlich anerkannt. Voraussetzung ist jedoch, dass das Schriftstück, in dem die Erklärung des Betroffenen niedergeschrieben wird, die Verwaltungsbehörde, den Tag der Einlegungserklärung, die Person des Erklärenden und den Inhalt seiner Erklärung angibt und dieses vom beurkundenden Beamten oder Angestellten unterschrieben wird.
OLG Bamberg v. 15.02.2017:
Gegen den Bußgeldbescheid kann der Betroffene schon vor seiner Zustellung und auch dann wirksam Einspruch einlegen, wenn er von seinem Erlass oder Inhalt (noch) keine Kenntnis hat, sofern im Einlegungszeitpunkt der Bußgeldbescheid bereits erlassen ist (u.a. Anschluss an BGH, Beschluss vom 16.05.1973 - 2 StR 497/72 = BGHSt 25, 187/189 = DAR 1973, 276 = NJW 1974, 66; BayObLG, Beschluss vom 10.03.1989 - 2 Ob OWi 417/88 = BayObLGSt 1989, 33 = NZV 1989, 364 = VRS 77 [1989], 136 = ZfS 1990, 288). - Gegen einen noch nicht erlassenen Bußgeldbescheid kann - von wenigen Sonderfällen abgesehen - in statthafter Weise auch nicht „vorsorglich“ Einspruch eingelegt werden (u.a. Anschluss an OLG Koblenz, Beschluss vom 11.12.1985 - 14 W 727/85 = NJW-RR 1986, 935 = AnwBl. 1986, 401 = JurBüro 1986, 1899).
OLG Bamberg v. 21.08.2013:
Ergeht nach Einspruchseinlegung durch einen nicht betroffenen Dritten ein Verwerfungsurteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG gegen den (tatsächlich) Betroffenen, weil das Gericht irrtümlich von dessen Einspruch ausgeht, ist auf seine Sachrüge hin das Urteil wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses, nämlich der Rechtskraft des Bußgeldbescheides, durch das Rechtsbeschwerdegericht aufzuheben. Der Einspruch des nicht betroffenen Dritten ist durch das Rechtsbeschwerdegericht unter Auferlegung der durch den Einspruch und dessen Verwerfung entstandenen Kosten des gerichtlichen Verfahrens als unzulässig zu verwerfen.