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Einigungsgebühr (ehemals Vergleichsgebühr

Einigungsgebühr (ehemals Vergleichsgebühr)




Gliederung:


-   Einleitung
-   Allgemeines
- Zum RVG
- Zur BRAGO



Einleitung:


Die Vergleichsgebühr des alten § 23 BRAGO ist für Aufträge ab dem 01.07.2004 durch die Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) ersetzt. Wichtige Unterschiede zur alten Vergleichsgebühr: Es sind kein Vergleich im Sinne des § 779 BGB und kein beiderseitiges Nachgeben mehr nötig. Auch der Abschluß eines Ratenvergleichs löst die Einigungsgebühr aus.


Am Ende des Stichwortes befinden sich Links zu RVG und VV-RVG.

Zum Wesen des Vorliegens eines Vergleichs hat der BGH (Urteil vom 31.01.1963 - III ZR 117/62) ausgeführt:

   "Der Rechtsanwalt hat nach § 23 RAGebO Anspruch auf die Vergleichsgebühr, wenn er beim Abschluss eines Vergleichs im Sinne des § 779 BGB mitgewirkt hat, dh einer Einigung der Parteien, die einen Streit oder eine Ungewissheit zwischen ihnen durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Ein Nachgeben liegt schon dann vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, überhaupt Zugeständnisse machen. Es genügt, wenn das Nachgeben gering ist, zB die Fälligkeit der Forderung, die Zinsen oder Kosten betrifft. Insbesondere kann auch ein Anerkenntnis des Schuldners als Nachgeben zu werten sein, weil die Unsicherheit der Rechtsverwirklichung nach § 779 BGB genügt und das Anerkenntnis die Verwirklichung sichert ...

Rittmann/Wenz, Gerichtskostengesetz 19. Aufl BRAGebO § 13 Anm 4; GKG § 23 Anm 2:

   "Vergleich erfordert Nachgeben nicht im juristisch-technischen Sinn, beim Kläger kann genügen, dass er sein prozessuales Ziel, eine der Rechtskraft fähige Entscheidung, aufgibt, beim Beklagten, dass er dem Kläger durch schriftliches Anerkenntnis Sicherheit bietet";

Riedel/Sußbauer, BRAGebO § 23 Note 5, 6, 9 - 11:

   "als Nachgeben genügt ein geringes Nachlassen von einer in Anspruch genommenen Rechtsstellung, auch wenn diese in Wirklichkeit gar nicht besteht";

Schumann, BRAGebO § 23 Anm III 1:

   "zum gegenseitigen Nachgeben ist notwendig, dass jeder Teil dem anderen ein Opfer bringt, wobei jedes Opfer genügt, das eine Partei auf sicht nimmt, mag es auch ganz geringfügig sein und objektiv ein Opfer überhaupt nicht vorliegen";

Martini, MDR 1961, 731, 732:

   "Nachgeben im kleinsten Punkt genügt".


Für die Einigungsgebühr nach neuem Kostenrecht wird nichts anderes zu gelten haben.

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Allgemeines:


Stichwörter zum Thema Verfahresnkosten - Prozesskosten

Prozesskosten - Verfahrenskosten - Kosten des Rechtsstreits

Abfindungsvergleich - Einigungskosten als Teil der festzusetzenden Prozesskosten nur bei ausdrücklicher Festlegung der Parteien

Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs und Kostenfestsetzung




BGH v. 25.09.2008:
Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien das vereinbart haben.

BGH v. 20.11.2008:
Die Ausarbeitung eines Entwurfs eines Vertrages, der danach abgeschlossen wird, kann - sofern damit eine auf ein Rechtsverhältnis bezogene Unsicherheit beseitigt wird - eine Mitwirkung beim Abschluss eines Einigungsvertrags im Sinne der Nr. 1000 RVG-VV bedeuten.

BGH v. 26.02.2014:
Zur Erstattungsfähigkeit einer sowohl für den Hauptbevollmächtigten als auch den Unterbevollmächtigten angefallenen Einigungsgebühr. Die Aufgabe des Unterbevollmächtigten beschränkt sich zwar auf die Vertretung im Termin (Nr. 3401 RVG-VV); bei Abschluss eines Widerrufsvergleichs ist jedoch die Mitwirkung sowohl des Haupt- als auch des Unterbevollmächtigten notwendig. Regelmäßig wird der Terminsvertreter bei Einigungsgesprächen vor Gericht mitwirken. Jedenfalls im Anwaltsprozess ist seine Mitwirkung bei der Protokollierung und Genehmigung erforderlich.

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Zum RVG:


OLG München v. 02.10.1996:
Eine Ursächlichkeit der Tätigkeit eines Anwalts für den Abschluss eines Vergleichs im Sinne von BRAGO § 23 (juris: BRAGebO) ist auch dann gegeben, wenn die Vergleichsverhandlungen zunächst gescheitert waren, die Parteien aber ohne Anwalt oder mit einem anderen Anwalt den gleichen oder einen im großen und ganzen entsprechenden Vergleich geschlossen haben.

BGH v. 28.03.2006:
Die Festsetzung einer anwaltlichen Einigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit Nrn. 1000, 1003 VV RVG im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO erfordert - wie bisher die Festsetzung einer anwaltlichen Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO (dazu BGH, Beschluss vom 26. September 2002 - III ZB 22/02, NJW 2002, 3713) -, dass die Parteien einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 ZPO haben protokollieren lassen (§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f. ZPO).

BGH v. 10.10.2006:
Das einfache Abrechnungsschreiben eines Haftpflichtversicherers und dessen Akzeptanz durch den Geschädigten führt nicht zum Entstehen einer Einigungsgebühr.

a href="../Texte/Rspr4942.php" target="_self">OLG Hamm v. 27.04.2012:
Der nach der kapitalisierten Rente (hier: Rente aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag) errechnete Vergleichsbetrag führt auch dann nicht zu einer Erhöhung des Wertes der Einigungsgebühr, wenn der Vergleichsbetrag höher als der Streitwert für das Verfahren ist. Eine Erhöhung der Einigungsgebühr findet statt, wenn ein Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages nicht anhängig ist, jedoch die Parteien im Wege des Vergleiches eine Einigung über die Beendigung des Versicherungsvertrages treffen. Die Erhöhung beträgt 20 % des 3,5 fachen Wertes der Summe von Rentenleistung und Versicherungsprämie.

OLG Rostock v. 10.07.2012:
Die übereinstimmende Erledigungserklärung stellt keinen Fall der Einigung im Sinne von Nr. 1000 RVG-VV dar.

OLG München v. 16.01.2013:
Für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers fällt eine Einigungsgebühr nur an, wenn der Streithelfer in dem Vergleich eine eigene Verpflichtung übernimmt bzw. für oder gegen ihn ein Recht begründet wird. Es genügt auch nicht eine im Vergleich getroffene Vereinbarung über die Kosten der Streithilfe, wenn diese Vereinbarung keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung vorsieht, sondern nur die in § 101 Abs. 1 ZPO enthaltene Regelung wiedergibt.

BGH v. 29.04.2020:
Die Behauptung des Auftraggebers, die Tätigkeit seines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts sei für den späteren Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs nicht ursächlich geworden, stellt eine Einwendung dar, die im Gebührenrecht ihren Grund hat und die der Festsetzung einer Einigungsgebühr im Verfahren nach § 11 Abs. 1 RVG nicht entgegensteht.

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Zur BRAGO:


Vergleich liegt vor:

Rechtsprechung:
Reguliert der Haftpflichtversicherer die Ansprüche des Geschädigten, nachdem dieser Klage eingereicht hatte, und verzichtet er seinerseits auf Kostenanträge nach § 269 III ZPO für den Fall der Klagerücknahme, so liegt ein Vergleich im Sinne des § 23 BRAGO vor, der auch die Vergleichsgebühr auslöst.

Kein Vergleich liegt vor:

KG Berlin v. 27.10.1969:
Ein Vergleich kommt nicht schon dadurch zustande, daß der Schädiger einen geringeren als vom Geschädigten geforderten Betrag zahlt und der Geschädigte sich hiermit zufriedengibt.

BGH v. 13.04.1970:
Zu der Frage, ob ein Vergleich vorliegt, wenn der Schadenersatzpflichtige im Wege einer "Abrechnung" die von ihm für objektiv gerechtfertigt oder doch für vertretbar gehaltenen Schadenbeträge dem Geschädigten anbietet (und leistet) und der Geschädigte daraufhin von der Verfolgung seiner ursprünglichen Mehrforderungen absieht.

AG Köln v. 28.05.1993:
Die Klagerücknahme nach Zahlung der Hauptforderung und nach verbindlicher Zusage der Kostenübernahme durch eine Versicherung läßt in der Regel keine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO entstehen.

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