Das Verkehrslexikon

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Vorläufiger Rechtsschutz durch Eilverfahren in Verkehrsverwaltungsverfahren - vorläufiger Rechtsschutz

Vorläufiger Rechtsschutz durch Eilverfahren in Verkehrsverwaltungsverfahren - Interessenabwägung - Vorwegnahme der Hauptsache




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Verfassungsrecht
-   Zeitablauf bis zum Sofortvollzug der Entziehung
-   Interessenabwägung
-   Vorwegnahme der Hauptsache
-   Rechtsschutz bei sofort vollziehbaren Anordnungen
-   EU-Führerschein



Einleitung:


Gemäß § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes in der ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung (StVG) hat eine Anfechtungsklage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG keine aufschiebende Wirkung.


Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kommt nur dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung bestehen oder wenn aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung anzuerkennen ist.

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Weiterführende Links:


Verwaltungsverfahren

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Allgemeines:


VG Freiburg v. 08.08.2008:
Wie die Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), sind auch die Aussetzung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO und ihr Widerruf keine mit Widerspruch/Anfechtungsklage anzufechtenden Verwaltungsakte. Rechtsschutz in diesem Zusammenhang richtet sich stets nach § 80 Abs. 5 VwGO.

OVG Münster v. 12.05.2014:
Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Fahreignung durch Cannabiskonsum reicht es aus, wenn sich die Behörde zur Rechtfertigung des Sofortvollzugs auf die allgemein bekannten Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Fahrtauglichkeit bezieht. Auf konkrete körperliche oder geistige Ausfallerscheinungen, die mit dem Cannabiskonsum zusammenhängen, kommt es nicht an, ebenso wenig wie auf die Zeitspanne, die seit dem Konsum verstrichen ist, oder auf die subjektive Befindlichkeit des Fahrzeugführers.

OVG Münster v. 14.07.2015:
In aller Regel trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung.

OVG Schleswig v. 23.01.2017:
Die Behörde darf sich bei der Anordnung des Sofortvollzugs in bestimmten Fällen auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen. Dies wird bei Fahrerlaubnisentziehungen unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr angesichts der hohen Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs vielfach der Fall sein. Des Weiteren stellen Fahreignungsmängel (lediglich) abstrakte Gefahren dar, die sich bei der Verkehrsteilnahme aufgrund allgemeiner Erfahrungswerte realisieren können, ohne aber bei jeder einzelnen Fahrt auftreten zu müssen. Entsprechend können auch die Ausführungen der Verkehrsbehörde notwendigerweise nur auf diese abstrakte Gefahrenlage abstellen. Die Begründung des Sofortvollzugs kann in diesen Fällen in der Regel auch knapp gehalten werden.

OVG Berlin-Brandenburg v. 20.10.2017:
Die Erteilung einer vorläufigen Fahrerlaubnis im Wege einstweiliger Anordnung beruht auf der Anordnungsbefugnis des Gerichts gemäß § 123 Abs. 1 VwGO und nicht auf den Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes. - Aus der Vorläufigkeit der Anordnung folgt, dass die Fahrerlaubnis ab Bestands- oder Rechtskraft einer für den Inhaber negativen Entscheidung in der Hauptsache ohne weiteres Zutun der Behörde entfällt und der Führerschein abgegeben werden muss.

VG Neustadt v. 05.07.2018:
Der Verfahrensfehler einer entgegen § 28 VwVfG unterbliebenen Anhörung des Betroffenen vor Erlass eines in seine Rechte eingreifenden Verwaltungsakts kann im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren als geheilt angesehen werden, wenn sich die Fahrerlaubnisbehörde in ihrem Antragserwiderungsschriftsatz nicht nur auf die Verteidigung der getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern eindeutig, umfassend und klar zu erkennen gibt, dass sie ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen unvoreingenommen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch bei ihrer erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Verfügung aufrechterhalten bleibt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 B 268/78.OVG – AS RP-SL 15, 167; OVG NRW, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 –, NWVBl. 2014, 322; OVG Sachsen, Beschluss vom 2. Februar 2012 – F 7 B 278/11 –, juris; VG Neustadt/Wstr., Beschlüsse vom 1. September 2015 – 3 L 726/15.NW – und 21. Januar 2015 – 3 L 1098/14.NW –, esovg).




OVGH München v. 08.06.2021:
Kann der an arterieller Hypertonie und Herzleistungsschwäche leidende Fahrerlaubnisinhaber im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren durch nachträglich beigebrachte ärztliche Bescheinigungen die Zweifel an seiner Fahreignung entkräften, führt dies zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Gutachtens.

OVG Münster v. 09.07.2021:
Im Verfahren des fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes dürfen die Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens stellt Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können. Die Gerichte müssen in derartigen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage regelmäßig nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen.

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Verfassungsrecht:


BVerfG v. 08.07.2019:
Ein Antrag, mit dem eine vorläufige Suspendierung des vom Amtsgericht und vom Landgericht verfügten Entzugs der Fahrerlaubnis begehrt wird, bleibt ohne Erfolg, wenn eine Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse offensichtlich nicht mehr zulässig erhoben werden kann, weil die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde bereits verstrichen ist.

BVerfG v. 23.06.2021:
Ist der Rechtsweg noch nicht erschöpft, da der Antragsteller weder die Abhilfe- bzw Nichtabhilfeentscheidung des AG noch die Beschwerdeentscheidung des LG abgewartet hat, führt dies zur Unzulässigkeit eines verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutzantrags.

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Zeitablauf bis zum Sofortvollzug der Entziehung:


OVG Saarlouis v. 20.10.2016:
Ein Zeitablauf von knapp drei Monaten ab der im Verlauf eines Verfahrens über den Widerspruch gegen eine Entziehung der Fahrerlaubnis gewonnenen Erkenntnis der Behörde, dass der zugrundeliegende Verdacht auf Drogenkonsum einer weiteren Aufklärung durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens bedarf, bis zur auf der Grundlage dieses Gutachtens ausgesprochenen Anordnung der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs steht (fallbezogen) nicht im Widerspruch zu der von der Behörde auf ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug gestützten Begründung der Vollziehungsanordnung.

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Interessenabwägung:


OVG Münster v. 14.07.2015:
Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen. - nach oben -




Vorwegnahme der Hauptsache:


VG Saarlouis v. 03.06.2009:
Wird im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die (vorläufige) Neuerteilung einer Fahrerlaubnis begehrt, ist neben den übrigen Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache zu fordern, dass hinsichtlich der Beurteilung der Kraftfahreignung eine andere als die mit der einstweiligen Anordnung vorläufig erstrebte Entscheidung auch in der Hauptsache ausgeschlossen erscheint bzw. diesbezüglich eine an Sicherheit grenzende Aussicht auf Erfolg besteht.

VGH Mannheim v. 15.01.2014:
Eine partielle Vorwegnahme der Hauptsache durch einstweilige Verpflichtung zur Erteilung einer Fahrerlaubnis scheidet jedenfalls aus, wenn zur Beurteilung der Fahreignung noch eine medizinisch-psychologische Untersuchung geboten ist. Dies gilt auch dann, wenn die von der Fahrerlaubnisbehörde erlassene Gutachtensanordnung rechtsfehlerhaft ist und deshalb im Hauptsacheverfahren ein Neubescheidungsausspruch in Betracht kommt.

OVG Berlin-Brandenburg v. 17.07.2015:
Es ist offen, ob eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt eines Taxifahrers unter Alkoholeinfluss mit 1,1 ‰ für ein Wiedererteilungsverfahren ohne weiteres die Notwendigkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung auslöst. Im Eilverfahren kann jedoch nicht die Wiedererteilung angeordnet werden, weil dies eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache wäre.

VG München v. 15.01.2016:
Es widerspricht dem Wesen und dem Zweck einer einstweiligen Anordnung widersprechen, wenn dem Antragsteller in vollem Umfang gewährt würde, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Allerdings gilt in Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h., wenn die Ablehnung der begehrten Entscheidung für den Antragsteller mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre.

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Rechtsschutz bei sofort vollziehbaren Anordnungen:


VG München v. 27.01.2016:
Die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes im Wege der einstweiligen Anordnung für die Fälle, in denen der streitgegenständliche Verwaltungsakt kraft Gesetzes – wie hier – sofort vollziehbar ist, widerspricht in der Regel der gesetzlichen Systematik des § 80 VwGO. In derartigen Fällen wird nur dann ausnahmsweise vorbeugender Rechtsschutz gewährt werden können, wenn dem Betroffenen anderenfalls unzumutbare Nachteile entstehen. Für vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutz gibt es in diesen Fällen daher nur dann ausnahmsweise ein rechtlich schützenswertes Interesse, wenn der Rechtsschutz über § 80 VwGO nicht möglich ist oder aber nicht ausreicht, um wesentliche Nachteile abzuwenden.

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EU-Führerschein:


Stichwörter zum Thema EU-Führerschein

EU-Fahrerlaubnis - Nutzungsuntersagung - zweitinstanzliche Eilentscheidungen von Oberverwaltungsgerichten zur sofortigen Vollziehung von Nutzungsuntersagungen

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