Die Eichung ist die vom Bundesgesetzgeber im Eichgesetz vorgeschriebene Prüfung verschiedener Messgeräte darauf ob sie die dafür jeweils geltenden eichrechtlichen Vorschriften einhalten, wobei insbesondere die Fehlergrenzen eine Rolle spielen, die sich direkt auf das Ergebnis der Messungen auswirken können.
In Deutschland ist die Eichung eine hoheitliche Aufgabe, die von den Eichämtern der Länder und den dafür anerkannten staatlichen Prüfstellen vorgenommen. Die Aufsicht über sie liegt bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt.
Abgesehen von der Möglichkeit, geeichte Geräte mit Stempeln, Gravuren usw. auszuszeichnen, aus denen sich die zeitliche Gültigkeit der Eichung ergeben kann, werden auch Urkunden in der Form von Eichscheinen erteilt, aus denen sich die Tatsache der Eichung, das Gerät und die Eichdauer ergeben.
Es wird eine formelle Gültigkeit der Eichung von einer materiellen unterschieden. Formell fehlt eine Eichung, wenn sie entweder gar nicht durchgeführt wurde oder wenn der Eichzeitraum ohne erneute Eichung abgelaufen ist. Materiell fehlt einem Gerät die vorgeschriebene Eichung, wenn es zwar auf bestimmte Funktionen kalibriert wurde, jedoch danach entweder durch Ein- oder Umbau Änderungen vorgenommen wurden oder wenn Teile eines Gesamtsystems zum Zeitpunkt der Messung noch keine eichrechtliche Zulassung hatten.
Über die Rechtsfolgen einer formell oder materiell unzulänglichen Eichung müssen die Gerichte im Streitfall entscheiden. Vielfach kann eine fehlende Eichung durch angemessene Toleranzabzüge vom gemessenen Ergebnis ausreichend ausgeglichen werden.
AG Lüdinghausen v. 27.03.2007:
Ist ein Kontrollfahrzeug zwar formell richtig geeicht, bestehen jedoch hinsichtlich der materiellen Eichung Unklarheiten, dann kann das Bußgeldverfahren zur Vermeidung unangemessenen Aufwandes eingestellt werden, wenn anzunehmen ist, das nach Einholung eines Gutachtens ein höherer Toleranzabzug vorgenommen und eine Geldbuße unterhalb der Eintragungsgrenze verhängt werden müsste.
OLG Jena v. 16.01.2008:
Ablichtungen, Abschriften und Auszüge von Originalschriftstücken können Gegenstand des Urkundsbeweises sein und gemäß § 249 Abs. 1 StPO durch Verlesen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden. Die Verlesung einer Reproduktion beweist allerdings lediglich die Existenz derselben und die Tatsache, dass sie einen bestimmten Inhalt hat. Zum Nachweis des Vorhandenseins des Originals und seines gedanklichen Inhalts ist - ggfs. mittels weiterer Beweisaufnahme - zusätzlich die Übereinstimmung mit dem Original festzustellen. Es besteht ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass die von einer Polizeibehörde gefertigte Fotokopie des Eichscheins des Geschwindigkeitsmessgerätes mangels entgegenstehender Anhaltspunkte den Schluss zulässt, dass diese mit dem Original übereinstimmt.
OLG Jena v. 31.07.2008:
Aus einer fehlenden Eichung der bei der Messung verwendeten Videokamera folgt kein Verwertungsverbot für das Ordnungswidrigkeitsverfahren. Bedenken gegen die Genauigkeit einer Geschwindigkeits- bzw. Abstandsmessung können durch einen entsprechenden Sicherheitsabschlag ausgeglichen werden.
OLG Düsseldorf v. 03.09.2012:
Der durch Schrift dokumentierte Inhalt einer Urkunde (hier: Eichschein und Messprotokoll zu einer Geschwindigkeitsmessung) kann nur durch Verlesung nach §§ 249 ff. StPO beziehungsweise nach § 78 Abs. 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Eine Augenscheinnahme der Urkunde allein reicht hierfür nicht aus.
OLG Düsseldorf v. 23.05.1995:
Allein die Verwendung nicht geeichter Geräte im Rahmen der ADH-Untersuchung und der gaschromatographischen Untersuchung führt nicht zu einem Verwertungsverbot des Gutachtens, da diese Geräte nicht der Eichpflicht unterliegen. Zwar ist es nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe e) des Eichgesetzes vom 11. Juli 1969 in der Fassung vom 23. März 1992 (BGBl. I, 711) grundsätzlich verboten, Messgeräte zur Bestimmung des Gehalts von Flüssigkeiten zur Erstattung von Gutachten für staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Verfahren ungeeicht zu verwenden. Nach § 25 Abs. 2 Eichgesetz gilt dies aber nicht für Messgerätearten, die am 1. Januar 1985 nicht eichfähig waren. Das trifft auf die hier verwendeten Geräte zu. Die Verfahren nach der ADH-Methode und der gaschromatographischen Methode wurden bereits lange Zeit vor dem 1. Januar 1985 angewendet. Die hierbei benutzten nicht eichfähigen Messgerätearten unterliegen deshalb nach § 25 Abs. 2 Eichgesetz nach wie vor nicht der Eichpflicht.
AG Lüdinghausen v. 27.03.2007:
Ist ein Kontrollfahrzeug zwar formell richtig geeicht, bestehen jedoch hinsichtlich der materiellen Eichung Unklarheiten, dann kann das Bußgeldverfahren zur Vermeidung unangemessenen Aufwandes eingestellt werden, wenn anzunehmen ist, das nach Einholung eines Gutachtens ein höherer Toleranzabzug vorgenommen und eine Geldbuße unterhalb der Eintragungsgrenze verhängt werden müsste.
OLG Rostock v. 28.03.2007:
Bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem nicht geeichten bzw. nicht justierten Tachometer in einem Polizeifahrzeug ist grundsätzlich ein Toleranzabzug von 20% der abgelesenen Geschwindigkeit notwendig, aber auch ausreichend, um bei guten allgemeinen Sichtverhältnissen grundsätzlich alle zu Gunsten des Täters in Betracht kommenden Fehlerquellen menschlicher und technischer Art zu berücksichtigen. Dabei darf der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug etwa den halben bis maximal ganzen Tachowert (in Metern), den das nachfahrende Fahrzeug anzeigt, nicht übersteigen, der Abstand sollte ungefähr gleich bleiben, die Nachfahrstrecke wenigstens rund das Fünffache des Abstandes betragen und der Tachometer in kurzen Abständen abgelesen werden.
AG Saarbrücken v. 08.01.2008:
Erfolgt die Übertragung der Wegstreckeninformation unter Verwendung zusätzlicher technischer Baugruppen wie einem Canbus, so müssen diese bei der Bauartzulassung berücksichtigt werden. Solche Datentelegramme können durchaus die bisher üblichen Wegimpulse ersetzen, ohne unzulässige Messwertbeeinflussungen zu verursachen. Zum Ausgleich für die insoweit formell fehlerhafte Eichung ist ein Tolereanzabzug von insgesamt 10% vorzunehmen.
OLG Hamm v. 16.01.2009:
Die Höhe des vorzunehmenden Sicherheitsabschlages ist Tatfrage; seine Ermittlung ist daher Sache des Tatrichters. Eine am 28.10.2005 erfolgte Eichung war nur formell korrekt, materiell war sie wegen der zur Tatzeit nicht vorhandenen, von der PTB aber geforderten, gesonderten Genehmigung einer Bauartzulassung in Bezug auf das CAN-Bus-System als fehlerhaft anzusehen, da das Messgerät mangels Zulassung damals nicht eichfähig war. Der Ausgleich erfolgt durch einen mindestens 20-%-igen Toleranzabzug.
OLG Hamm v. 28.03.2010:
Eine formell gültige Eichung eines Messgeräts ist wegen der nicht vorhandenen, jedoch von der PTB geforderten Bauartzulassung in Bezug auf das CAN-Bus-System als materiell fehlerhaft anzusehen, da das Messgerät dann nicht eichfähig ist. Ein Messgerät ist nur dann gemäß § 14a Abs. 1 Eichordnung eichfähig, wenn seine Bauart durch die PTB zur Eichung zugelassen ist. Bei einer materiell fehlerhaften Eichung sind die Grundsätze, die bei Messungen mit ungeeichten Geräten gelten, entsprechend anzuwenden.
OLG Oldenburg v. 10.05.2011:
Standardisierte Messverfahren sind grundsätzlich beweiskräftig, wenn das Messgerät geeicht ist und richtig aufgestellt und bedient wird. Zwar genügt bei standardisierten Messverfahren in den Urteilsgründen in der Regel die Angabe des Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwertes. Unterschiedlich beurteilt wird, ob das Urteil darüber hinaus grundsätzlich Feststellungen zur notwendigen Eichung des eingesetzten Messgeräts enthalten muss oder diese Feststellungen ohne konkreten Anlass entbehrlich sind, weil davon ausgegangen werden kann, dass von der Polizei eingesetzte Messgeräte grundsätzlich geeicht sind. Müssen sich aber dem Gericht Zweifel hinsichtlich der Eichung aufdrängen, dann sind Feststellung zur ordnungsgemäßen Eichung im Urteil erforderlich.
OLG Hamm v. 07.06.2011:
War ein Geschwindigkeitsmessfahrzeug bereits ordnungsgemäß für den Gebrauch mit Sommerreifen geeicht, so muss es nach einem Wechsel von Winterreifen auf wiederum Sommerreifen nicht erneut geeicht werden.
AG Alsfeld v. 10.02.2014:
Eine Geschwindigkeitsmessung ist unwirksam, wenn sie mit einem ungeeichten Messgerät durchgeführt wurde und nicht nach reparaturbedingter Entfernung von Hauptstempel, Sicherungsstempel oder Kennzeichnungen nach § 13 Abs. 2 EichO die erneute Eichung "unverzüglich" beantragt wurde.
OLG Jena v. 05.04.2007:
Zu den Mindestanforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen eines Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 4 StVZO, wenn dieser unter anderem auf eine Messung mit einem nicht geeichten Reifenprofilmessgerät und auf eine "Anschleifung“ der Tread-Wear-Indicators gestützt wird. Ist im Falle einer Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgerichts ist einer erneuten aufwendigen Beweisaufnahme zu der vorgenommenen Messung zu rechnen, die in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Sache stünde, ist die Einstellung des Verfahrens gem. § 47 Abs. 2 OWiG angemesssen.