Das Verkehrslexikon
Cannabis-Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz
Die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zum Cannabiskonsum in Rheinland-Pfalz
In diesem Bundesland nehmen die Verwaltungsgerichte Koblenz, Mainz, Neustadt a. d. W. und Trier sowie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Koblenz) die Verwaltungsrechtsprechung wahr.
Gliederung:
Oberverwaltungsgericht:
OVG Koblenz v. 13.01.2004:
Ein Fahrerlaubnisinhaber hat ein Fahrzeug unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss geführt, wenn er zum einen objektiv unter Drogeneinfluss gestanden hat. Dies ist in Anknüpfung an den durch die Grenzwertkommission am 20. November 2002 festgesetzten Grenzwert der Fall, wenn der Fahrer 1,0 ng THC pro ml Blut bei der Fahrt aufgewiesen hat. Zum anderen ist zu verlangen, dass bei dem Fahrerlaubnisinhaber cannabisbedingte Beeinträchtigungen aufgetreten sind, die im Allgemeinen Auswirkungen auf die Sicherheit des Straßenverkehrs haben können. Dies ist bei einem Blutbefund von 2,0 ng/ml THC gegeben, wenn der Betroffene bei der Kontrolle zwar eine normale Pupillenreaktion zeigt, jedoch sprunghaft sein Fahrzeug verlässt, redselig ist und einen aufgeregten Eindruck macht. Die Fahrerlaubnis ist dann ohne weitere Überprüfungsmaßnahmen zu entziehen.
OVG Koblenz v. 10.05.2006:
Ein nur gelegentlicher Cannabiskonsum reicht für sich allein nicht aus, um die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges feststellen zu können. Vielmehr bedarf es dazu des zusätzlichen Nachweises einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss. Bis zu dem Abschluss des auf Klärung dieser Frage gerichteten Strafverfahrens fehlt der Fahrerlaubnisbehörde die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis.
OVG Koblenz v. 02.01.2007:
Glaubhafte Konsumangaben, die ein Betroffener nach entsprechender Belehrung vor der Polizei macht, sind auch dann im späteren Verwaltungsverfahren verwertbar, wenn sie später widerrufen werden.
OVG Koblenz v. 03.06.2008:
Zur Rechtmäßigkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, das dem Betroffenen erst knapp 3 Jahre, nachdem bei ihm bei einer Verkehrskontrolle der Mischkonsum von Amphetamin, Cannabis und Alkohol festgestellt worden war, aufgegeben wurde.
OVG Koblenz v. 04.12.2008:
Verläuft nach einem Fund von 9,67 g Marihuana im Auto eines Betroffenen der Drogenvorstest negativ und haben sich auch keine sonstigen rauschbedingten Ausfallerscheinungen gezeigt, dann darf aus diesem einmaligen Fund zwar möglicherweise auf Eigengebrauch, nicht jedoch auf fehlendes Trennvermögen geschlossen werden. Die Anordnung eines Drogenscreenings ist dann rechtswidrig. Dessen Verweigerung führt nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis.
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Verwaltungsgerichte:
VG Mainz:
VG Mainz v. 13.12.2007:
Ist die in einer Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gesetzte Frist zu kurz bemessen, so dass fristgerecht wegen des erforderlichen Abstinenznachweises kein positives Gutachten erstellt werden kann, ist - nach der Versagung einer Fristverlängerung - die allein hierauf gestützte Führerscheinentziehung rechtswidrig. Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Eine Vorlagefrist von hier nur 9 1/2 Wochen ist zu kurz.
VG Mainz v. vom 23.06.2008:
Führt der Betroffene im öffentlichen Verkehr ein Kfz mit einer aktiven THC-Konzentration von mehr als 1,0 ng/ml und räumt er im Verfahren ein, dass er gelegentlich Cannabis konsumiert, ist ihm die Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit zu entziehen.
VG Mainz v. 02.10.2008:
Die Anordnung eines Drogenscreenings und die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens auf Kosten des Betroffenen ist nicht zu beanstanden, wenn dieser im Auto 9,67 g Cannabis von den NL eingeführt und es in seinem PKW, dessen einziger Insasse er ist, nach Cannabis gerochen hat. Dem steht nicht entgegen, dass ein Drogenschnelltest negativ verlaufen ist. Nach der Verweigerung der Durchführung des Drogenscreenings ist der Führerschein zu entziehen. Dies steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 -.
VG Mainz v. 07.06.2010:
Gelegentlicher Cannabiskonsum liegt im Fahrerlaubnisrecht vor, wenn er über den lediglich einmaligen, experimentellen Gebrauch hinaus geht und noch nicht das Stadium des regelmäßigen Konsums erreicht hat. Im Falle einer spontanen Blutentnahme ist bereits ab einem THC-Carbonsäure-Wert von etwa 10 ng/ml von einem gelegentlichen Cannabiskonsum auszugehen. An dem Trennungsvermögen zwischen Cannabiseinnahme und Fahren fehlt es, wenn der Betroffene unter verkehrsrechtlich relevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt, das heißt, wenn sein Blut entweder eine THC-Konzentration von über 2,0 ng/ml oder eine solche Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml aufweist, sofern der Fahrer zusätzliche Auffälligkeiten zeigt, die im Allgemeinen Auswirkungen auf die Sicherheit des Straßenverkehrs haben können.
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VG Neustadt:
VG Neustadt v. 23.05.2005:
Keine Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Konsum von Amphetaminen, wenn ohne Abstinenznachweis durch Drogenscreenings nach einem MPU-Gutachten zweifelhaft bleibt, ob weiterhin Drogen konsumiert werden.
VG Neustadt v. 22.06.2006:
Regelmäßiger Cannabiskonsum führt nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV zur Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges.
VG Neustadt v. 03.01.2007:
Bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis (Wert zwischen 5,0 ng/ml und 75 ng/ml THC-Carbonsäure) ist für die Annahme der Fahreignung Voraussetzung, dass kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Andernfalls überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit am Sofortvollzug, Personen, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, unverzüglich von der aktiven motorisierten Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr auszuschließen.
VG Neustadt v. 29.03.2007:
War der Führerscheininhaber aufgrund beruflich bedingt ortsabwesend und hat ihn deshalb die Aufforderung der Fahrerlaubnisbehörde, sich einem Drogenscreening zu unterziehen, nicht innerhalb der Frist erreicht, so war er aus nachvollziehbaren Gründen gehindert, die Untersuchung fristgerecht durchzuführen. Die Fahrerlaubnisbehörde kann dabei nicht von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen des Betroffenen ausgehen.
VG Neustadt v. 24.07.2007:
Zum regelmäßigen Konsum und zum erforderlichen Abstinenzzeitraum
VG Neustadt v. 28.12.2011:
Die Aufforderung zur Vorlage einer MPU nach dem Führen eines KfZ mit einer THC-Konzentration von 1,8 ng/ml im Blut darf nur dann auf gutachterlich zu klärende Fragen nach allen Drogen im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes erstreckt werden, wenn dies besonders begründet ist und Anhaltspunkte für derartige Zweifel bestehen.
VG Neustadt v. 03.09.2012:
Die Fahrerlaubnisbehörde darf von einem Kraftfahrer, der unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt hat, auch im Hinblick auf die Eignung zum Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangen.
VG Neustadt v. 29.04.2013:
Eine Fahrerlaubnisinhaberin muss sich an der nach Belehrung als Beschuldigte von ihr selbst unterzeichneten Erklärung festhalten lassen, dass sie mehrfach Amphetamin zum Eigenkonsum erworben hat. Allein das Bestehen einer Schwangerschaft begründet noch keine Zweifel an der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Konsum harter Drogen im Sinn der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV.
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VG Trier:
VG Trier v. 15.06.2005:
Werden bei einer Kontrolle sowohl 0,54 ‰ Blutalkohol wie auch 13 ng/ml THC-COOH - jedoch kein aktives THC - festgestellt, dann muss die Fahrerlaubnis des Betroffenen wegen des Mischkonsums entzogen werden, auch wenn sich nicht nachweisen lässt, dass er ein Fahrzeug im Verkehr geführt hat.
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