Das Verkehrslexikon

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Beigeordneter Rechtsanwalt / Pflichtverteidiger

Beigeordneter Rechtsanwalt / Pflichtverteidiger




Gliederung:


-   Weiterführende Links
Bußgeldsachen
Vollmacht
Pflichtverteidigung / Beiordnung
Widerruf der Beiordnung
Wegfall der Zukassung
Adhäsionsverfahren
Notanwalt
Vergütungsfestsetzung gegen die Staatskasse



Weiterführende Links:


Verteidigung in Straf- und OWi-Sachen

Prozesskostenhilfe - PKH - Beratungshilfe

Beratungshilfe

Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltskosten

Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten

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Bußgeldsachen:


Stichwörter zum Thema Ordnungswidrigkeiten

LG Berlin v. 24.09.2018:
Über die Verteidigerbestellung nach § 140 Abs. 2 StPO entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Eine Pflichtverteidigerbestellung in Bußgeldverfahren ist nur in Ausnahmefällen geboten, wenn die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers erfordern oder ersichtlich ist, dass sich der Betroffene nicht selbst verteidigen kann.

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Vollmacht:


Die Vollmacht des Rechtsanwalts

OLG Hamm v. 03.04.2014:
Ebenso wie der Wahlverteidiger bedarf auch der Pflichtverteidiger zur Vertretung des Angeklagten in der Hauptverhandlung einer besonderen schriftlichen Vollmacht. Wird dem Wahlverteidiger eine solche Vollmacht erteilt,verliert diese mit der Niederlegung des Wahlmandats und der Bestellung zum Pflichtverteidiger ihre Wirksamkeit.

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Pflichtverteidigung / Beiordnung:


OLG Stuttgart v. 08.11.2001:
Schwierig im Sinne von § 140 Abs. 2 StPO ist die Rechtslage, wenn bei Anwendung des materiellen oder des formellen Rechts auf den konkreten Sachverhalt bislang nicht ausgetragene Rechtsfragen entschieden werden müssen.

OLG Brandenburg v. 26.01.2009:
Die Rechtslage ist schwierig im Sinne von § 140 Abs. 2 StPO, wenn es bei der Anwendung des materiellen oder formellen Rechts auf die Entscheidung nicht ausgetragener Rechtsfragen (hier: Verwertungsverbot bei Anordnung der Blutentnahme unter Verletzung des Richtervorbehalts) ankommt.

OLG Dresden v. 30.08.2010:
In Bußgeldsachen kann die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten sein, wenn eine schwierige Rechtslage durch die bisher fehlende Austragung von Rechtsfragen vorliegt.

OLG Köln v. 27.10.2011:
Es ist von einem Fall notwendiger Verteidigung im Bußgeldverfahren auszugehen, wenn in der Hauptverhandlung eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich ist, ob das Ergebnis eines Blutalkoholgutachtens wegen Verletzung des Richtervorbehalts einem Verwertungsverbot unterliegt.

LG Stuttgart v. 13.12.2012:
Mangels Vorliegen einer schweren Tat kommt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO bei einem Rotlichtverstoß, der mit einer Geldbuße von 200 Euro und 1 Monat Fahrverbot geahndet wird, nicht in Betracht (Vorwurf: Rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt).



OLG Naumburg v. 30.05.2013:
Wird der Antrag, den Verteidiger als Pflichtverteidiger beizuordnen, zu Unrecht abgelehnt, liegt in dem Verhalten des Verteidigers, sich während der Hauptverhandlung in den Zuschauerraum zu setzen, wodurch der Angeklagte zweitweise unverteidigt war, keine Pflichtwidrigkeit, weil ihm anderenfalls die Möglichkeit genommen wird, die in der Nichtbeiordnung liegende Rechtsverletzung im Revisionsverfahren zu beanstanden.

OLG Dresden v. 19.09.2013:
Eine Entlastung des Angeklagten von den Kosten einer durch prozessuale Vorsorge veranlassten zusätzlichen Pflichtverteidigung sieht das Gesetz auch dann nicht vor, wenn er sich ausdrücklich gegen eine solche Maßnahme stellt (vergleiche BVerfG, 28. März 1984, 2 BvR 275/83, NStZ 1984, 561).

OLG Hamburg v. 19.11.2015:
Hat sich der Verletzte auf eigene Kosten oder im Wege von Prozesskostenhilfe eines anwaltlichen Beistands versichert, folgt aus diesem möglichen strukturellen Verteidigungsdefizit noch keine zwingende Beiordnungsnotwendigkeit zugunsten des Angeklagten. - Notwendig aber auch hinreichend ist eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte gerichtliche Prüfung der Fähigkeit des Angeklagten zur Selbstverteidigung, in die namentlich die rechtlichen Befugnisse des Verletzten einerseits und das Verteidigungsverhalten des Angeklagten sowie die Komplexität von Anklagevorwurf und Beweislage andererseits einzustellen sind.

LG Hannover v. 23.01.2017
Einem Angeklagten ist ein Pflichtverteidiger wegen Schwierigkeit der Rechtslage auch dann zu bestellen, wenn sich Fragestellungen aufdrängen, ob eine Beweisergebnis einem Verwertungsverbot unterliegt (Anschluss OLG Brandenburg, 26. Januar 2009, 1 Ws 7/09, NJW 2009, 1287). - In einem Verfahren wegen Verkehrsunfallflucht ist dies der Fall, wenn die Frage in Rede steht, ob Angaben des Angeklagten gegenüber einem Polizeibeamten verwertet werden können, obgleich er von dem Vernehmungsbeamten nicht als Beschuldigter belehrt worden ist. Zur Ausrichtung der Verteidigungsstrategie ist eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Berufen auf ein Beweisverwertungsverbot verfahrenstaktisch sinnvoll ist, unerlässlich und für den juristisch nicht vorgebildeten Angeklagten nur nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt zu beantworten. Fernerhin können die insofern relevanten Rechtsfragen regelmäßig nur nach vollständiger Aktenkenntnis geprüft werden.

LG Braunschweig v. 19.04.2017:
Die Sachlage (Vorwurf des § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB) kann für den Angeklagten (Heranwachsender) dann als schwierig zu beurteilen sein, wenn ein Sachverständigengutachten das entscheidende Beweismittel gegen den Angeklagten darstellt.

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Widerruf der Beiordnung:


BGH v. 31.01.1990:
Der Widerruf der Bestellung eines Pflichtverteidigers, der das Vertrauen des Beschuldigten besitzt, berührt die Verteidigungsbelange auf das stärkste. Der Widerruf der Bestellung eines Pflichtverteidigers setzt einen wichtigen Grund voraus. Es müssen Umstände vorliegen, die den Zweck der Pflichtverteidigung ernsthaft gefährden. Ein rasches Hinwegsetzen des abgelehnten Richters über die Verteidigungsinteressen ist unzulässig und kann die Besorgnis der Befangenheit begründen.

BGH v. 29.06.2020:
Voraussetzung für die Aufhebung einer Beiordnung ist, dass konkrete Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ergibt. Differenzen zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Angeklagten über die Verteidigungsstrategie rechtfertigen für sich genommen die Entpflichtung nicht. Ein wichtiger Grund wird eher fernliegen oder gar ausgeschlossen sein, wenn die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses vom Beschuldigten schuldhaft herbeigeführt wurde.

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Wegfall der Zulassung:


BGH v. 30.08.2022:
Wenn es sich um einen Fall notwendiger Verteidigung handelt (§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 StPO), begründet die alleinige Mitwirkung des nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassenen „Scheinverteidigers“ an der Hauptverhandlung den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO.

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Adhäsionsverfahren:


OLG Karlsruhe v. 23.08.2018:
Die Bestellung des Pflichtverteidigers erstreckt sich nicht auf dessen Tätigkeit im Adhäsionsverfahren.

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Notanwalt:


Die Bestellung eines Notanwalts

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Vergütungsfestsetzung gegen die Staatskasse:


OLG Oldenburg v. 24.09.2007:
Die Verurteilung wegen einer wesentlich leichter wiegenden Straftat als angeklagt rechtfertigt eine teilweise Auferlegung der Auslagen des Angeklagten auf die Staatskasse nach § 465 Abs. 2 StPO auch unter dem Gesichtspunkt eines “fiktiven Teilfreispruchs” jedenfalls dann nicht, wenn der Angeklagte als Jugendlicher von den Kosten und Auflagen bereits nach § 74 JGG freigestellt worden ist und sein Pflichtverteidiger aus der Staatskasse honoriert worden ist.

OLG Saarbrücken v. 24.08.2010:
Aktenumfang, kurze Einarbeitungszeit und Anzahl der gehörten Zeugen werden durch eine geringe Terminsdichte und die - für eine Sache vor dem Jugendrichter - unterdurchschnittliche Terminsdauer weitgehend kompensiert, wenn sich der jeweilige Zeitaufwand für die Vertretung in der Hauptverhandlung auch unter Berücksichtigung der mit den Terminsgebühren mit abgegoltenen Vor- und Nachbereitungszeit nicht außerhalb des für eine Strafsache vor dem Jugendrichter üblichen Aufwands eines Pflichtverteidigers bewegt.



OLG Dresden v. 19.09.2013:
Das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 66 Abs. 2 GKG in der Fassung vom 30. Juli 2009 gegen den Kostenansatz ist allein wegen einer Verletzung des Kostenrechts statthaft. Die Rüge der ungenügenden Einsatzbereitschaft eines Pflichtverteidigers betrifft stattdessen die Anspruchsberechtigung des Rechtsanwalts dem Grunde nach; damit kann ein Beschwerdeführer in diesem Rechtsbehelfsverfahren nicht gehört werden. - Es darf auch nicht geprüft werden, ob die Anordnung, welche die Auslagen verursacht hat - hier die Aufrechterhaltung der Pflichtverteidigerbestellung durch die Zurückweisung des entsprechenden Entpflichtungsantrags - rechtsfehlerfrei gewesen ist. Hierfür ist ein eigenständiges Anfechtungsverfahren (Beschwerde gemäß § 304 StPO) eröffnet.

KG Berlin v. 16.05.2014:
Für den Antrag nach § 55 RVG und damit auch für die Erklärung nach § 55 Abs. 5 Satz 2 RVG ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Auf den durch § 45 Abs. 3 Satz 1 RVG begründeten öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruch des bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ist die Bestimmung des § 10 RVG nicht anwendbar.

BGH v. 01.06.2015:
Bei der Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 RVG ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat (Bestätigung OLG Saarbrücken, 24. August 2010, 1 AR 2/09).

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