MPU-Gutachten-Anforderung und Verwaltungsverfahren - Gutachtenverwertung - rechtswidrige Anordung - Ermessensentscheidung - Verkehr der FSST mit dem MPI
MPU-Gutachten-Anforderung und Verwaltungsverfahren
VGH München v. 13.12.2005:
Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, dass sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich
VGH München v. 13.12.2005:
Eine Verwechslung von Blutproben stellt einen hochgradig atypischen Sachverhalt dar, so dass der Beteiligte, der eine derartige Gegebenheit behauptet, konkret und nachvollziehbar dartun muss, warum es in seinem Fall zu einem solchen Ablauf gekommen sein soll. Solange es an einem diesbezüglichen, durch geeignete Nachweise untermauerten Vortrag fehlt, besteht für die Behörde keine Veranlassung, ihrerseits einschlägige Ermittlungen anzustellen
VG Neustadt v. 16.03.2005:
Zur Fragestellung bei MPU-Anordnung, Verbot des Führens von Fahrrädern und Pflicht der FE-Behörde, der Teilnahme an einem Kurs gem. § 70 FeV zuzustimmen
VG Stade v. 22.09.2005:
Zwar ist die Anordnung einer MPU nicht rechtmäßig, wenn beim Vorliegen zweier Ordnungswidrigkeiten unter Alkoholeinfluss gem. § 24 a StVG der erste Verstoß wegen der vorgeschriebenen Tilgung nach 2 Jahren nicht mehr verwertbar ist, jedoch darf ein dennoch vorliegendes negatives Gutachten nicht unberücksichtigt blieben, sondern gibt allenfalls Anlass, ein zweites MPU-Fahreignungsgutachten zu beauftragen.
BVerwG v. 09.06.2005:
Ist die Fahrerlaubnis wegen eines Drogendelikts im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entzogen worden, so ist bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 FeV nicht mehr zulässig, wenn die Tat wegen Zeitablaufs einem Verwertungsverbot unterliegt
OVG Koblenz v. 12.05.2003:
Zum Vertrauensschutz nach einer Erteilung einer Fahrerlaubnis trotz an sich gegebenen MPU-Erfordernisses
VG Sigmaringen v. 15.02.2005:
Verwertung eines alten in der FS-Akte befindlichen Gutachtens auch noch nach der Tilgung sämtlicher Eintragungen, solange die 10-jährige Vernichtungsfrist noch nicht erreicht ist
VG Düsseldorf v. 21.02.2005:
Bestehen nach einem ärztlichen Gutachten noch Zweifel an der Fahreignung und weigert sich der Betroffene, ein positives MPU-Gutachten vorzulegen, darf auf Ungeeignetheit geschlossen und die Fahrerlaubnis sofort entzogen werden.
VG Neustadt v. 27.07.2005:
Die Fahrerlaubnisbehörde ist nicht berechtigt, ohne Einwilligung des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers bei der amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung eine ergänzende Stellungnahme zu einem ihr vorgelegten Fahreignungsgutachten einzuholen.
OVG Greifswald v. 22.05.2013:
Bleiben versehentlich nicht verwertbare Unterlagen bei der der Untersuchungsstelle übermittelten Akte, ist dies rechtswidrig bzw. steht in Widerspruch zu § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV. Derartige Fehler gehen grundsätzlich ohne Weiteres zu Lasten der Behörde, mittelbar dadurch, dass sie die Nichtverwertbarkeit des auf der Grundlage solchermaßen fehlerhafter Unterlagen erstellten Gutachtens nach sich ziehen können. Das gesetzliche Verwertungsverbot nach Maßgabe von § 29 Abs. 8 Satz 1 StVG greift auf jeder Stufe des Verfahrens betreffend die Beurteilung der Eignung des Antragstellers: Auch der Gutachter darf die betroffene Tat und Entscheidung dem Betroffenen nicht mehr vorhalten bzw. zu seinem Nachteil verwerten.
Hat die fehlerhafte Übersendung nicht verwertbarer Unterlagen an die Untersuchungsstelle kausal zur Folge, dass die Frage der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen aktuell noch nicht beurteilt werden kann, kann dem Antragsteller gestützt auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch im einstweiligen Anordnungsverfahren ein Anordnungsanspruch dergestalt zustehen, dass der Antragsgegner ihn vorläufig so stellen muss, als wenn bislang auf die Gutachtenanordnung hin noch keine Begutachtung durch eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung erfolgt wäre.
BVerwG v. 19.03.1996:
Hat sich ein Fahrerlaubnisinhaber einer angeordneten medizinisch-psychologischen Begutachtung gestellt und liegt das Gutachten der Behörde vor, so ist dies eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat; ihre Verwertbarkeit hängt nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung ab.
VG Neustadt v. 05.05.2008:
Hat sich der Betroffene der angeordneten Begutachtung gestellt und liegt der Behörde das Gutachten vor, so ist dies eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat; ihre Verwertbarkeit hängt dann nicht mehr von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung ab.
VGH München v. 26.11.2014:
Der Nachweis des für einen Abstinenznachweis erforderlichen Trennungsvermögens kann wegen der ihm immanenten psychologischen Komponente nicht durch ein nachträglich vorgelegtes fachärztlichen Gutachtens, sondern nur durch ein medizinisch-psychologisches (MPU-)Gutachten geführt werden.
BVerwG v. 15.12.1989:
Vor der Anordnung einer MPU ist eine Anhörung des Betroffenen nicht nötig
VGH Mannheim v 28.10.2004:
Vor der Anordnung einer MPU oder eines ärztlichen Gutachtens ist weder eine Anhörung noch gar eine Beweisaufnahme über die die Anordnung rechtfertigenden Tatsachen nötig
BVerwG v. 31.07.1985:
Letzter maßgeblicher Zeitpunkt zur Behebung von Eignungszweifeln ist der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides
VGH München v. 30.11.1998:
Die rückwirkende Ausräumung von Eignungszweifeln (bezogen auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides) ist noch in der Berufungsinstanz zulässig
VGH Mannheim v. 14.09.2004:
Aufgrund von Vorschriften der StPO und des EGGVG (GVGEG) darf die Staatsanwaltschaft auf Anforderung der Fahrerlaubnisbehörde eine Abschrift eines Strafurteils an diese übersenden, wenn diese im Rahmen der Überprüfung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisbewerbers von der Verurteilung als solcher in zulässiger Weise Kenntnis erlangt hat. Die Verwertung eines derartigen Urteils ist auch dann zulässig, wenn sich im BZR oder im VZR keine Eintragung darüber befindet.