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"Mit dem gegen ein bußgeldrechtliches Fahrverbot inflationär eingewandten, aus der zivilrechtlichen Judikatur übernommenen Schlagwort des sog. 'Augenblicksversagens‘ wird - wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausführt - begrifflich zunächst nur ein (Fehl-) Verhalten bzw. 'Versagen‘ des Betroffenen umschrieben, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Handelnde für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, nämlich nur für einen 'Moment‘ oder nur für einen 'Augenblick' lang die im Verkehr gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Allein hieraus lässt sich allerdings nicht schon ein ausreichender Anlass ableiten, den Schuldvorwurf herabzustufen, sofern - wie hier - alle sonstigen (objektiven) Merkmale der groben Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz1 1. Alt. StVG ohne weiteres gegeben sind. Denn eine Vielzahl der Fälle unbewusster Fahrlässigkeit, insbesondere bei Regelverstößen im Straßenverkehr, beruht gerade darauf, dass der Handelnde für eine nur kurze Zeit unaufmerksam ist und das an ihn gerichtete Gebot oder Verbot übersieht (BGH, Urteil vom 08.07.1992 - IV ZR 223/91 = BGHZ 119, 147/149 f. = NJW 1992, 2418 = DAR 1992, 369 = VerkMitt 1992, Nr. 78 = ZfS1992, 378 = VRS 84 [1993], 18; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11.09.1997 - 4 StR 638/96 = BGHSt 43, 241/249 ff. = NJW 1997,3252 = NZV 1997, 525).
b) Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung mit Blick auf die Anordnung, die Dauer oder den Umfang eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots setzt vielmehr stets die Feststellung weiterer, in der Person des Handelnden liegender besonderer Umstände voraus, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände in einem gegenüber dem Regelfall milderen Licht erscheinen lassen (BGH a.a.O.; vgl. zuletzt auch OLG Düsseldorf DAR 2015, 213). Derartige besondere Umstände, etwa ein unübersichtliches, besonders schwieriges, überraschendes oder gar verwirrendes Verkehrsgeschehen, die im Einzelfall einen Wegfall des Fahrverbots rechtfertigen könnten, zeigen die Feststellungen und Wertungen des Amtsgerichts indes gerade nicht auf und legen ein solches auch nicht nahe. Jede andere Sicht der Dinge wäre mit der Intention des Verordnungsgebers unvereinbar, wonach grundsätzlich, nämlich soweit der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKatV erfüllt ist, das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG indiziert ist, weshalb es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf."
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