"Der Unfall ereignete sich auf einem Parkplatz ohne jegliche Markierungen oder bauliche Abhebungen zwischen einer Fahrtrasse und Parkflächen. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung sind auf dem - hier vorliegenden - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar. Teilweise wird hieraus gefolgert, § 9 V StVO, wonach sich der Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, und er sich erforderlichenfalls einweisen lassen muss, sei auch auf Parkplätzen unmittelbar anwendbar. Die wohl überwiegende Auffassung stellt darauf ab, dass die Vorschrift primär dem Schutz des fließenden und deshalb typischerweise schnelleren Verkehrs dient und mithin bei einem Parkplatzunfall nicht unmittelbar anwendbar ist (vgl. OLG Koblenz, DAR 2000, 84; OLG Stuttgart, NJW 2004, 2255, 2256; OLG Jena, NZV 2005, 432; OLG Dresden, NZV 2007, 152; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2015, 223 Rn. 29 ff.; LG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 541 f.; DAR 2013, 520, 521; NJW-RR 2014, 1310). Auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter - wie vorliegend - sei anstelle des § 9 V StVO das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme nach § 1 II StVO zu beachten. Danach muss sich ein Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Nach dieser Auffassung soll die Vorschrift des § 9 V StVO bei Unfällen auf Parkplätzen allerdings mittelbar anwendbar oder deren Wertung im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 II StVO zu berücksichtigen sein. Da auf Parkplätzen stets mit ausparkenden und rückwärtsfahrenden Fahrzeugen zu rechnen sei, müssten Kraftfahrer hier so vorsichtig fahren, dass sie jederzeit anhalten könnten (vgl. OLG Köln, VersR 1995, 719; KGR Berlin 2000, 401, 404 und VRS 104, 24, 26; OLG Koblenz, VersR 2001, 349, 350; OLG Hamm, VRS 99, 70, 71; LG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 476, 477 und NJW-RR 2013, 541, 542; Freymann, DAR 2013, 73). Das gelte in besonderem Maße für den rückwärtsfahrenden Verkehrsteilnehmer. Bei ihm sei die besondere Gefährlichkeit des Rückwärtsfahrens mit einzubeziehen, die wegen des eingeschränkten Sichtfeldes des Rückwärtsfahrenden für den rückwärtigen Verkehr bestehe. Entsprechend der Wertung des § 9 V StVO müsse er sich deshalb so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten könne. Der Senat vertritt seit langem die zuletzt genannte Auffassung. Sie wird den Unterschieden zwischen dem fließenden Verkehr einerseits und der besonderen Situation auf einem Parkplatz andererseits besser gerecht. Nach der Rechtsprechung zu § 9 V StVO spricht der Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden, wenn es in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren zu einem Zusammenstoß kommt (vgl. etwa OLGR Celle 2007, 585; OLG Dresden, Schaden-Praxis 2010, 174; OLG München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 10 U 4431/09, juris Rn. 17 f.)." |