Beim Cannabisgebrauch werden für das Fahrerlaubnisrecht verschiedene Konsumgrade ("einmalig" - "Probierkonsum" - "gelegentlich" - " "regelmäßig") unterschieden.
An den jeweiligen Konsumgrad knüpfen sich ggf. verschiedene Rechtsfolgen, wobei es auf weitere Merkmale ankommen kann (Trennung von Konsum und Verkehrsteilnahme, Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, Konsum auch anderer Rauschmittel usw.).
Auch um überhaupt ihren weiteren Maßnahmen eine bestimmte Konsumform zu Grunde legen zu können, muss oftmals zunächst einmal durch ein ärztliches Gutachten festgestellt werden, in welchem Umfang der Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber konsumiert bzw. konsumiert hat.
VG Hamburg v. 02.05.2003:
Die Fahrerlaubnisentziehung aufgrund Cannabiskonsums ist trotz der Weigerung, ein medizinisches Gutachten beizubringen, nicht rechtmäßig, wenn die nur gelegentliche Einnahme von Cannabis bekannt ist, bereits durch ein Drogenscreening abgeklärt wurde und keine Umstände für eine zwischenzeitliche Änderung der Konsumgewohnheiten sprechen.
VG Freiburg v. 09.01.2006:
In Rechtsprechung und Literatur besteht kein Konsens darüber, ob eine exakte Abgrenzung der Konsumformen bei Cannabis (regelmäßig, gelegentlich, einmalig) allein anhand der für THC und THC-COOH ermittelten Werte (hier: 1,2 ng/ml THC und 12 ng/ml THC-COOH) möglich ist. Kann dem Fahrerlaubnisinhaber im Eilverfahren die Behauptung, er habe nur einmalig konsumiert, nicht ohne weiteres widerlegt werden, muss mit sachverständiger Hilfe geklärt werden, ob die für THC und THC-COOH ermittelten Werte auf mehrfachen Konsum schließen lassen. In diesem, nicht durch § 14 FeV geregelten Fall bleibt im summarischen Eilverfahren Platz für eine Interessenabwägung zu Lasten des Fahrerlaubnisinhabers und zu Gunsten des Vollzugsinteresses.
OVG Magdeburg v. 18.07.2006:
Wird die Fahrerlaubnis neu erteilt, nachdem ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine längere Drogenabstinenz vorliegt, so stellt der frühere Drogenkonsum ein abgeschlossenes Ereignis dar, das keinen für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "gelegentlich" relevanten Zusammenhang mit einem späteren - einmaligen - Cannabiskonsum nach der Neuerteilung aufweist.
VGH München v. 16.08.2006:
Die Beweislast für "gelegentlichen Konsum" liegt bei der Fahrerlaubnisbeörde. Dem Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers oder -bewerbers kommt im Verwaltungsverfahren hierbei nur insofern Bedeutung zu, als von einem gelegentlichen Gebrauch dieses Betäubungsmittels dann ausgegangen werden kann, wenn ein solches Verhalten eingeräumt wird. Ist das nicht der Fall, darf eine Fahrerlaubnis ohne weitere Sachverhaltsaufklärung nur entzogen oder ihre Erteilung nur abgelehnt werden, wenn die Behörde die "Gelegentlichkeit" des Konsums zweifelsfrei nachweisen kann.
VGH München v. 13.05.2013:
Auf die Erkenntnisse über das Abbauverhalten von THC darf insoweit zurückgegriffen werden, als sich aus ihnen - gleichsam im Wege des Ausschlussverfahrens - "negative" Aussagen dergestalt herleiten lassen, dass ein für einen bestimmten Zeitpunkt eingeräumter oder sonst feststehender Konsum von Cannabis keinesfalls (alleine) für die Konzentrationen ursächlich gewesen sein kann, die in einer später gewonnenen Blutprobe vorhanden waren. Ein „normaler“ auf die Aufnahme einer wirksamen, ca. 15 mg THC umfassenden Einzeldosis beschränkter Konsum von Cannabis kann in der Regel nur bis zu sechs Stunden im Blut nachgewiesen werden.
VGH München v. 01.10.2012:
Teilt die Polizei einen Sachverhalt mit, bei dessen Ermittlung sie gegen Rechtsvorschriften verstoßen hat, führt das nicht unbedingt zu einem Verwertungsverbot für das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren. Denn aus der behördlich angeordneten Fahrerlaubnisentziehung ergeben sich keine Auswirkungen für das im Hinblick auf den betreffenden Vorfall durchgeführte Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Andererseits dürfen auch im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren jedenfalls solche Erkenntnisse nicht berücksichtigt werden, die unter Missachtung fundamentaler Rechtsgrundsätze gewonnen wurden. Hierzu gehören jedenfalls alle Verstöße, bei denen die Menschenwürde des Betroffenen verletzt wird.
Verweigerung von Konsumangaben seitens des Betroffenen:
VGH München v. 01.10.2012:
Kommt der Betroffene im Verwaltungsstreitverfahren einer Aufforderung des Gerichts, Angaben zu seinen Konsumgewohnheiten zu machen, nicht nach, dann kann dies zu seinem Nachteil verwendet werden. Grundsätzlich hat jeder Prozessbeteiligte den Prozessstoff umfassend vorzutragen, also auch bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken; das gilt insbesondere für die „in seine Sphäre fallenden Ereignisse“. Dass die Angaben über Art, Umfang und Regelmäßigkeit seines Cannabiskonsums nur der Konsument selbst machen kann, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Dass im Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, das dem Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuzurechnen ist, kein Recht besteht, etwaige Fahreignungsmängel zu verbergen, zeigt bereits die Regelung des § 11 Abs. 8 FeV.
VGH München v. 16.08.2006:
Es steht der Bejahung eines einmaligen Gebrauchs dieses Betäubungsmittels nicht entgegen, wenn jemand seinem Körper in so engem zeitlichem Zusammenhang mehrere Konsumeinheiten dieser Droge zugeführt hat, dass von einem einheitlichen Lebensvorgang gesprochen werden muss (ebenso OVG Bbg vom 13.12.2004 Blutalkohol 2006, 161/163 für den Fall, dass im Verlauf einer mehrstündigen Feier mehrere cannabishaltige Zigaretten geraucht wurden). Denn zum Wesen des Probierkonsums gehört es nachgerade, dass der Handelnde ausloten will, wie sich Cannabis auf seine Befindlichkeit auswirkt.
VGH München v. 25.01.2016:
Ein einmaliger Konsum kann nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurück liegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat
VG Schleswig v. 12.02.2007:
Unklare Aussagen des Betroffenen nach einer Rauschfahrt, wieso es nach 10 Jahren zu einem einmaligen Konsum gekommen sei, rechtfertigen zusammen mit dem Fund von 2 g Marihuana den Sofortvollzug des Fahrerlaubnisentzugs, auch wenn noch nicht feststeht, dass der Betroffene gelegentlich konsumiert und noch kein THC-COOH-Wert vorhanden ist.