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Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen bei Kleinschäden unterhalb der sog. Bagatellschadensgrenze

Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen bei Kleinschäden unterhalb der sog. Bagatellschadensgrenze




Gliederung:


- Einleitung
-   Weiterführende Links
- Allgemeines
- Erkennbar oberflächlicher Sachschaden



Einleitung:


Abgesehen davon, dass es dem Geschädigten nicht immer möglich ist, vor der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen abzusehen, ob die sog. Bagatellschadensgrenze von etwa 750 bis 1.000 € erreicht ist oder nicht, stellt sich die Frage ohnehin, ob es nicht zulässig ist, bei niedrigen Schäden einen Sachverständigen zumindest mit der Erstellung der erforderlichen Fotodokumentation und eines Kostenanschlags bzw. eines Kurzgutachtens für eine angemessene niedrige Vergütung zu beauftragen.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Unfallschadenregulierung

Stichwörter zum Thema Sachverständigen-Gutachten

Die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen in der Unfallschadenregulierung

Bei einem Schaden unterhalb der Bagatellgrenze verstößt die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen mit einem Kurzgutachten bzw. Kostenanschlag nicht gegen die Schadensminderungspflicht.

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Allgemeines:


AG Wiesbaden v. 21.09.1983:
Bei Kleinschäden zwischen 250 und 500 € ist die Einholung einer sachverständigen Kostenschätzung für etwa 40 € gerechtfertigt.

AG Köln v. 23.12.1996:
Die Kosten eines Kfz-Kurzgutachtens sind auch bei einem Reparaturschaden unter der sogenannten Bagatellschadensgrenze von 1000 DM (hier: Reparaturkosten von 861,70 DM) zu ersetzen, wenn der Geschädigte Beweisschwierigkeiten aufgrund unerlaubten Entfernens des Schädigers vom Unfallort zu befürchten hat.

LG Berlin v. 17.04.2000:
Zur Darlegung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages genügt auch ein - nachvollziehbarer - Kostenvoranschlag (vergleiche LG Berlin, 1998-04-25, 58 S 71/97, DAR 1998, 354), eine nicht nachvollziehbare Kostenschätzung reicht jedoch nicht.

BGH v. 30.11.2004:
Die Bagatellschadensgrenze für die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen liegt bei etwa 700 bis 750 €.

AG Berlin-Mitte v. 25.04.2007:
Bei Reparaturkosten in Höhe von ca. 550 Euro für die Instandsetzung von Kratzern und Schleifspuren an der hinteren Stoßstangenecke des ansonsten ersichtlich komplett unbeschädigten Fahrzeugs handelt es sich um einen Bagatellschaden, der einen Anspruch auf Ersatz der Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens nicht begründet. In einem solchen Fall ist es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zuzumuten, den Schadensumfang durch den Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt ermitteln zu lassen.

AG Lemgo v. 02.07.2009:
Der Abgrenzungsbetrag für die Annahme der Bagatellschadensgrenze liegt nach langem Zeitablauf wegen der zwischenzeitlich gestiegenen Reparaturpreise nicht mehr bei 1.000,00 DM, sondern bei 1.500,00 DM (= 750,00 €).

AG Köln v. 03.09.2010:
Die Bagatellschadensgrenze für die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen ist bei EUR 700,00 anzusetzen. Aber auch bei Unterschreitung dieser Grenze sind die vom Geschädigten verursachten Kfz-Sachverständigenkosten dann zu ersetzen, wenn der Bagetellcharakter eines Kleinschadens am Unfallfahrzeug nicht ohne weiteres "ins Auge springt", zumal bei einem neuen Fahrzeug nicht erkennbar sein kann, ob auch verborgene Schäden vorliegen.




AG Kiel v. 30.11.2011:
Für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, ist nicht allein darauf abzustellen, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Es ist gerichtsbekannt, dass teilweise auch bei äußerlich nur geringfügig erscheinenden Schadensbildern teilweise tiefer gehende Schäden entstanden sind, die für einen Laien nicht abschätzbar sind.

AG Schwerte v. 23.03.2012:
Bei einer Schadenshöhe von 750,00 € spricht eine Vermutung dafür, dass es sich um einen Bagatellschaden handelt, der auch für einen technischen Laien erkennbar ist. Ein Schaden im Bereich bis zu 1.000€ ist als Bagatellschaden anzusehen. Dieser Wert entspricht im Übrigen auch dem Wert, der im Rahmen des § 142 StGB einem "nicht bedeutenden Schaden" entspricht. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, diese Begrifflichkeiten nicht zu parallelisieren und eine einheitliche Rechtsordnung herzustellen.

AG Hannover v. 19.12.2013:
Die Gutachterkosten gehören zum Wiederherstellungsaufwand, wenn aus Sicht des verständig und wirtschaftlich denkenden Geschädigten ein Bedürfnis für die Einholung eines Gutachtens besteht. Dies ist in sog. Bagatellfällen bis zu einem Schaden von 1.000,00 € nicht der Fall.

AG München v. 04.04.2014:
Die in der Praxis vielfach angewandte Bagatellgrenze von 500,00 € ist angesichts des heutigen Reparaturkostenniveaus viel zu niedrig. Im Bereich der Reparaturkosten von 1.250,00 bis 1.500,00 € hat der Geschädigte besondere Gründe darzulegen, weshalb er die Einholung eines Sachverständigengutachtens (anstatt einer einfachen Kostenkalkulation oder eines Kostenvoranschlags) für erforderlich halten durfte. Jedenfalls ist der Bereich der Erstattungsfähigkeit bei einem Nettoreparaturschaden in Höhe von 839,91 € nicht erreicht.


AG Berlin-Mitte v. 19.11.2014:
Kfz-Sachverständigenkosten gehören auch dann zum erforderlichen Herstellungsaufwand für ein geschädigtes Fahrzeug, wenn sich die Reparaturkosten auf weniger als 1000,00 € belaufen.

AG Königs Wusterhausen v. 23.01.2015:
Die Bagatellschadenshöhe bei einem Verkehrsunfall wird bei 600 Euro gezogen. Ab diesem Betrag ist die Beauftragung eines Sachverständigen erforderlich.

AG Staufen v. 31.07.2015:
Für die Beurteilung, ob die Kosten eines Sachverständigengutachtens zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, kann auch die vom Gutachter ermittelte Schadenshöhe berücksichtigt werden, wobei der Geschädigte die Einholung des Gutachtens auch dann für geboten erachten darf, wenn der Schädiger eine geringe Anstoßgeschwindigkeit behauptet und das Schadensbild äußerlich nur geringfügig erscheint (hier: 830,50 € inkl. MwSt).

AG Hamburg v. 30.03.2016:
Bei Kfz-Unfällen hat ein Geschädigter das Recht, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies gilt auch, wenn bereits der Schädiger einen Sachverständigen beauftragt hat. Die Bagatellschadensgrenze liegt bei 750,00 €. - Bei einem Auffahrunfall könnte es zu nicht sichtbaren Schäden unterhalb der weichen Stoßfängerteile kommen; um solche Schäden zu ermitteln oder auch auszuschließen, darf sich ein Geschädigter sachverständiger Hilfe bedienen.

AG Münster v. 14.06.2016:
Die Grenze zu einem Bagatellschaden liegt bei etwa 1.000,00 Euro. Kalkulierte Reparaturkosten von 745,57 Euro netto liegen deutlich unter der vorgenannten Grenze und rechtfertigen nicht die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen.

AG Hamburg v. 14.12.2017:
Die Bagatellschadengrenze liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichts bei 1.000 Euro. Dabei kommt es auf den Nettoschaden an. Der Fahrzeugschaden wird durch die ohnehin nur bei Durchführung der Reparatur anfallende Mehrwertsteuer in ihrer jeweils geltenden Höhe nicht größer. Es entsteht nur eine weitere Schadenposition.

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Erkennbar oberflächlicher Sachschaden:


AG Nürnberg v. 01.09.2016:
Nach einem Verkehrsunfall sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, wenn durch einen augenscheinlich geringfügigen Unfall nur ein oberflächlicher Sachschaden entstanden ist. - Liegt nicht nur ein leichter Kratzer vor, der aus Sicht des Geschädigten mit geringen Kosten zu beseitigen wäre, sondern sind vielmehr der Austausch von Stoßfänger und Radlaufabdeckung sowie umfangreiche Lackierarbeiten erforderlich, so sind diese Kosten auch aus Sicht eines Laien nicht als voraussichtlich gering einzustufen.

LG Saarbrücken v. 17.11.2017:
Nicht ersatzfähig sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens nur, wenn durch einen augenscheinlich geringfügigen Unfall nur ein oberflächlicher Sachschaden entstanden ist, der für den Geschädigten als Bagatelle ohne weiteres erkennbar ist.

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