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Mithaftung des verkehrswidrig parkenden Kfz-Halters und -Führers

Die Mithaftung des verkehrswidrig parkenden Kfz-Halters und -Führers




Gliederung:


-   Einleitung
-   Allgemeines
-   Abstand vom Fahrbahnrand
- Abstand zu vorfahrtregelnden Schildern
- Halt- und Parkverbot
- Parken in zweiter Reihe
- Parken auf Radfahrerschutzstreifen
- Parkplatzzufahrt auf Autobahn
- Radweg
- Schmale Straße
- Sichtbehinderung



Einleitung:


Auch von einem haltenden bzw. parkenden Fahrzeug geht stets eine gewissen Betriebsgefahr aus, so dass bei Parkvorgängen eine Mithaftung an eigenen und fremden Unfallschäden gegeben sein kann.

Dass die Betriebsgefahr umso höher bewertet werden muss, je gröber der Halt- oder Parkverstoß war, liegt dabei auf der Hand.


Andererseits begründet ein verkehrswidriges Halten oder Parken auch über die Berücksichtigung der Betriebsgefahr hinaus ein Mitverschulden.

In der Rechtsprechung sind bei verkehrswidrigem Halten oder Parken je nach der Schwere des Verstoßes und nach dem Grad der Behinderung Mithaftungsquoten von 25 bis zu voller Haftung angenommen worden.

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Allgemeines:


Parken im Zivilrecht

Die Mithaftung bei Park- und Haltverstößen

Betriebsgefahr




BGH v. 25.10.1994:
Der Kfz-Haftpflichtversicherer ist einstandspflichtig, wenn ein Kraftfahrzeug auf dem (privaten) Gelände einer Trabrennbahn unter Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht so abgestellt wird, dass dadurch ein Pferd zu Schaden kommt. Durch das vorübergehende Abstellen wird die Betriebsgefahr nicht beendet. Gerade von einem stehenden Fahrzeug können je nach seinem Standort besonders große Gefahren ausgehen.

AG Bremen v. 31.05.2011:
Ein vorübergehendes Abstellen eines Kraftfahrzeugs unterbricht nicht den Betrieb des Fahrzeugs. Fährt ein Kraftfahrzeugführer in ein vorschriftswidrig geparktes Kraftfahrzeug, so haftet der Halter des geparkten Kraftfahrzeugs zu 25 %.

LG Mönchengladbach v. 28.04.2009:
Wird ein Fahrzeug entgegen der Vorschrift des § 12 Abs. 3 Nr. 2 StVO verkehrswidrig vor einer Parkbucht geparkt, so führt dies zu einer Mithaftung von 25%, wenn es beim Ausparken des konkret behinderten Fahrzeugführers zu einem Schaden kommt.

LG Kassel v. 08.03.2013:
Zur Haftung eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs im Rahmen der Nebentäterschaft (Quotenvorrecht bei Nebentäterschaft; Baumbach’sche Formel).

OLG Frankfurt am Main v. 15.03.2018:
Stößt ein im innerörtlichen Wohngebiet fahrender PKW gegen einen rechts verbotswidrig parkenden PKW, obwohl noch genügend Platz zur Vorbeifahrt gewesen wäre, so trifft den Halter des PKW jedenfalls dann ein Mithaftungsanteil von 1/4 des entstandenen Schadens, wenn es dunkel war und das parkende Fahrzeug nach der konkreten Lage eine Gefährdung für den fließenden Verkehr bildete.

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Abstand vom Fahrbahnrand:


Seitenabstand - seitlicher Mindestabstand

LG München v. 06.05.2009:
Wird ein Pkw mit einem Abstand von 50 cm vom rechten Fahrbahnrand geparkt, ist dies zwar verkehrswidrig, es führt aber bei einem Zusammenstoß mit einem dicht an die geparkten Fahrzeuge heranfahrenden Müllfahrzeug nicht zu einer Mithaftung des Falschparkers.

OLG Karlsruhe v. 18.05.2012:
Eine Fußgängerin, die im Begriff ist, in ihr teilweise verbotswidrig auf dem Gehweg geparktes Auto einzusteigen, trifft wegen dieses Verstoßes keine Mithaftung, wenn sie dabei von einem zu dicht vorbeifahrenden Kfz angefahren wird.

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Abstand zu vorfahrtregelnden Schildern:


OLG Köln v. 13.09.1989:
Gemäß StVO § 12 Abs 1 Nr 7 ist bis zu 10 Metern vor dem Zeichen 205 "Vorfahrt gewähren" nicht nur das Halten, sondern auch - erst recht - das Parken verboten. Wird das Zeichen 205 durch ein parkendes Fahrzeug verdeckt, muss der Fahrer eines Fahrzeugs, dass sich der Kreuzung nähert, versuchen, aus anderen Verkehrszeichen und/oder aus Fahrbahnmarkierungen Rückschlüsse auf eine Vorfahrtsregelung zu ziehen (Mithaftung des Falschparkers zu 40%).

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Parken im Halt- oder Parkverbot:


Halten und Parken im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

OLG Hamm v. 26.11.1976:
Wer sein Kfz im Bereich eines unbedingten Halteverbots abstellt, setzt sich jedenfalls dann dem Vorwurf schuldhafter Herbeiführung von Auffahrunfällen aus, wenn das abgestellte Fahrzeug nach den örtlichen Verhältnissen ein schwer erkennbares Verkehrshindernis bilden kann (hier: Beeinträchtigung der Erkennbarkeit eines im Zuge einer Brückenauffahrt an verbotener Stelle haltenden Lkw infolge Sonnenblendung).

AG Witten v. 28.11.2002:
Steht ein Pkw zumindest mit einem nicht unerheblichen Teil seines Umfanges im Haltverbotsbereich, welcher gegenüber der Ausfahrt des Firmengeländes befindlich ist, und gerät ein Lkw beim Verlassen des Firmengeländes dagegen, ergibt sich eine Haftung von lediglich 75 % an den Schäden des Pkw.

AG Düsseldorf v. 20.11.2003:
Wird ein verbotswidrig geparktes Fahrzeug angefahren, weil es die Fahrbahn behindernd verengt, trifft den Halter und Fahrer des falsch geparkten Fahrzeuges eine Mithaftung. Der Mithaftungsanteil beträgt 50 %, wenn das Fahrzeug im absoluten Haltverbot in einem Wendehammer abgestellt wurde und ein rangierender Lkw dagegen fährt.

AG Emden v. 15.11.2007:
Ist ein Fahrzeug auf einem Klinikgelände in einem dort ausgeschilderten absoluten Halteverbot abgestellt, so ist ein Unfall für den Halter nicht unabwendbar; Halter und Fahrer trifft eine Mithaftungsquote von 25%.

LG Erfurt v. 06.06.2008:
Grundsätzlich ist bei einem im Verkehrsraum geparkten Fahrzeug von einer Fortdauer des Betriebs auszugehen, solange dieses den Verkehr irgendwie beeinflussen kann. Im Fall eines unter Verstoß gegen die Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO geparkten Fahrzeugs ist die Möglichkeit einer Verkehrsbeeinflussung offenkundig, da die Vorschrift der StVO gerade darauf abzielt, Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer beim Abbiegen an Kreuzungen bzw. Einmündungen zu verhindern, was im Umkehrschluss bedeutet, dass von im Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich verkehrswidrig geparkten Autos grundsätzlich eine Behinderung des Verkehrs ausgehen kann.

LG Berlin v. 24.09.2008:
Von einem geparkten Fahrzeug kann eine Betriebsgefahr ausgehen. Dafür ist erforderlich, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die von dem Fahrzeug selbst ausgeht. Die bloße Anwesenheit des Fahrzeuges am Unfallort genügt dagegen nicht. Vielmehr muss der Betrieb, also die Fahrweise oder eine Besonderheit des Ruhevorganges zum Unfall beigetragen haben.

OLG Celle v. 29.10.2008:
Kommt es zu einem Unfall zwischen einem Radfahrer und einer Fußgängerin, die aus einer Arztpraxis kommend geradewegs ohne nach rechts oder links zu gucken über den Gehweg und den sich daran anschließenden Radweg auf ein auf sie wartendes Taxi zugeht, das verbotswidrig direkt neben dem Radweg auf der Fahrbahn im absoluten Haltverbot steht, so besteht zwischen dem Verstoß des Taxifahrers und den Unfallfolgen für den Radfahrer ein zurechenbarer Haftungszusammenhang.

OLG Düsseldorf v. 20.05.2014:
Es fehlt an dem unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm zu ermittelnden Zurechnungszusammenhang, wenn sich eine Kollision mit einem im absoluten Halteverbot stehenden Fahrzeugs gleichermaßen ereignet hätte, wenn an der Unfallstelle kein absolutes Halteverbot bestanden hätte. Eine Mithaftung des haltenden Fahrzeugführers/-Halters für den Unfall kommt dann nicht in Betracht.

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Parken in zweiter Reihe:


AG München v. 26.03.2013:
Wird ein Lkw in zweiter Reihe so geparkt, dass er in den linken - seinerseits links durch einen Bordstein einer Straßenbahntrasse begrenzten - Fahrstreifen hineinragt und dadurch die Vorbeifahrt anderer Lkw erschwert, so ist eine Mithafung aus der Betriebsgefahr mit 25% zu Lasten des parkenden Fahrzeugs gerechtfertigt.

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Parken auf Radfahrerschutzstreifen:


LG Dortmund v. 24.06.2002:
Ist ein Transporter zwar verbotswidrig teils auf dem Schutzstreifen für Radfahrer und teils auf dem Gehweg geparkt, aber noch außerhalb des Schutzbereiches von bis zu 5 m vor einer Einmündung und kollidiert ein Fahrzeugführer, der sich veranlasst sieht, vor dem parkenden Fahrzeug zur Fahrbahnmitte hin nach links auszuweichen beim Abbiegen in einem Einmündungsbereich mit einem "plötzlich" vor ihm befindlichen Roller, so trifft den Parkenden kein Mitverschulden an dem Unfall. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Fahrzeugführer, ohne die bestehenden Sichtmöglichkeiten auszunutzen, unaufmerksam in die bevorrechtigte Straße hineingetastet hat.

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Parkplatzzufahrt auf Autobahn:


LG Hamburg v. 26.04.2013:
Ein Mitverschulden an einem Unfall durch verbotswidriges Parken ist dem Parkenden dann anzulasten, wenn der fahrende Verkehrsteilnehmer etwa wegen einer Sichtbehinderung durch das parkende Fahrzeug in der Wahrnehmung seiner Sorgfaltspflichten eingeschränkt ist.

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Radweg:


Parken auf dem Gehweg

OLG Düsseldorf v. 27.05.2002:
Stößt ein Radfahrer mit einem aus einem Torweg tretenden Fußgänger auf dem kombinierten Rad- und Gehweg zusammen, der zuvor an dieser Stelle sein Fahrzeug verkehrsbehindernd halbseitig mit Warnblinklicht abgestellt hatte, so trifft den Radfahrer keinerlei Mitverschulden an seinem erlittenen Schaden.

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Schmale Straße:


Schmale Straße - enger Straßenteil

AG Hamburg v. 15.12.2003:
Derjenige, der auf einer Straße so parkt, dass nur noch Verkehr in jeweils einer Richtung passieren kann, haftet zu einem Drittel mit, wenn sein Fahrzeug bei gleichzeitigem Verkehr in beiden Fahrtrichtungen beschädigt wird.

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Sichtbehinderung:


OLG Karlsruhe v. 04.12.1991:
Stellt ein Kraftfahrer sein Fahrzeug so sichtbehindernd ab, dass der in seiner Sicht behinderte Kraftfahrer deswegen die Vorfahrt nicht gewährt und einen Unfall verursacht, kommt deswegen eine Haftung von 40 % in Frage.

AG Heilbronn v. 01.10.2008:
Ein Mitverschulden an einem Unfall durch verbotswidriges Parken ist dem Parkenden dann anzulasten, wenn der fahrende Verkehrsteilnehmer etwa wegen einer Sichtbehinderung durch das parkende Fahrzeug in der Wahrnehmung seiner Sorgfaltspflichten eingeschränkt ist.

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