LG Frankenthal v. 12.05.2016:
Steht es dem Käufer eines vom sog. VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nicht frei, dem Rückruf seines Fahrzeugs im Laufe des Jahres 2016 Folge zu leisten und dessen Zulassung zum Straßenverkehr damit zu erhalten, kann aus dem derzeitigen Fehlen des beim Rückruf aufzuspielenden Software-Updates auch auf die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs geschlossen werden. - Bestehen keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Benutzbarkeit des Fahrzeugs, ist es dem Käufer zumutbar, es dem Verkäufer zu ermöglichen, das "Service-Konzept" des VW-Konzerns auch an seinem Fahrzeug zunächst einmal umzusetzen, anstatt ihm eine so kurze Nacherfüllungsfrist zu setzen, die es dem Käufer ermöglicht, sich von dem Kaufvertrag zu lösen, bevor das Software-Update für sein Fahrzeug überhaupt zur Verfügung steht.
LG Aachen v. 06.12.2016:
Ein PKW ist zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft, wenn er aufgrund der Ausstattung mit zwei Betriebsmodi sowie einer auf das Motorsteuerungsgerät einwirkenden Software jedenfalls nicht die übliche Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB aufweist. Ein Mangel liegt auch deshalb vor, weil das Fahrzeug zwingend einem Software-Update unterzogen werden muss, um den entsprechenden Auflagen des KBA zu genügen und keine Betriebsuntersagung gemäß § 5 FZV zu riskieren. Die Mängel sind auch erheblich und berechtigen den Käufer zum Rücktritt.
LG Arnsberg v.14.06.2017:
Ein Kfz mit der sog. Schummelsoftware leidet an einem erheblichen Mangel. Die werksseitig vorgesehene Nachbesserung ist schon deshalb unzumutbar, weil die begründete Befürchtung besteht, dass das beabsichtigte Software-Update entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen würde (vgl. etwa auch LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Bückeburg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16; LG Dortmund, Urteil v. 29.09.2016 – 25 O 49/16; LG Arnsberg Urt. v. 24.03.2017 – I 1 O 224/16). Der berechtigte Mangelverdacht reicht dabei vorliegend aus, um die Nachbesserung unzumutbar zu machen. Es muss nicht bewiesen werden, dass ein Folgemangel entstehen werde.
LG Köln v. 21.12.2017:
Für den Käufer eines Pkw mit EA-189-Motor ist eine Nachbesserung durch Software-Update unzumutbar.
LG Ravensburg v. 09.01.2018::
Durch das durchgeführte Software-Update wird der Mangel nicht behoben. Denn die fehlerhafte Software wirkt sich wertmindernd auf die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs aus. In diesem merkantilen Minderwert liegt ein eigenständiger Mangel. Einer Aufforderung zur Nachbesserung bedarf es nicht, weil dieser Mangel unbehebbar ist.
LG Arnsberg v. 12.01.2018:
Es ist dem vom sog. Dieselskandal betroffenen Käufer nicht zuzumuten, sich auf ein von der Herstellerin entwickeltes Software-Update einzulassen. Allein der Einsatz einer Software, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, rechtfertigt die begründete Annahme, dass sich die Herstellerin des Motors nicht redlich verhält.
LG Hamburg v. 07.03.2018:
Der vom VW-Abgas-Skandal betroffene Käufer eines VW Tiguan hat trotz des zwischenzeitlich durchgeführten Software-Updates gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs der zweiten Generation. Das Software-Update ist wegen der mit ihm verbunden Verschleiß- und Verbrauchsrisiken keine ausreichende Nachbesserung im Sinne des § 439 Abs.1 BGB.
LG Köln v. 12.04.2018:
Dem Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann nicht zugemutet werden, gerade denjenigen, der ihn getäuscht hat, und der auch nach wie vor beteuert, es sei nichts Illegales vorgefallen, mit der Mängelbeseitigung durch ein Softwareupdate zu betrauen..
LG Köln v. 30.05.2018:
Der Schaden ist auch nicht durch das Software-Update beseitigt worden. Hiermit ist nämlich ein weiterhin gegebener konkreter Mangelverdacht nicht ausgeräumt, der ebenfalls als Schaden anzusehen ist, wenn er qualitätsmindernd ist. Der Verdacht muss der Sache offenkundig anhaften und unter einen der Mangeltatbestände fallen. Gerade aufgrund der insbesondere in jüngster Zeit im Zusammenhang mit Diesel-Fahrverboten in Luftreinhalteplänen deutscher Großstädte öffentlich geführten Diskussionen ist allgemeinkundig, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob ein Software-Update ausreichend ist. Es besteht vielmehr der Verdacht, dass dieses ggf. negative Folgen für das Fahrzeug, insbesondere nach längerem Betrieb für den Motor hat, und zu erhöhtem Kraftstoffverbrauch führt. Auf die hiermit verbundene Ungewissheit muss sich die Kläger nicht einlassen.
LG Kiel v. 18.05.2018:
Dem Anspruch aus § 826 BGB steht nicht entgegen, wenn die vom Hersteller angebotene technische Überarbeitung des Fahrzeugs ("Software-Update") erfolgt ist.
LG Bonn v. 16.01.2019:
Die Entscheidung des Kraftfahrtbundesamtes, von der Möglichkeit des § 25 Abs. 3 EG-FGV keinen Gebrauch zu machen und stattdessen nach § 25 Abs. 2 EG-FGV den von der Beklagten vorgelegten Zeit- und Maßnahmenplan im Wege einer nachträglichen Nebenbestimmung für verbindlich zu erklären, beruht offenkundig auch auf politischen Erwägungen und der großen Zahl der Betroffenen. Ein Fahrverbot für Millionen von Autos im Privatbesitz und die damit einhergehende wirtschaftliche Entwertung dieser Fahrzeuge wollte das Kraftfahrbundesamt offenbar nicht anordnen. Hinzu kam die wirtschaftliche Bedeutung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen als Arbeitgeberin und Steuerzahlerin. Allein die Größe und wirtschaftliche Bedeutung der Beklagten und die damit einhergehende weite Verbreitung der eingesetzten Umschaltlogik vermögen das sittliche Unwerturteil über das Verhalten der Beklagten jedoch nicht abzumildern.
LG Koblenz v: 01.02.2019:
Auf das zwischenzeitlich durchgeführte Software-Update kommt es nicht an, da die Schädigung bereits im Erwerb des Fahrzeugs zu sehen ist. Dies gilt umso mehr, als trotz dieses Updates von einem am streitgegenständlichen Fahrzeug weiterhin anhaftenden Makel aufgrund des Dieselskandals auszugehen ist. Die betroffenen Fahrzeuge haben als sogenannte "Schummeldiesel" einen massiven Reputationsverlust erlitten. Darüber hinaus haftet ihnen ein sich in der allgemeinen Berichterstattung niederschlagender Verdacht weiterer verborgener Qualitätsmängel - etwa gerade infolge des Updates - an.
LG Kiel v. 08.02.2019:
Durch Einspielen des Updates wird der Zustand wieder hergestellt, der bestehen würde, wenn der Motor von vornherein mit einer vorschriftsgemäßen Steuerungssoftware in Verkehr gebracht worden wäre (§ 249 Abs. 1 BGB).
LG Darmstadt v. 15.05.2019:
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass ein PKW, der aufgrund seiner Ausrüstung mit einer Software, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert, bereits deshalb einen Sachmangel aufweist. Allerdings ist dieser Sachmangel mit dem vorgenommenen Softwareupdate beseitigt worden, denn nunmehr sieht die Fahrzeugsoftware nicht mehr die verschiedenen Betriebsmodi für den Prüfstandlauf einerseits und den Alltagsbetrieb andererseits vor.
LG Oldenburg v. 17.07.2019:
Vertritt der Kraftfahrzeughersteller gegenwärtig die rechtlich kaum nachzuvollziehende Auffassung, die verbaute Abschalteinrichtung sei legal gewesen, begründet dies ausreichende Zweifel, dass das Softwareupdate das vormalige Fehlverhalten vollständig und ohne jegliche Folgen beseitigen wird Dies rechtfertigt es, die Nacherfüllung für den Käufer als unzumutbar erscheinen zu lassen.
OLG Karlsruhe v. 30.10.2020:
Bei einem Erwerb des Fahrzeugs nach Aufspielen des Software-Updates besteht nicht deshalb ein Schadensersatzanspruch, weil die Motorsteuerung des Fahrzeugs ursprünglich werksseitig mit einer Software ausgestattet war, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüflaufstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb beeinflusste (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, juris).
LG Ravensburg v. 16.04.2021 (I):
Der nach § 826 BGB wegen Inverkehrbringens eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung haftende Autohersteller verstößt gegen Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Geschädigten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis gem. § 241 Abs. 2 BGB, wenn er ein Update zur Behebung des regelwidrigen Zustands in Verkehr bringt, ohne darauf hinzuweisen, dass bei dem Fahrzeug auch nach Aufspielen des Updates eine möglicherweise unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters vorhanden sein wird.
LG Ravensburg v. 16.04.2021 (II):
Der nach § 826 BGB wegen Inverkehrbringens eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung haftende Autohersteller verstößt gegen Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Geschädigten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis gem. § 241 Abs. 2 BGB, wenn er ein Update zur Behebung des regelwidrigen Zustands in Verkehr bringt, ohne darauf hinzuweisen, dass bei dem Fahrzeug auch nach Aufspielen des Updates eine möglicherweise unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters vorhanden sein wird.
LG Ravensburg v. 16.04.2021 (I):
Wird durch ein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Schädigers im Rahmen der Schadensbehebung bewirkt, dass der Schadenersatzanspruch nicht innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht wird, kann der Erhebung der Einrede der Verjährung der Arglisteinwand entgegengesetzt werden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Schädiger darüber hinaus schuldhaft und sittenwidrig gehandelt hat.
LG Ravensburg v. 16.04.2021 (II):
Wird durch ein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Schädigers im Rahmen der Schadensbehebung bewirkt, dass der Schadenersatzanspruch nicht innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht wird, kann der Erhebung der Einrede der Verjährung der Arglisteinwand entgegengesetzt werden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Schädiger darüber hinaus schuldhaft und sittenwidrig gehandelt hat.