"Die missbräuchliche oder betrügerische Berufung auf Gemeinschaftsrecht ist nicht gestattet" - vgl. u. a. im Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs die Urteile vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74, Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299, Randnr. 13; vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91, Veronica Omroep Organisatie, Slg. 1993, I-487, Randnr. 12; und vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-23/93, TV10, Slg. 1994, I-4795, Randnr. 21; auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit Urteile vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78, Knoors, Slg. 1979, 399, Randnr. 25; und vom 3. Oktober 1990 in der Rechtssache C-61/89, Bouchoucha, Slg. 1990, I-3551, Randnr. 14; auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs Urteil vom 10. Januar 1985 in der Rechtssache 229/83, Leclerc u. a., Slg. 1985, 1, Randnr. 27; auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit Urteil vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache C-206/94, Paletta, Slg. 1996, I-2357, Randnr. 24; auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer Urteil vom 21. Juni 1988 in der Rechtssache 39/86, Lair, Slg. 1988, 3161, Randnr. 43; auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik Urteil vom 3. März 1993 in der Rechtssache C-8/92, General Milk Products, Slg. 1993, I-779, Randnr. 21; auf dem Gebiet des Gesellschaftsrecht Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache +C-367/96, Kefalas u. a., Slg. 1998, I-2843, Randnr. 20)."
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Ungeachtet dieser Feststellung ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist (vgl. u. a. Urteile vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C‑367/96, Kefalas u. a., Slg. 1998, I‑2843, Randnr. 20, vom 23. März 2000 in der Rechtssache C‑373/97, Diamantis, Slg. 2000, I‑1705, Randnr. 33, und vom 3. März 2005 in der Rechtssache C‑32/03, Fini H, Slg. 2005, I‑1599, Randnr. 32). Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann nämlich nicht so weit gehen, dass die missbräuchlichen Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden, d. h. diejenigen Umsätze, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 11. Oktober 1977 in der Rechtssache 125/76, Cremer, Slg. 1977, 1593, Randnr. 21, vom 3. März 1993 in der Rechtssache C‑8/92, General Milk Products, Slg. 1993, I‑779, Randnr. 21, und Emsland-Stärke, Randnr. 51). |
Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass der EuGH nicht umfassend die Pflicht statuieren wollte, in einem anderen Mitgliedsstaat erworbene Fahrerlaubnisse anzuerkennen. Hiervon in „Missbrauchsfällen” abzuweichen, hieße diesen Grundsatz aufzuweichen und doch eine Überprüfung von Fahrerlaubnissen aus anderen Mitgliedsstaaten zumindest auf Missbrauch zuzulassen.
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1. |
Darf ein Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit Art. 1 Absatz 2 und Art. 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vom Inhaber eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins verlangen, dass er bei der inländischen Behörde die Anerkennung des Rechts, von jener Fahrberechtigung im Inland Gebrauch zu machen, beantragt, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland die Fahrerlaubnis entzogen oder diese sonst aufgehoben worden war?
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2. |
Falls nein: Ist Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung der Fahrberechtigung nach Maßgabe eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten *Führerscheins ablehnen darf, wenn dem Inhaber des ausländischen EU-Führerscheins zuvor im Inland die Fahrerlaubnis entzogen oder diese sonst aufgehoben worden war, wenn die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Inland, die im Zusammenhang mit dieser Maßnahme angeordnet worden war, abgelaufen war, bevor der Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt wurde, und wenn aufgrund objektiver Anhaltspunkte (kein Wohnsitz in dem Mitgliedstaat, der den Führerschein ausgestellt hat, und erfolgloser Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Inland) davon auszugehen ist, dass mit dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis nur die strengen materiellen Anforderungen des inländischen Wiedererteilungsverfahren, insbesondere die medizinisch-psychologische Begutachtung, umgangen werden sollen? |
1. |
Sind Art. 1 Abs. 2 und 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG dahin auszulegen, dass die - wegen fehlender Fahreignung - im Wohnsitzstaat erfolgte verwaltungsbehördliche Fahrerlaubnisentziehung der Erteilung einer Fahrerlaubnis durch einen anderen Mitgliedstaat nicht entgegen steht, und dass der Wohnsitzstaat auch eine solche Fahrerlaubnis grundsätzlich anerkennen muss?
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2. |
Sind Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1a in Verbindung mit Anhang III, 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass keine Verpflichtung des Wohnsitzstaats zur Anerkennung einer Fahrerlaubnis besteht, die der Inhaber nach Entziehung seiner Fahrerlaubnis im Wohnsitzstaat durch gezielte Täuschung der Fahrerlaubnisbehörde des Ausstellerstaats und ohne Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erschlichen oder durch kollusives Zusammenwirken mit Behördenmitarbeitern des Ausstellerstaates erlangt hat?
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3. |
Sind Art. 1 Abs. 2, 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass der Wohnsitzstaat nach Entziehung der Fahrerlaubnis durch seine Verwaltungsbehörde die Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis vorläufig aussetzen oder deren Ausnutzung verbieten kann, solange der Ausstellerstaat prüft, ob er die rechtsmissbräuchlich erlangte Fahrerlaubnis zurücknimmt?
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"Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 geänderten Fassung verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins, auf den im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs einer früher erteilten Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Bedingungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen."
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"Möglicherweise gilt diese grundsätzliche Anerkennung der Führerscheine allerdings in den Fällen nicht, in denen die Rechte aus der Richtlinie missbräuchlich in Anspruch genommen werden."
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"Ein Mitgliedstaat lehnt es ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen. Ein Mitgliedstaat lehnt die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist. Ein Mitgliedstaat kann es ferner ablehnen, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat aufgehoben wurde, einen Führerschein auszustellen." |
"Artikel 2 Absatz 1, Artikel 5, Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 9, Artikel 11 Absätze 1, 3, 4, 5 und 6, Artikel 12 und die Anhänge I, II und III gelten ab dem 19. Januar 2009."
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"Eine vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnis darf aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden."
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"(5) Vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte oder erworbene Fahrerlaubnisse sollten unberührt bleiben."
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"Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 91/439/EWG wird mit Wirkung vom 19. Januar 2007 aufgehoben."+
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"Eine sich allein an der deutschen Fassung der Richtlinie 2006/126/EG orientierende Auslegung ließe jedoch außer Betracht, dass Rechtsakte der Gemeinschaft in allen Amtssprachen der Europäischen Union gleichermaßen verbindlich sind (Herrmann in: Streinz, EUV/EGV, 2003, RdNr. 33 zu Art. 290 EG). Die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung von Gemeinschaftsrecht verbietet es deshalb, eine bestimmte Fassung für sich alleine zu betrachten (EuGH vom 12.7.1979 Rs. C-9/79, RdNr. 6, zit. nach Juris; EuGH vom 17.10.1996 Rs. C-64/95, RdNr. 17, zit. nach Juris). Die Auslegung derartiger Normen erfordert vielmehr einen Vergleich ihrer verschiedenen sprachlichen Fassungen (vgl. z.B. EuGH vom 17.12.1998 Rs. C-236/97, RdNr. 25, zit. nach Juris; Herrmann, ebenda; Booß in: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 4. Aufl. 2006, RdNr. 7 zu Art. 290 EG). Weichen die Sprachfassungen voneinander ab, so ist eine Bestimmung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung, zu der sie gehört, auszulegen (EuGH vom 17.12.1998, a.a.O., RdNr. 26), wobei Fassungen, denen ein offensichtlicher übersetzungsfehler zugrunde liegt, als unbeachtlich zu eliminieren sind (Herrmann, ebenda; Booß, ebenda)."
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"Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG scheidet als gemeinschaftsrechtliche Legitimierung für eine Verwaltungsentscheidung der vorliegend inmitten stehenden Art schon deshalb aus, weil diese Bestimmung - obwohl bereits heute existentes Gemeinschaftsrecht - nach Art. 18 Satz 2 der gleichen Richtlinie erst ab dem 19. Januar 2009 anwendbar ist."
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"Ein Mitgliedstaat lehnt es ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen."
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"Ist die Richtlinie 91/439/EWG1, Artikel 1 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 8 Abs. 2 und 4, so auszulegen, dass es einem Mitgliedsstaat verwehrt ist, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung nach Maßgabe eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit deshalb nicht anzuerkennen beziehungsweise abzuerkennen, weil seinem Inhaber in dem erstgenannten Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis entzogen wurde, nachdem ihm in einem anderen Mitgliedsstaat eine so genannte "zweite" EU-Fahrerlaubnis erteilt worden war, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis auf einem Vorfall/Fehlverhalten fußt, der/das in die Zeit vor Erteilung der Fahrerlaubnis durch den anderen Mitgliedsstaat fällt?"
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Ein Mitgliedstaat kann die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins verweigern, wenn dem Führerscheininhaber im erstgenannten Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis entzogen wurde, weil er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ein Kfz geführt hat. Die Verweigerung ist insbesondere rechtmäßig, wenn die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vom Bestehen eines medizinisch-psychologischen Tests abhängig gemacht wurde und im Ausstellungsmitgliedstaat kein Test durchgeführt wurde, dessen Niveau dem des im erstgenannten Staat geforderten vergleichbar ist.
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Zwar gestattet Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 es dem Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes nicht, die Anerkennung des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins allein mit der Begründung abzulehnen, dass dem Inhaber dieses Führerscheins zuvor eine frühere Fahrerlaubnis im Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes entzogen wurde; wie in den Randnrn. 58 und 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, erlaubt diese Bestimmung es ihm aber, die neue Fahrerlaubnis vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips einzuschränken, auszusetzen, zu entziehen oder aufzuheben, wenn das Verhalten des Inhabers der Erlaubnis nach deren Erteilung dies nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmestaats rechtfertigt.
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Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass die Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439 dahin auszulegen sind, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, es unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer für den Betroffenen geltenden Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt, und somit die Gültigkeit dieses Führerscheins anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins die Voraussetzungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen. Unter denselben Umständen verwehren diese Bestimmungen es einem Mitgliedstaat jedoch nicht, es abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, wenn auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte.
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Nach alledem ist auf die dritte Frage in der Rechtssache C‑329/06 zu antworten, dass die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439 es einem Mitgliedstaat, der nach dieser Richtlinie verpflichtet ist, die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, verwehren, diese Fahrberechtigung vorläufig auszusetzen, während der andere Mitgliedstaat die Modalitäten der Ausstellung dieses Führerscheins überprüft. Dagegen verwehren es diese Bestimmungen unter denselben Umständen einem Mitgliedstaat nicht, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen von diesem anderen Mitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie vorgeschriebene Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war.
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Soweit mehrere Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe davon ausgehen, es sei zumindest noch nicht geklärt, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, auch dann entgegensteht, wenn eine solche Fahrerlaubnis missbräuchlich erlangt wurde (vgl. z.B. ThürOVG vom 29.6.2006 Az. 2 EO 240/06, zit. nach Juris; VGH BW vom 21.7.2006 NZV 2006, 557; HessVGH vom 3.8.2006 NZV 2006, 668; OVG MV vom 29.8.2006 Az. 1 M 46/06, zit. nach Juris; OVG NW vom 13.9.2006 Blutalkohol Bd. 43 [2006], 507; OVG Berlin-Brandenburg vom 27.11.2006 ZfS 2007, 114), sprechen gewichtige Gründe dafür, dass an dieser Auffassung, sollte sie in der Vergangenheit sachlich berechtigt gewesen sein, jedenfalls seit dem 19. Januar 2007 nicht mehr festgehalten werden kann. Denn das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben die Richtlinie 2006/126/EG nachweislich in Kenntnis der Problematik des "Führerscheintourismus" erlassen, wobei dieses Phänomen im federführenden Ausschuss des Europäischen Parlaments in einer Weise umschrieben wurde, die den Kriterien, unter denen die vorgenannten Gerichte einen Missbrauch des Gemeinschaftsrechts bejahen, entweder gleicht oder zumindest sehr nahe kommt ... . Um diesen Missstand zu bekämpfen, haben die Rechtssetzungsorgane der Gemeinschaft nunmehr ausdrückliche Regelungen erlassen. Das wäre unnötig gewesen, hätte in Gestalt der Rechtsfigur der missbräuchlichen - und damit unzulässigen - Berufung auf Gemeinschaftsrecht bereits bisher ein ausreichendes Instrument zur Verfügung gestanden, um derartige Verhaltensweisen zu unterbinden. Vor allem aber steht einem Rückgriff auf die genannte Rechtsfigur künftig entgegen, dass der gemeinschaftsrechtliche Richtliniengeber entschieden hat, die von ihm zur Bekämpfung des Führerscheintourismus geschaffenen Regelungen sollten dergestalt nur für die Zukunft zum Tragen kommen, dass sie entweder erst ab dem 19. Januar 2009 für anwendbar erklärt wurden, oder dass sie (vorbehaltlich weitergehender, sich ggf. aus Art. 13 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG ergebender Restriktionen) tatbestandlich nur für Fahrerlaubnisse einschlägig sind, die ab dem 19. Januar 2007 erteilt wurden. Es erscheint zumindest bedenklich, diesen Rechtssetzungswillen des europäischen Richtliniengebers dadurch zu umgehen, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von im EU-Ausland ausgestellten Führerscheinen bereits vor den von den zuständigen Gemeinschaftsorganen festgesetzten Zeitpunkten durch Rekurs auf die Figur des "Missbrauchs von Gemeinschaftsrecht" durchbrochen wird. |
Zu einer Entziehung einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis bei fortbestehenden Fahreignungsmängeln sind die deutschen Behörden auch befugt, wenn der Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis zwar nicht aus dem Führerschein, aber aufgrund eines Eingeständnisses des Fahrerlaubnisinhabers oder aufgrund von ihm als eigene Verlautbarung zurechenbarer und trotz Kenntnis der Problemlage nicht substanziiert bestrittener Angaben offenkundig ist.
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Es besteht kein Zweifel, dass vom Ausstellermitgliedstaat herrührende "unbestreitbare Informationen" auch solche Angaben sein können, die dem Ausstellermitgliedstaat vorlagen und deren Richtigkeit der Betroffene selbst bestätigt.
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Die Führerscheinbehörde darf aus eigenen Angaben des Inhabers einer nichtdeutschen EU-Fahrerlaubnis im Ab- bzw. Anerkennungsverfahren sowie aus nationalen Erkenntnissen keine Schlüsse auf das Vorliegen eines Scheinwohnsitzes ziehen. Verwertbar sind nach der Rechtsprechung des EuGH lediglich amtliche Auskünfte, die aus dem Ausstellerstaat selbst stammen. Allerdings darf die deutsche Behörde die ausländische Ausstellerbehörde um Auskünfte und Ermittlungen bitten.
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