Das Verkehrslexikon

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Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Fußgängern

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Fußgängern




Gliederung:


-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Privatgrundstücke
-   Veranstaltungen / Gastwirt
-   Winterdienst - Räum- und Streupflicht
-   Räumpflicht auf Bahnsteigen
-   Desolater" Gehwegzustand in Berlin
-   Mitverschulden des Fußgängers
-   Inline-Skater



Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Verkehrssicherung

Verkehrssicherungspflicht allgemein

Stichwörter zum Thema Verkehrszivilrecht

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Fußgängern

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Motorradfahrern

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Radfahrern

Straßenverhältnisse und Verkehrssicherung

Winterdienst - Räum- und Streupflicht

Behinderte Verkehrsteilnehmer und Verkehrsrecht

Amtshaftung im Verkehrsrecht

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Allgemeines:


BGH v. 22.01.2008:
Nach ständiger Rechtsprechung können Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird.

LG Coburg v. 30.12.2008:
Das Zulassen des Einbaus von Bodenhülsen zum Einstecken von Pfählen in der Form, dass diese einige Zentimeter über das Niveau einer auch zum Begehen gedachten Teerfläche hinausragen, stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende Schaffung einer Stolperfalle dar. Ist der Weg dem Geschädigten bekannt, kann ihn eine Mithaftung von 25 % treffen.

OLG München v. 16.04.2009:
Ein Fußgänger, der mit der gebotenen Aufmerksamkeit auf einer Straße entlanggeht, muss einen gefärbten Pfosten erkennen. Weitere Schutzmaßnahmen des Verkehrssicherungspflichtigen sind nicht erforderlich. Anderes mag für Radwege aufgrund der Fahrgeschwindigkeit insbesondere bei Dunkelheit gelten.

OLG Naumburg v. 16.09.2011:
Ist durch Straßenbauarbeiten zwischen einem Gullyeinlauf und dem normalen Straßenbelag eine ziemlich plötzlich abfallende Kante in Höhe von 15 bis 20 cm entstanden, verletzt dies die Verkehrssicherungspflicht. Sind dem Geschädigten als ortskundigem Verkehrsteilnehmer die Bauarbeiten bekannt und konnte er aufgrund von Dunkelheit nicht genau sehen, wo er hintrat, begründet das ein hälftiges Mitverschulden.

OLG Saarbrücken v. 10.01.2012:
Unebenheiten und Niveauunterschiede auf Straßen, Plätzen und Gehwegen müssen Fußgänger in gewissem Umfang hinnehmen. Eine Verkehrssicherungspflicht ist in der Regel erst dann gegeben, wenn auch für den aufmerksamen Fußgänger eine Gefahrenlage völlig überraschend eintritt und nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Niveauunterschiede in der Größenordnung von 4 - 5 cm sind hinnehmbar, wenn diese für den Fußgänger bei der gebotenen Aufmerksamkeit erkennbar sind. An der Bordsteinkante ist stets mit Unebenheiten zu rechnen und diese darf daher von Fußgängern nur unter Beachtung erhöhter Sorgfalt überschritten werden.

OLG München v. 04.05.2012:
Die bauliche Gestaltung von Straßen und Wegen, die von vorneherein jeder Art von Stolpermöglichkeit ausschließt, ist schlechterdings nicht möglich und auch nicht zumutbar. Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist demnach nur dann geboten, wenn ein die normale Sorgfalt beachtender Fußgänger eine Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann. Diese Voraussetzungen sind bei einer auf dem Gehweg befindlichen Metallabdeckung nicht gegeben.

OLG Schleswig v. 25.06.2013:
Die Richtlinie für die Sicherheit von Arbeitsstellen begründet keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht. Einem 66-jährigen, in der Mobilität nicht eingeschränkten Verkehrsteilnehmer ist bei winterlichen Straßenverhältnissen ein Umweg von 200 m zuzumuten, sofern dieser gegenüber dem tatsächlich genutzten Weg durchgängig geräumt ist.




BGH v. 25.02.2014:
Zur Frage, ob es aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist, trotz eines auf der gegenüberliegenden Seite vorhandenen Gehwegs in einem Baustellenbereich zusätzlich einen Notweg für Fußgänger offen zu halten, um diesen bei winterlichen Verhältnissen an dieser Stelle ein Überqueren der Straße zu ersparen.

LG Hagen v. 29.04.2014:
Entscheidet sich ein Fußgänger trotz Dunkelheit eine Straße zu begehen, deren generell schlechter Zustand ihm seit Jahren bekannt ist, so hat er äußerste Sorgfalt anzuwenden und muss sich ganz besonders vorsichtig bewegen. Unterlässt er diese ganz besonders vorsichtige Gehweise und kommt er deshalb an einem bei nicht hinreichender Sicht stets zu vermutenden Hindernis zu Fall, muss er seinen Schaden alleine tragen.

LG Heidelberg v. 28.07.2017:
Betreibt eine Wohnungseigentümergemeinschaft ein öffentliches Parkhaus, so haftet sie nicht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, wenn eine Fußgängerin sich in einem Berech bewegt, der ersichtlich nur für die Ausfahrt von Kfz vorgesehen und für den Fußgängerverkehr gesperrt ist.

KG Berlin v. 15.05.2018:
Vor einem Wohngrundstück ohne erhöhten Publikumsverkehr besteht auch in der Sylvesternacht keine gesteigerte Winterdienstpflicht. Es ist ausreichend, wenn der Winterdienst unverzüglich nach dem Auftreten von Schnee oder Eisglätte geleistet wird - im Fall des Auftretens während der Nacht also bis zum folgenden Morgen.

OLG Hamm v. 11.04.2022:
Eine durch -jahreszeittypisch- feuchtes Laub und feuchte Nadeln auf einem Geh- und Radweg in einem ländlichen Waldstück begründete Rutschgefahr kann für jeden Benutzer des Weges gut zu erkennen und bei vorsichtiger Benutzung beherrschbar sein. Auf diesen Zustand hat sich ein Verkehrsteilnehmer einzustellen, er stellt keine abhilfebedürftige Gefahrenstelle dar.

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Privatgrundstücke:


Privatgelände und Verkehrssicherung

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Veranstaltungen / Gastwirt:


OLG Naumburg v. 10.05.2013:
Für Gastwirte kann eine erhöhte Räum- und Streupflicht bestehen, sofern sie durch ihren Gewerbebetrieb einen erweiterten Verkehr eröffnen. Für einen Gastwirt, der eine Silvesterparty in seiner Gaststätte durchführt, endet die Räum- und Streupflicht nicht wie an sich von der gemeindlichen Satzung vorgesehen um 20 Uhr, sondern besteht solange die Veranstaltung andauert.

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Winterdienst - Räum- und Streupflicht:


Winterdienst - Räum- und Streupflicht

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Räumpflicht auf Bahnsteigen:


OLG Nürnberg v. 09.05.2012:
Die Verkehrssicherungspflicht für Bahnsteige erfordert, bei winterlichen Verhältnissen (auch) einen hinreichend großen Bereich hinter der auf Bahnsteigen angebrachten, längs der Bahnsteigkante verlaufenden weißen Markierung („Sicherheitslinie“) zu räumen und zu streuen, damit Fahrgäste in diesem Bereich den Bahnsteig gefahrlos betreten und verlassen können.

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"Desolater" Gehwegzustand in Berlin:


BGH v. 05.07.2012:
Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG) vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 380) wird unter anderem die Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen vom Land Berlin als eine Pflicht des öffentlichen Rechts wahrgenommen. Besteht der desolate Zustand eines Gehwegs seit Jahren, so liegt unabhängig von der Frage eines Gefahrenhinweises eine Amtspflichtverletzung wegen schuldhaft verzögerter Wiederherstellung eines sicheren Zustandes vor.

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Mitverschulden des Fußgängers:


Mitverschulden - Mitverursachung

BGH v. 20.06.2013:
Zu den Voraussetzungen eines die Haftung der verkehrssicherungspflichtigen Stadt ausschließenden, weit überwiegenden Mitverschuldens des durch einen Schnee- und Glatteisunfall geschädigten Fußgängers.

OLG Brandenburg v. 23.07.2013:
Ein Mitverschulden kann anzunehmen sein, wenn dem Geschädigten eine gefahrlose Alternative zur Verfügung stand oder kein besonderer Anlass für das Betreten des Gehweges bestand und der Geschädigte ohne besondere Not in Kenntnis einer möglichen Glätte den Gehweg betreten hat. Hierzu müssen konkreten Feststellungen getroffen werden, der pauschale Vorwurf, der Geschädigte hätte keine ausreichenden Vorkehrungen zur Beherrschung der Gefahr getroffen, reicht nicht aus. Das gilt auch für die Vorwürfe an die Adresse des ortskundigen Verunfallten, er habe auf Grund der erkennbaren Unebenheiten des Gehweges mit dem Vorhandensein von unter der Neuschneefläche verborgenem Eis rechnen oder seine Besorgungen auf ein späteren Zeitpunkt verschieben müssen, wenn erstinstanzlicher Vortrag dazu fehlt, zu welchem Zeitpunkt ein gefahrloses Passieren des Gehweges zu erwarten gewesen wäre.

OLG Saarbrücken v. 20.05.2021:
  1.  Die Gemeinde haftet für den nicht ordnungsgemäßen Zustand eines der Gefährdungshaftung für ihre Abwasserkanalisationsanlage unterliegenden, in den öffentlichen Gehweg eingelassenen Schachtdeckels eines Revisionsschachts, wenn sich bei dessen Betreten eine Fußgängerin verletzt.

  2.  Eine Gemeinde ist grundsätzlich, d.h. ohne Auftreten von Sabotageakten, nicht gehalten, Schachtdeckel gegen ein Herausheben durch unbefugte Dritte zu sichern.

  3.  Rechtswidrige Eingriffe außenstehender Personen (hier: behauptetes Abheben eines Schachtdeckels) können als höhere Gewalt zu werten sein, sind allerdings vom Inhaber der Anlage mit dem Beweismaß des § 286 ZPO nachzuweisen.

  4.  Das Betreten eines in den Gehweg eingelassenen, nicht erkennbar schadhaften Schachtdeckels kann einer geschädigten Fußgängerin grundsätzlich nicht als Mitverschulden angelastet werden.

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Inline Skater:


Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Fußgängern

OLG Koblenz v. 10.01.2001:
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflichten gegenüber Inline-Skatern

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