"Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ein Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haftung nach § 832 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08, VersR 2009, 790 Rn. 8 mwN). Danach sind sowohl hinsichtlich der Belehrung über die Gefahren des Feuers als auch der Überwachung eines möglichen Umgangs mit Zündmitteln strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen durch das Entzünden von Stroh eine besondere Brandgefahr besteht (vgl. Senatsurteile vom 17. Mai 1983 - VI ZR 263/81, VersR 1983, 734; vom 19. Januar 1993 - VI ZR 117/92, VersR 1993, 485, 486 mwN; vom 27. Februar 1996 - VI ZR 86/95, VersR 1996, 586, 587 mwN). Der Senat hat mehrfach entschieden, dass Eltern ihre sieben bis acht Jahre alten Kinder eindringlich über die Gefährlichkeit des Spiels mit dem Feuer belehren und darauf achten müssen, dass die Kinder nicht unerlaubt in den Besitz von Streichhölzern oder anderen Zündmitteln gelangen. Hierzu gehört auch, die Kinder davor zu warnen, anderen Kindern bei dem Entfachen und dem Unterhalten eines Feuers in irgendeiner Weise zu helfen oder sie dazu anzustiften (vgl. Senatsurteile vom 29. Mai 1990 - VI ZR 205/89, BGHZ 111, 282, 285; vom 1. Juli 1986 - VI ZR 214/84, VersR 1986, 1210 f.; vom 19. Januar 1993 - VI ZR 117/92, VersR 1993, 485, 486 mwN). Eine tägliche Kontrolle der Taschen des Kindes ist von den Aufsichtspflichtigen im Regelfall nicht zu verlangen. Grundsätzlich müssen Kinder im Alter von sieben oder acht Jahren nur dann in dieser Weise auf den Besitz von Streichhölzern oder Feuerzeugen kontrolliert werden, wenn dazu ein besonderer Anlass besteht, wenn etwa beim Kind schon einmal Streichhölzer gefunden worden sind oder das Kind eine besondere Neigung zum Zündeln hat (Senatsurteil vom 1. Juli 1986 - VI ZR 214/84, aaO, 1211). Grundsätzlich ist bereits bei Kindern im Alter ab sieben Jahren weder eine Überwachung "auf Schritt und Tritt" noch eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen erforderlich. Grundsätzlich muss Kindern in diesem Alter, wenn sie normal entwickelt sind, das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht in einem räumlichen Bereich gestattet sein, der den Eltern ein sofortiges Eingreifen nicht ermöglicht. Zum Spiel der Kinder gehört es, Neuland zu entdecken und zu "erobern". Dies kann ihnen, wenn damit nicht besondere Gefahren für sie selbst oder für andere verbunden sind, nicht allgemein untersagt werden. Vielmehr muss es bei Kindern dieser Altersstufe im Allgemeinen genügen, dass die Aufsichtspflichtigen sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen, sofern nicht konkreter Anlass zu besonderer Aufsicht besteht. Andernfalls würde jede vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren, gehemmt (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1984 - VI ZR 273/82, VersR 1984, 968, 969 mwN; vom 7. Juli 1987 - VI ZR 176/86, VersR 1988, 83, 84; vom 18. März 1997 - VI ZR 91/96, VersR 1997, 750; vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08, aaO, Rn. 13)." |
1. | Eltern verstoßen gegen die Aufsichtspflicht, wenn sie ihrem neunjährigen Kind ein Fahrrad mit einem – von wem auch immer – abmontierten Kettenschutz ohne besonderen Hinweis auf die damit verbundenen Gefahren zur freien Verfügung überlassen, so dass dieses unbeaufsichtigt mit offensichtlich nicht geeigneten Hosen im öffentlichen Straßenverkehr darauf fahren kann. |
2. | Verfängt sich die Hose des Kindes in der Fahrradkette bzw. dem äußeren, vorderen Zahnkranz seines Fahrrades und verursacht das Kind infolgedessen einen Schaden an einem ordnungsgemäß geparkten Fahrzeug, haften die Eltern dem Eigentümer aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB. |