Das Verkehrslexikon

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Unklare Verkehrslage beim Überholen - Überholvorgänge - gesetztes Blinklicht

Unklare Verkehrslage




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Überholvorgänge allgemein
Anfahrender Fahrschulwagen hinter Lkw
Anhalten des Vorfahrtberechtigten für einen Wartepflichtigen
Blinken, Einordnen, Langsamerwerden
Gelbes Blinklicht
Haltendes Fahrzeug
Hindernis, Warnblinklicht
Kolonne hinter einem langsamen Fahrzeug
Ansetzen zum Spurwechsel und dann doch davon ablassen



Einleitung:


Der Begriff der unklaren Verkehrslage spielt eine Rolle bei Überholvorgängen; denn das Überholen ist grundsätzlich nicht gestattet, wenn eine sog. unklare Verkehrslage besteht.


Allerdings wird die Frage, wann denn eine Verkehrslage unklar ist, unterschiedlich beantwortet, was sich auch in der teils divergierenden Rechtsprechung niederschlägt.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Überholen

Verzicht auf das Vorfahrtrecht - Vorrangverzicht

Sonderrechte - Einsatzfahrzeuge - Rettungsfahrzeuge - Wegerechtsfahrzeuge

Lückenunfälle

Irreführendes Falschblinken des Vorfahrtberechtigten

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Allgemeines:


KG Berlin v. 04.06.1987:
Eine unklare Verkehrslage im Sinne von StVO § 5 Abs 3 Nr 1 liegt vor, wenn der überholende nicht verläßlich beurteilen kann, was der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer sogleich tun werde. Eine unklare Verkehrslage in diesem Sinne ist nicht bereits gegeben, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt. Selbst wenn sich der Vorausfahrende bereits etwas zur Fahrbahnmitte hin einordnet, so ergibt sich hieraus für den nachfolgenden Kraftfahrzeugführer bei der erforderlichen objektiven Betrachtung noch nicht der Schluß, der Vorausfahrende werde alsbald ohne Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr nach links abbiegen, ohne dies vorher ordnungsgemäß und rechtzeitig anzuzeigen (keine Mithaftung des Überholenden).

KG Berlin v. 13.08.2009:
Eine unklare Verkehrslage ist nur gegeben, wenn an einem vorausfahrenden oder stehenden Fahrzeug der linke Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wird, dies der nachfolgende Verkehr erkennen konnte und dem nachfolgenden überholenden Fahrzeugführer noch ein angemessenes Reagieren – ohne Gefahrenbremsung – möglich war. Dagegen liegt eine unklare Verkehrslage nicht schon dann vor, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt, selbst wenn es sich bereits etwas zur Fahrbahnmitte eingeordnet haben sollte.




AG Krefeld v. 28.01.2010:
Eine Verkehrslage wird nicht bereits dadurch unklar, dass der Vorausfahrende lediglich die Geschwindigkeit verlangsamt oder sein Fahrzeug an den Fahrbahnrand lenkt. Dies gilt auch für ein - als solches erkennbares - Fahrschulauto. Gerade weil bei Übungsfahrten ein Fahrlehrer zugegen ist, der die Kontrolle über das Fahrverhalten seiner Schüler ausübt, müssen die übrigen Verkehrsteilnehmer, auch wenn gegenüber Fahrschülern eine gesteigerte Rücksichtnahme bzw. Geduld angezeigt ist, nicht damit rechnen, dass letztere jederzeit unvorhergesehene Fahrbewegungen ausführen. Sobald bei einem vorausfahrenden bzw. haltenden Fahrzeug aber rechtzeitig der Blinker zum Abbiegen oder Ausscheren gesetzt worden ist, wird in der Regel eine Verkehrslage gegeben sein, die ein ungefährdetes Überholen nicht mehr zulässt.

KG Berlin v. 16.08.2010:
Der Begriff der unklaren Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO bezieht sich im Wesentlichen auf den zu überholenden und etwaigen Querverkehr, weil der Gegenverkehr bereits durch § 5 Abs. 2 Satz 1 StVO geschützt ist.

LG Berlin v. 04.06.2012:
Eine Verkehrslage ist unklar, wenn der Überholende nicht verlässlich beurteilen kann, was der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer sogleich tun werde. Unklar kann die Verkehrslage sein, wenn der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer die Fahrt verlangsamt. Sie muss nicht unklar sein, wenn er die Fahrt nur verzögert oder der Linksabbieger seine Absicht nicht durch Betätigung der Fahrtrichtungsanzeiger anzeigt und sich nicht zur Mitte hin einordnet. Die genannte Vorschrift betrifft allerdings nicht nur das unzulässige Überholen eines Linksabbiegers, sondern jeden Überholvorgang in unklarer Verkehrslage für den Überholenden.

OLG Dresden v. 18.02.2015:
Leitet ein Kradfahrer in einer Fahrzeugkolonne einen Überholvorgang ein, obwohl die vor ihm befindliche Fahrzeugschlange ihre Geschwindigkeit bereits verkehrsbedingt vermindert hatte, ist von einem Überholen bei unklarer Verkehrslage auszugehen.

OLG Saarbrücken v. 16.11.2017:
Eine unklare Verkehrslage liegt nicht vor, wenn für den Überholenden nicht konkret erkennbar war, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug - hier: Traktorgespann - wegen eines am Fahrbahnrand abgestellten Pkw zu einem Ausweichmanöver ansetzen würde.

OLG Hamm v. 14.06.2018:
Allein ein relatives Langsamfahren oder Verlangsamung der Fahrt des Vorausfahrenden ohne sonstige Ausfälle oder das Hinzutreten weiterer Umstände begründet noch keine unklare Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO.

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Überholvorgänge allgemein:


Stichwörter zum Thema Überholen

KG Berlin v. 25.04.2001:
  1.  Eine Verkehrslage beim Überholen ist unklar, wenn nach allen Umständen mit einem ungefährdenden Überholen nicht gerechnet werden kann. Bezieht sich die Unklarheit nur auf das Erkennen etwaigen Gegenverkehrs und von dessen Verhalten, so kommt nur StVO § 5 Abs 2 S 1, nicht jedoch Abs 3 Nr 1 in Betracht, denn letztere Bestimmung betrifft nur den Querverkehr und den zu überholenden Verkehr.

  2.  Nach StVO § 5 Abs 2 S 1 darf nur überholen, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Entscheidend ist, dass der Überholende schon bei Beginn des Überholvorgangs sehen kann, dass auf der gesamten Strecke, die er zum Überholen benötigt, einschließlich der Strecke, die ein Entgegenkommender während des Überholens zurücklegen kann, eine Behinderung etwa auftauchenden Gegenverkehrs auszuschließen ist.

KG Berlin v. 25.11.2021:
  1.  Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten durch Überholen bei unklarer Verkehrslage mit (beabsichtigtem) anschließendem Fahrstreifenwechsel sind nicht zurechenbar, wenn der Überholvorgang rechtzeitig abgebrochen wird und das überholende Fahrzeug noch in seinem (endenden) Fahrstreifen anhält.

  2.  Verkehrsteilnehmer sind gegenüber Fahrzeugen mit gelbem Blinklicht (nur) zu erhöhter Sorgfalt verpflichtet und haben daher auf die besondere Gefahr, hier wegen der Überlänge, entsprechend zu achten.

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Anfahrender Fahrschulwagen hinter Lkw:


AG Erkelenz v. 14.07.2009:
Zwar schafft ein auffälliges Langsamfahren und Einordnen zur Fahrbahnmitte ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers allein noch keine unklare Verkehrslage. Eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich, ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist. Dies ist der Fall, wenn ein Fahrschulwagen längere Zeit mitten auf der Fahrbahn hinter einem Lkw steht und sich sodann in Bewegung setzt. Von einem Überholen des Fahrschulwagens muss dann Abstand genommen werden (Haftungsverteilung 2/3 zu Lasten des Überholers).

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Anhalten des Vorfahrtberechtigten für einen Wartepflichtigen:


Verzicht auf das Vorfahrtrecht - Vorrangverzicht

AG Pforzheim v. 20.09.2010:
Verzichtet ein Verkehrsteilnehmer gegenüber einem wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer, der aus einer Grundstücksausfahrt nach links einfahren will, auf sein Vorfahrtsrecht, bedeutet dies nur den Verzicht auf sein eigenes Vorrecht. Der Verzicht auf den Vorrang befreit den Wartepflichtigen nicht von den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten gegenüber den sonstigen vorfahrtberechtigten Verkehrsteilnehmern. Hat der vorfahrtberechtigte Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahnmitte angehalten, besteht für den nachfolgenden Verkehr eine unklare Verkehrslage, weshalb nachfolgende Fahrzeuge am stehenden Fahrzeug nicht vorbeifahren dürfen. Bei der Kollision des Einfahrenden mit einem nachfolgenden Fahrzeug ist daher eine hälftige Haftungsverteilung richtig und angemessen.

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Blinken, Einordnen, Langsamerwerden:


OLG Schleswig v. 21.04.1993 und LG Frankfurt (Oder) v. 22.06.2000:
Eine unklare Verkehrslage ist bereits dann gegeben, wenn sich der Vorausfahrende zur Straßenmitte hin einordnet und langsamer wird.

KG Berlin v. 07.10.2002:
Das Langsamerwerden und Einordnen zur Straßenmitte eines vorausfahrenden Fahrzeugs bilden noch keine unklare Verkehrslage für einen Überholwilligen.

OLG Köln v. 28.01.2003:
Überholt ein Motorradfahrer eine langsam fahrende Kolonne im Beginn einer Rechtskurve und stößt dabei mit einem ordnungsgemäß blinkenden nach links abbiegenden Kfz zusammen, das zuvor möglicherweise von einem Kleiintransporter verdeckt war, dann trifft ihn in dieser unklaren Verkehrslage ein Haftungsanteil von 80%, während der Kfz-Führer wegen Unterlassens der zweiten Rückschau zu 20% haftet.

OLG Koblenz v. 26.01.2004:
Eine unklare Verkehrslage, die nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO ein Überholen verbietet, liegt vor, wenn nach allen Umständen mit einem gefahrlosen Überholen nicht gerechnet werden darf. Sie ist auch dann gegeben, wenn sich nicht sicher beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich tun wird. Dies ist dann der Fall, wenn bei einem vorausfahrenden Fahrzeug der linke Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wird und dies der nachfolgende Verkehrsteilnehmer erkennen konnte. Dagegen liegt eine unklare Verkehrslage nicht schon dann vor, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt, selbst wenn es sich bereits etwas zur Fahrbahnmitte eingeordnet haben sollte.




KG Berlin v. 15.08.2005:
Eine unklare Verkehrslage ist dann gegeben, wenn sich nicht sicher beurteilen lässt, was Vorausfahrende sogleich tun werden. Dies ist dann der Fall, wenn bei einem vorausfahrenden oder stehenden Fahrzeug der linke Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wird und dies der nachfolgende Verkehrsteilnehmer erkennen konnte und dem überholenden Fahrzeugführer noch ein angemessenes Reagieren - ohne Gefahrenbremsung - möglich war.

OLG Celle v. 15.05.2005:
Allein die Tatsache, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug verlangsamt und nach rechts eingeordnet wird, schafft noch keine unklare Verkehrslage dahingehend, dass dessen Fahrer beabsichtigt, verbotenerweise nach links abzubiegen oder gar zu wenden.

AG Bad Segeberg v. 31.01.2013:
Eine unklare Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt nur vor, wenn der Überholende unter den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, die Verkehrslage also unübersichtlich ist und sich ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht beurteilen lässt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn ein Fahrzeug hinter einem parkenden Fahrzeug anhält und hierbei die Bremsleuchten an sind.

OLG München v. 25.04.2014:
Gegen den Linksabbieger spricht der Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen § 9 I StVO. Der Linksabbieger muss deshalb beweisen, dass er seiner zweiten Rückschaupflicht genügt hat. Verstößt der Linksabbieger gegen die zweite Rückschaupflicht, so haftet er zu 30% mit, wenn er sich links blinkend rechtzeitig zur Mitte hin eingeordnet hat, weil dann von einem Überholen in unklarer Verkehrslage mit einem Haftungsanteil von 70% zu Lasten des Überholenden auszugehen ist.

LG Wuppertal v. 09.01.2015:
Blinkt ein Vorausfahrender rechts, verringert er seine Geschwindigkeit und holt er nach links aus wobei er mit dem Fahrzeug teilweise die gekennzeichnet Linksabbiegerspur benutzt, um nach rechts in ein Grundstück einzufahren, so besteht für den Nachfolgenden eine unklare Verkehrslage. Diese verbietet das Rechtsüberholen und führt bei einer Kollision zu einer Mithaftung von 30% zu Lasten des Rechtsüberholers.

OLG Dresden v. 18.02.2015:
Leitet ein Kradfahrer in einer Fahrzeugkolonne einen Überholvorgang ein, obwohl die vor ihm befindliche Fahrzeugschlange ihre Geschwindigkeit bereits verkehrsbedingt vermindert hatte, ist von einem Überholen bei unklarer Verkehrslage auszugehen.

OLG Frankfurt am Main v. 26.01.2016:
Die Herabsetzung der Geschwindigkeit eines linksabbiegenden Fahrzeugs auf ca. 10 km/h kurz vor der Kollision mit einem überholenden Lkw begründet nicht die Annahme einer unklaren Verkehrslage.

OLG Schleswig v. 26.07.2023:
Ist an einem Treckergespann das linke Blinklicht eingeschaltet, muss nachfolgender Verkehr damit rechnen, dass dessen Führer nach links abbiegen werde. Diese unklare Verkehrslage führt nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO zu einem Überholverbot für einen Vespa-Fahrer und zu einer Schadensteilung 50:50.

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Gelbes Blinklicht:


Sonderrechte - Einsatzfahrzeuge - Rettungsfahrzeuge - Wegerechtsfahrzeuge

OLG Düsseldorf, v. 04.04.2017:
Die Bedeutung eines gelben Blinklichts geht nicht über die Warnung vor Gefahren hinaus, § 38 Abs. 3 Satz 1 StVO. Bei einem Reinigungsfahrzeug bezieht sich die Warnung nur auf Gefahren, die von dem Fahrzeug bzw. den von ihm ausgeführten Arbeiten ausgehen. - Eine unklare Verkehrslage i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO wird durch das gelbe Blinklicht allein nicht begründet.

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Haltendes Fahrzeug


KG Berlin v. 12.08.2010:
Kollidiert ein vom Fahrbahnrand anfahrendes Fahrzeug , dem ein im rechten Fahrstreifen befindlicher Pkw durch sein Anhalten das Anfahren ermöglicht hat, mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, das den im rechten Fahrstreifen stehenden Pkw links überholt hat, so haftet der Anfahrende allein, selbst wenn der Überholer dann wieder nach rechts eingeschert ist. Es besteht durch das Anhalten keine unklare Verkehrslage. Denn weder wird der Anfahrende "überholt" im Sinne des § 5 StVO noch liegt ein Überholen in einer unklaren Verkehrslage (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vor; darüber hinaus bezwecken weder Überholverbote noch § 7 Abs. 5 StVO den Schutz vom Fahrbahnrand anfahrender Verkehrsteilnehmer.

OLG Saarbrücken v. 16.11.2017:
Beim Vorbeifahren an einem Hindernis (§ 6 StVO) - hier einem haltenden Pkw - treffen den Ausscherenden gegenüber dem nachfolgenden Verkehr dieselben Sorgfaltspflichten wie einen Überholenden. Der Sorgfaltsmaßstab des Überholenden ist aber höher als der des Vorbeifahrenden, weil dieser auf den nachfolgenden Verkehr zu "achten" hat, während der Überholende sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs "ausgeschlossen" ist.

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Hindernis, Warnblinklicht:


Fahrbahnverengung - Vorbeifahren an einem Hindernis

Liegenbleiben von Fahrzeugen

OLG Brandenburg v. 08.07.2010:
Bei einer unklaren Verkehrslage mit konkreter Warnung durch Warnblinkleuchten findet der Grundsatz, dass das Nichterkennen ungewöhnlich schwer sichtbarer Hindernisse, auf die nichts hindeutet, nicht vorwerfbar ist, keine Anwendung. Führt ein nachfolgender Kfz-Führer in eine Unfallstelle, die bereits durch Warnblinkleuchten gesichert ist, infolge zu hoher Geschwindigkeit hinein, stehen ihm gegen den Erstverursacher keine Schadensersatzansprüche zu.

LG Saarbrücken v. 19.07.2013:
Kommt es während der Fahrt auf einer Autobahn zu einem Reifenschaden, bei dem sich die Karkasse des Reifens löst und zu einem Unfall des nachfolgenden Verkehrs führt, spricht gegen den Fahrer kein Anscheinsbeweis, dass er seiner Pflicht aus § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO zur Überprüfung der Bereifung vor Fahrtantritt nicht bzw. nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Der Auffahrende kann den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht mit dem Hinweis auf die schwere Erkennbarkeit des Reifenteils erschüttern, wenn im Hinblick auf ein eingeschaltetes Warnblinklicht eine unklare Verkehrslage vorliegt, bei der der Verkehr auch mit ungewöhnlich schwer sichtbaren Hindernissen rechnen muss.

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Kolonne hinter einem langsamen Fahrzeug:


OLG Dresden v. 30.01.2004:
Eine unklare Verkehrslage besteht für den letzten in einer Fahrzeugkolonne hinter einem langsameren Fahrzeug Fahrenden jedoch nicht bereits deshalb, weil er nicht darauf vertrauen kann, dass kein weiterer vor ihm fahrender Verkehrsteilnehmer zum Überholen ausscheren werde.

OLG Rostock . 23.02.2007:
Das Überholen einer Kolonne durch einen Kleintransporter auf einer Bundesstraße unmittelbar hinter einer Ortschaft stellt noch kein Überholen bei unklarer Verkehrslage dar.



OLG Saarbrücken v. 16.10.2014:
Eine unklare Verkehrslage ist - gleichgültig aus welchen Gründen - gegeben, wenn nach den objektiven Umständen mit gefahrlosem Überholen nicht gerechnet werden darf. Unklar ist die Verkehrslage insbesondere, wenn eine Kolonne vorausfährt und mit dem Ausscheren und Linksabbiegen eines Fahrzeugs aus der Kolonne zu rechnen ist.

OLG Dresden v. 18.02.2015:
Leitet ein Kradfahrer in einer Fahrzeugkolonne einen Überholvorgang ein, obwohl die vor ihm befindliche Fahrzeugschlange ihre Geschwindigkeit bereits verkehrsbedingt vermindert hatte, ist von einem Überholen bei unklarer Verkehrslage auszugehen.

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Ansetzen zum Spurwechsel und dann doch davon ablassen:


LG Leipzig v. 10.01.2019:
Verlässt ein Kfz-Führer auf der Autobahn die ganz linke von drei Fahrspuren teilweise, zieht dann aber sein Fahrzeug noch vor dem kompletten Spurwechsel wieder in die ursprüngliche Position zurück, und kommt es dabei zu einer Kollision mit einem auf dem ganz linken Fahrstreifen in Überholabsicht herannahenden Kfz, liegt für den Überholenden eine unklare Verkehrslage vor (Haftungsanteil 60% : 40% zu Lasten des Überholenden).

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