Vielfach ist es für eine sachgerechte Verteidigung in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren nachteilig, wenn der Beschuldigte bzw. Betroffene nicht weiß, auf welche konkreten Ermittlungstatsachen, Zeugenaussagen und sonstigen Beweismittel sich die mit der Aufklärung des Sachverhalts befassten Behörden stützen und auf Grund welcher Tatsachen es überhaupt zu einem Vorwurf kommen konnte.
In den durch den Grundsatz der Waffengleichheit geprägten Straf- und Bußgeldverfahren ist es daher nötig, dem von dem Verfahren Betroffenen auch die Möglichkeit zu geben, sich mit dem "Anklagematerial" vertraut zu machen. Dem dient ein weitgehendes Akteneinsichtsrecht.
Allerdings wird dieses in erster Linie den mit der Verteidigung beauftragten Verteidigern eingeräumt; die Betroffenen selbst können sich zwar auch Kenntnis von den Ermittlungsakten verschaffen, aber in wesentlich eingeschränkter Weise.
Werden die Akten auf Anforderung des Anwalts in dessen Kanzlei versandt, wird eine Aktenversendungspauschale erhoben. Strittig ist, ob es sich dabei um eine den Anwalt selbst oder den Mandanten (und damit die hinter diesem ggf. stehende Rechtsschutzversicherung) treffende Kostenposition handelt und ob auf die Aktenversendungspauschale vom Anwalt bei der Abrechnung Umsatzsteuer zu erheben ist oder ob es ich um einen durchlaufenden Posten handelt.
Diesen Meinungsstreit hat der BGH mit seinem Urteil vom 06.04.2011 dahingehend entschieden, dass die Aktenversendungspauschale der Umsatzsteuer unterliegt und daher beispielsweise der Rechtsschutzversicherer zum Ersatz der Pauschale wie auch der darauf entfallenden Umsatzsteuer verpflichtet ist.
Mit dem Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungs-Gesetzes am 1. August 2013 wurde Nr. 9003 KV-GKG neu gefasst und lautet nicht mehr
"Pauschale für die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung",
sondern
"Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport und Verpackungskosten je Sendung",
was zur Folge hat, dass die Aktenversendungspauschale nur noch erhoben werden darf, wenn Versendungskosten tatsächlich anfallen, aber beispielsweise nicht mehr, wenn die Akten in das Gerichtsfach des Anwalts eingelegt werden.
AG Straubing v. 10.01.2006:
Es ist zulässig, den Verteidiger im Rahmen des ihm zustehenden Akteneinsichtsrechts an diejenige Behörde verwiesen werden, bei der sich das Original-Videoband befindet. Ein Anspruch auf Übersendung einer Kopie durch die Bußgeldbehörde selbst besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Übersendung des Original-Videobandes. Das Angebot der Fertigung einer Kopie gegen Einsendung einer Leerkassette ist ausreichend.
AG Bad Kissingen v. 06.07.2006:
Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Inhalt hat, ein Recht auf Einsicht in alle Unterlagen, die regelmäßig dem Sachverständigen vorgelegt werden. Akteneinsicht in die Lebensakte und die Bedienungsanleitung sowie Ausbildungsnachweise, die eine vorgeschriebene Ausbildung betreffen, kann nur in den Diensträumen der Polizei gewährt werden. Ein Versand dieser Originalunterlagen, die ständig durch die Polizeidienststelle benötigt werden, kommt nicht in Betracht. Die Fertigung von Kopien der Bedienungsanleitung steht der urheberrechtliche Schutz dieser Aufzeichnung entgegen.
AG Kleve v. 03.08.2008:
Die Verwaltungsbehörde ist jedenfalls dann, wenn sie im Besitz der Bedienungsanleitung für ein Messgerät ist, dazu verpflichtet, diese auf Anforderung dem Verteidiger zur Verfügung zu stellen, und zwar in dessen Büro, wenn er nicht am Ort der Bußgeldstelle ansässig ist.
OLG Hamm v. 02.03.2009:
Stützt der Betroffene seinen Wiedereinsetzungsantrag auf die Nichtgewährung von Akteneinsicht, so hat er für jede der erhobenen Verfahrensrügen ausreichend darzulegen, dass er durch die fehlende Akteneinsicht an einer ordnungsgemäßen Begründung gehindert war. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen kann ausnahmsweise nur dann erfolgen, wenn dem Verteidiger des Beschwerdeführers trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist bzw. der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Aktenkenntnis nicht begründet werden können.
AG Heinsberg v. 21.09.2009:
Zwar hat der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran, eine amtliche Ermittlungsakte einzusehen, bevor er sich über die Ablehnung oder Anerkennung seiner Einstandspflicht schlüssig wird. Eine Veranlassung zur Klageerhebung gibt er daher nicht, wenn und soweit er trotz zumutbarer Bemühungen keine Akteneinsicht erhalten hat und aus diesem Grund keine abschließende Erklärung zu seiner Einstandspflicht abgibt. Jedoch muss die Regulierung sodann nach einer höchstens zwei- bis dreiwöchigen Prüfungsfrist erfolgen.
OLG Karlsruhe v. 28.10.2009:
Einem Angeklagten steht grundsätzlich kein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht in Form der unmittelbaren Überlassung bzw. Übersendung der Akten an sich selbst zu; einem Akteneinsichtsantrag eines nicht durch einen Verteidiger vertretenen Angeklagten ist jedoch - soweit dies zur angemessenen Verteidigung erforderlich ist - Akteneinsicht durch Erteilen von Auskünften und/oder Abschriften aus den Akten oder durch Gewährung von Akteneinsicht bzw. Ermöglichung der Fertigung von Ablichtungen auf der Geschäftsstelle zu genügen.
AG Erfurt v. 25.03.2010:
Dem Rechtsanwalt des Betroffenen ist im Bußgeldverfahren uneingeschränkt Akteneinsicht in die gesamte Akte zu gewähren, wenn er dies beantragt. Dies bezieht sich in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung auch auf die sog. Lebensakte des Messgeräts.
AG Hamm v. 18.05.2011:
Die Rechte des Betroffenen in sämtliche Unterlagen des Bußgeldverfahrens Einsicht zu nehmen, um sich sachgerecht zu verteidigen, werden dadurch hinreichend gewahrt, dass ihm angeboten wird, auf einer Dienststelle der Verwaltungsbehörde Einsicht in sämtliche Unterlagen nehmen zu können. Dass der Betroffene die Bedienung und Aufstellung des konkret eingesetzten Messgerätes nachvollziehen und überprüfen kann, wird durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Originalbedienungsanleitung gewährleistet. Ortsverschiedenheit zwischen Wohnsitz des Betroffenen und Sitz der Behörde ist hinzunehmen.
LG Lüneburg v. 19.07.2011:
Beantragt der Verteidiger des Betroffenen die Beiziehung der Lebensakte und der Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes - hier Traffipot S Digital - und gewährt der Amtsrichter daraufhin Akteneinsicht in den Räumen des Landkreises, dann ist diese Entscheidung nicht mit der Beschwerde anfechtbar, weil es sich lediglich um eine die Hauptverhandlung vorbereitende Entscheidung handelt und nicht um einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung.
AG Nauen v. 15.01.2019:
Gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO hat der Verteidiger des Betroffenen ein Recht auf Akteneinsicht, das sich auf alle Akten, Aktenteile und weiteren Unterlagen oder Datenträger bezieht, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, aus denen sich der Schuldvorwurf ergeben soll und die möglicherweise auch der Entlastung des Betroffenen dienen können.
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Verfassungsrechtsprechung:
BVerfG v. 07.12.1982:
Nach § 147 Abs. 1 StPO ist der Verteidiger befugt, die Akten einzusehen, die dem Gericht vorliegen. Hierbei nimmt er ein Recht des Beschuldigten wahr, in dessen Verteidigungsinteresse die Befugnis gewährt ist. Für den Rechtsanwalt als Verteidiger ist sie zugleich ein wesentliches Element seiner Berufsausübung. Das Recht zur Akteneinsicht ist, sofern die Ermittlungen förmlich abgeschlossen sind (§ 169 a StPO), zwar nach Ort, Zeitpunkt und Dauer der Einsichtnahme modifizierbar, hinsichtlich seines Umfangs aber weder eingeschränkt noch beschränkbar. Das Einsichtsrecht erstreckt sich unzweifelhaft auf die vollständigen Akten und Aktenteile, welche die Staatsanwaltschaft dem Gericht als möglicherweise bedeutsam für das Verfahren und die Entscheidung über die Schuld- und Straffrage zugeleitet hat, die das Gericht angelegt oder zur Erfüllung seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) beigezogen hat. Es umfasst nicht nur die Akten, die die Staatsanwaltschaft dem Gericht mit Anklageerhebung vorgelegt hat (§ 199 Abs. 2 Satz 2 StPO), sondern ebenso alle sonstigen verfahrensbezogenen Vorgänge, die zu den Akten genommen worden sind, einschließlich sämtlicher Beiakten.
BVerfG v. 14.09.2011:
Die Gewährung von Akteneinsicht nur auf der Geschäftsstelle des Gerichts für einen auswärtigen Verteidiger ist objektiv willkürlich. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Ein Verteidiger Anspruch darauf, dass über seinen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht und über deren Durchführung willkürfrei entschieden wird.
OLG Hamburg v. 24.10.2014
Nebenklägern steht grundsätzlich nach § 406e Abs. 1 Satz 1 StPO über ihren Rechtsanwalt auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses Akteneinsicht zu. Dieses Recht is jedoch nach § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO zu versagen, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Verfahren, gefährdet erscheint. Der Untersuchungszweck ist gefährdet, wenn durch die Aktenkenntnis des Verletzten eine Beeinträchtigung der gerichtlichen Sachaufklärung zu besorgen ist. - Eine umfassende Einsicht in die Verfahrensakten ist dem Verletzten in aller Regel in solchen Konstellationen zu versagen, in denen seine Angaben zum Kerngeschehen von der Einlassung des Angeklagten abweichen und eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorliegt.
AG Senftenberg v. 26.04.2011:
Hat ein Verteidiger in einem Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung einem öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Sachverständigen Untervollmacht zur Einsichtnahme in die Messdatei erteilt, so hat der Sachverständige das Recht, die vollständige Messserie in Augenschein zu nehmen. Dabei beschränkt sich das Akteneinsichtsrecht nicht auf Einsicht in die Originaldateien in den Räumen der zentralen Bußgeldstelle. Die Messserie ist vielmehr mit allen Originaldateien dem Sachverständigen zu übersenden.
OLG Celle v. 13.01.2012:
Gegenstand des Akteneinsichtsrechts nach § 147 Abs. 1 StPO sind die dem Gericht vorliegenden oder ihm im Falle der Anklage gemäß § 199 Abs. 2 Satz 2 StPO vorzulegenden Akten. Das sind die von der Staatsanwaltschaft bzw. der Bußgeldbehörde nach objektiven Kriterien als entscheidungserheblich dem Gericht zu präsentierenden Unterlagen. Dazu gehört das gesamte vom ersten Zugriff an gesammelte Beweismaterial, einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen, die gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen sind. Hierzu zählt namentlich eine Videoaufzeichnung des Betroffenen bzw. des von ihm geführten Fahrzeugs zum Nachweis eines Geschwindigkeitsverstoßes.
OLG Köln v. 27.02.2015:
Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet es, Schriftstücke, aus denen sich schuldspruch- oder rechtsfolgenrelevante Umstände ergeben können, den Akten fernzuhalten. Was für das Verfahren geschaffen worden ist, darf der Akteneinsicht nicht entzogen werden.
OLG Düsseldorf v. 22.07.2015:
Weder aus § 147 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG noch aus dem Gebot des fairen Verfahrens ergibt sich gegenüber dem Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung ein Recht des Betroffenen auf Einsicht in die bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Daten der Geschwindigkeitsmessungen des Tattages, die lediglich andere Verkehrsteilnehmer betreffen, und auf Überlassung der Daten zur eigenen Auswertung.
OLG Saarbrücken v. 14.07.2022:
Der Betroffene eines Bußgeldverfahrens einer verkehrsrechtlichen Anordnung het grundsätzlich einen Anspruch auch diejenigen Messunterlagen, die sich zwar nicht in der der Akte befinden, jedoch für seine Verteidigung von Bedeutung sein können; dies gilt insbesondere für Beschilderungspläne..und verkehrsrechtliche Anordnungen.
OLG Zweibrücken v. 10.07.2020:
Ist die Übersendung der in Papierform geführten (Original-)Akte an den Verteidiger vor der Hauptverhandlung nicht (mehr) möglich, hat der Bußgeldrichter mit Blick auf die gem. § 110c Satz 1 OWiG auch für das Bußgeldverfahren geltende Bestimmung des § 32f Abs. 2 S. 2 StPO zu erwägen, die in Papierform vorliegende Akte einscannen und auf elektronischem Wege, naheliegend im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs, zum Abruf durch den Verteidiger zur Verfügung stellen zu lassen.
OLG Saarbrücken v. 16.11.91:
Die gegnerische Versicherung hat kein Recht, mit der Regulierung des Schadens erst auf die Akteneinsicht zu warten.
OLG Schleswig v. 20.01.2009:
Bei einer Person, die am Zivilverfahren nicht beteiligt ist, handelt es sich um eine dritte Person iSv § 299 Abs. 2 ZPO, der ohne die Einwilligung der Parteien die Einsicht in Akten nur gestattet werden kann, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. Der gesetzliche Unfallversicherer, dem möglicherweise ein Rückgriffsanspruch gegen einen Unfallbeteiligten zusteht, hat ein derartiges zur Akteneinsicht berechtigendes Interesse.
OVG Münster v. 02.02.2016:
Zu den Anforderungen an die Darlegung einer Gehörsrüge, weil dieses dem Prozessbevollmächtigten im erstinstanzlichen Verfahren entgegen dessen Antrag auf Akteneinsicht durch Übersendung der Akten in seine Geschäftsräume nur Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts angeboten hat.
AG Hannover v. 09.01.2015:
Zu den grundsätzlich gem. § 249 BGB erstattungsfähigen Kosten gehören auch die Kosten der Rechtsverfolgung, insbesondere die Rechtsanwaltskosten. Zu diesen gehören in Verkehrsunfallsachen regelmäßig auch die Kosten, die durch die Anforderung der Bußgeldakte entstehen.
OLG Saarbrücken v. 14.10.2015:
Die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV-GKG fällt auch dann an, wenn der Aktentransport durch einen privaten externen Dienstleister erfolgt, der für den Transport von Akten und anderen Gegenständen eine pauschale Vergütung erhält, und deshalb konkret stückbezogene Transportkosten nicht oder nur mit großem Aufwand bezifferbar sind.
AG Brandenburg v. 22.02.2005:
Entstehen dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale gem. § 107 Abs. 5 OWiG von 12 € zusätzliche Kosten (hier: Rücksendung der Akten auf eigene Kosten), sind diese vom Aktenversender zu erstatten.
OLG Hamm v. 19.12.2005:
Ein Anspruch auf unfreie Rücksendung der Akten bzw. auf Ersatz seiner Portoauslagen für die Rücksendung sollte dem Kostenschuldner durch die mit dem Kostenänderungsgesetz eingeführte Kostenpauschale nicht zugebilligt werden. Dies wäre auch mit der Gesetzessystematik nicht vereinbar. Das Gerichtskostengesetz regelt, welche Ansprüche der Staat gegenüber dem Rechtssuchenden hat. Jedoch gibt es dem Kostenschuldner keinen Anspruch gegen den Staat.
OLG Koblenz v. 05.01.2006:
Die Aktenversendungspauschale von 12 € gilt die Hin- und Rücksendung auf Kosten der Staatskasse ab. Diese ist daher verpflichtet, für die Rücksendung einen Freiumschlag beizufügen oder in sonstiger Weise sicher zu stellen, dass den Zahlungspflichtigen keine weiteren Kosten für die Rücksendung entstehen.
LG Leipzig v. 02.09.2008:
Die Akteneinsichtspauschale und die Postauslagenpauschale können nicht nebeneinander geltend gemacht werden. Die Aktenversendungspauschale wird durch die Postpauschale abgegolten. Soweit die Auslagen des Verteidigers den Pauschalbetrag übersteigen, steht es ihm frei, seine Auslagen gemäß Nr. 7001 VV RVG nach den tatsächlich entstandenen Kosten zu berechnen und die pauschalen Aktenversendungsentgelte in die Berechnung einzubeziehen.
OLG Koblenz v. 20.03.2014:
Aufgrund der Neufassung der Nr. 9003 KV-GKG mit Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungs-Gesetzes am 1. August 2013 kann die Aktenversendungspauschale bei Gewährung von Akteneinsicht über das Gerichtsfach eines Rechtsanwaltes nicht mehr erhoben werden, auch dann nicht, wenn die Akte zu diesem Zweck zwischen Staatsanwaltschaft und Landgericht in verschiedenen Justizgebäuden durch Justizbedienstete mittels Dienstwagen transportiert werden muss. - Unter dem Begriff der Auslagen in Nr. 9003 KV-GKG sind die auf den konkreten Versendungsvorgang im Einzelfall bezogenen und neben anfallenden Gebühren gesondert bezifferbaren Geldleistung für Transport und Verpackung zu verstehen, für die die Justizkasse in Vorleistung tritt. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Bezifferung im Einzelnen nicht mehr erforderlich, da die Vorschrift eine Pauschalabrechnung vorsieht.
OLG Köln v. 16.10.2014:
Nach der Neufassung der Nr. 9003 KV GKG durch das 2. KostRModG kann die Aktenversendungspauschale bei Gewährung von Akteneinsicht über ein Gerichtsfach eines Rechtsanwaltes nicht mehr erhoben werden (Anschluss OLG Koblenz, 20. März 2014, 2 Ws 134/14, JurBüro 2014, 379).
OLG Köln v. 23.01.2015:
Die Aktenversendungspauschale nach KV 9003 GKG kann nur erhoben werden, wenn durch die Aktenversendung ein konkreter, grundsätzlich bezifferbarer Geldbetrag verursacht wurde.
OLG Bamberg v. 23.01.2015:
Die Aktenversendungspauschale fällt auch nach der durch das am 1. August 2013 in Kraft getretene 2. KostRModG vom 23. Juli 2013 (BGBl. I, S. 2586) erfolgten Neufassung des Auslagentatbestandes der Nr. 9003 KV-GKG an, wenn auf Ersuchen eines Rechtsanwalts die Akten zum Zwecke der Gewährung von Akteneinsicht durch Inanspruchnahme eines externen Postdienstleisters an das Gerichtsfach des Rechtsanwalts bei einem auswärtigen Gericht übersandt werden.
OLG Karlsruhe v. 28.10.2009:
Zur formgerechten Begründung einer Verfahrensrüge gegen ein Verwerfungsurteil bzw. ein die Verwerfung bestätigendes Berufungsurteil reicht es aus, wenn die Revision unter Angaben bestimmter Tatsachen ausführt, das Gericht habe den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung verkannt (sog. allg. Verfahrensrüge). Allein die in der Nichtbescheidung eines Akteneinsichtsantrags liegende unrichtige oder unsachgemäße gerichtliche Sachbehandlung reicht zur Annahme einer genügenden Entschuldigung i.S.d. §§ 412 Satz 1, 329 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass dem Angeklagten aufgrund der ihm bekannten und erkennbaren Umstände des Einzelfalles darüber hinaus billigerweise kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er zur Hauptverhandlung nicht erschienen ist.
BGH v. 23.02.2010:
Einer Verfahrensrüge wegen fehlender Akteneinsicht zu versagen, weil es für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, nicht genügt, dass diese Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht. Bei der Rüge der Beschränkung der Verteidigung in einem wesentlichen Punkt durch Ablehnung eines Antrags auf Beiziehung von Akten bzw. eines Akteneinsichtsantrags ist daher ein substantiierter Vortrag erforderlich, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus folgten.
OLG Frankfurt am Main v. 30.12.2019:
Die Verwaltungsbehörde ist nicht gehalten, die Entscheidung des Gerichts im Zwischenverfahren nach §§ 62, 68 OWiG abzuwarten, bevor sie das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgeben darf.Die Verwaltungsbehörde muss allerdings zunächst selbst eine Entscheidung treffen.
Das Gericht ist ebenfalls nicht gehalten, vor Entscheidung in der Hauptsache eine Entscheidung nach §§ 62, 68 OWiG zu treffen.
AG Perleberg v. 08.08.2022:
Gegenüber einem gegen den Bußgeldbescheid eingelegten Einspruch sind andere Rechtsmittel subsidiär. Ein neben dem Einspruch gestellter Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, Akteneinsicht in die Messdaten zu bekommen, ist daher unzulässig.