Das Verkehrslexikon

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Unfallersatztarif - Mietwagenkostenersatz - Normaltarif - Aufklärungspflicht - Autovermieter - Schadensminderungspflicht

Der Unfallersatztarif


Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Meinungsstreit (ältere Beispiele)
-   Die BGH-Rechtsprechung
-   Sonstige Gerichte
-   Aufklärungspflicht des Autovermieters
-   Unzulässige Rechtsdienstleistungen
-  

Schwacke-Liste oder Fraunhofer-Institut?:

-   Neutrale Position
-   Für Schwacke-Liste
-   Für Fraunhofer-Studie
-   Für Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer
-   Klassenabstufung bei älteren Fahrzeugen
-   Einzelfälle



Einleitung:


Beinahe sämtliche Autovermietungen halten für ihre Kunden den sog. Normaltarif bereit, während sie denjenigen - ihnen oft fremden und zum ersten Mal gegenübertretenden - Kunden, die einen unverschuldeten Unfall hatten, die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum sog. Unfallersatztarif anbieten, der wesentlich höher liegt als der Normaltarif.

Um die Pflicht des Geschädigten, einen derart hohen Mietwagentarif ersetzen zu müssen, wird seit langer Zeit mit unzähligen Argumenten für und wider gestritten.


Die sich im wesentlichen aus der umfangreichen BGH-Rechtsprechung ergebenden Grundsätze fasst das OLG Nürnberg (Beschluss vom 18.07.2012 - 12 U 1821/10) so zusammen:

   "Nach § 249 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.

bb) Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem "Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter - gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen - zu schätzen. Dabei ist er nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif - unter Umständen auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den "Normaltarif" - rechtfertigen.

cc) War der "Unfallersatztarif" auch mit Rücksicht auf die Unfallsituation nicht im geltend gemachten Umfang zur Herstellung "erforderlich", kann der Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den den Normaltarif übersteigenden Betrag (nur) dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war.




Die Beurteilung der Zugänglichkeit bemisst sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es insbesondere hinsichtlich der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten darauf an, ob ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten ist, ferner kann eine Rolle spielen, wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt.

dd) Bei Inanspruchnahme eines Normaltarifs oder eines einheitlichen Tarifs obliegt dem Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat.

Hingegen trägt in Fällen, in denen die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs grundsätzlich gerechtfertigt erscheint und durch einen Aufschlag zum Normaltarif geschätzt werden kann, der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast, wenn er geltend macht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen "ohne weiteres" zugänglich gewesen sei.

ee) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs liegt im tatrichterlichen Ermessen gemäß § 287 ZPO. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen nicht auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. So kann der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auch auf der Grundlage des "Schwacke-Mietpreisspiegels" im maßgebenden Postleitzahlengebiet (ggf. mit sachverständiger Beratung) ermitteln. Allerdings ist auch eine Schätzung auf der Grundlage anderer Listen oder Tabellen, wie etwa der Fraunhofer-Liste, nicht von vornherein rechtsfehlerhaft, denn die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.

ff) Vgl. zum Ganzen aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 14.02.2006 - VI ZR 126/05, NJW 2006, 1506; Urteil vom 04.04.2006 - VI ZR 338/04, NJW 2006, 1726; Urteil vom 09.05.2006 - VI ZR 117/05, NJW 2006, 2106; Urteil vom 23.01.2007 - VI ZR 243/05, NJW 2007, 1122; Urteil vom 30.01.2007 - VI ZR 99/06, NJW 2007, 1124; Urteil vom 26.06.2007 - VI ZR 163/06, NJW 2007, 2916; Urteil vom 09.10.2007 - VI ZR 27/07, NJW 2007, 3782; Urteil vom 11.03.2008 - VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519; Urteil vom 24.06.2008 - VI ZR 234/07, NJW 2008, 2910; Urteil vom 14.10.2008 - VI ZR 308/07, NJW 2009, 58; Urteil vom 19.01.2010 - VI ZR 112/09, NJW-RR 2010, 679; Urteil vom 02.02.2010 - VI ZR 139/08, NJW 2010, 1445; Urteil vom 18.05.2010 - VI ZR 293/08, NJW-RR 2010, 1251; Urteil vom 22.02.2011 - VI ZR 353/09, NJW-RR 2011, 823; Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09, NJW 2011, 1947; Versäumnisurteil vom 17.05.2011 - VI ZR 142/10, NJW-RR 2011, 1109."


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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung

Stichwörter zum Thema Mietwagen

Mietwagenkosten allgemein

Die neuere Rechtsprechung des BGH zum Unfallersatztarif

Rechtsprechung: Der Geschädigte muss ggf. einen günstigeren Langzeittarif wählen

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Allgemeines:


BGH v. 19.02.2008:
Ist unstreitig, dass ein Verkehrsunfallgeschädigter nach dem Unfall auf die sofortige Weiterfahrt mit einem Mietfahrzeug angewiesen war, darf der Tatrichter die auf Ersatz der Mietwagenkosten nach einem Unfallersatztarif gerichtete Klage nicht mit der Begründung abweisen, dieser Vortrag sei schon im Hinblick auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens unsubstanziiert, weil auch die vorübergehende Inanspruchnahme eines Taxis sowie eine Rücksprache mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers in Betracht gekommen seien.

BGH v. 14.10.2008:
Zur Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsangeboten bei Konkurrenzunternehmen, obwohl dem Verkehrsunfallgeschädigten bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges vom Autovermieter Einblick in Preislisten anderer Anbieter gewährt wird.

BGH v. 09.03.2010:
Zur Frage, wann eine Eil- oder Notsituation ausnahmsweise eine hinreichende Erkundigung nach günstigeren Mietwagenpreisen entbehrlich machen kann.

LG Mosbach v. 12.05.2010:
Der Geschädigte verstößt nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter – gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen – zu schätzen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt.

OLG Köln v. 11.08.2010:
Ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif ist nicht berechtigt, wenn eine Vermietung nicht am Unfalltag selbst, sondern zu einem späteren Zeitpunkt (frühestens an dem dem Unfall folgenden Tag) erfolgt ist und damit eine Anmietung zum Normaltarif möglich und daher nach § 254 BGB geboten war.

AG Mönchengladbach v. 17.07.2012:
Das Gericht kann nicht gezwungen werden, bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf eine bestimmte Liste oder Tabelle zurückzugreifen.

OLG Nürnberg v. 18.07.2012:
Der Geschädigte kann von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem "Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.

OLG Dresden v. 18.12.2013:
Der Verkehrsunfallgeschädigte verstößt noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls der Ersatzforderung etc.) allgemein einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich sind.

AG Nauen v. 08.09.2014:
Der Geschädigte darf einen Mietwagen zum höheren Unfalltarif anmieten, weil zu berücksichtigen ist, dass im Unfallersatztarif grundsätzlich ein Aufschlag zum Normaltarif zu erwarten ist, da keine Vorreservierung stattfindet, normalerweise keine Zahlung mit Kreditkarten erfolgt, die Anmietdauer ungewiss ist und darüber hinaus ein Risiko des Forderungsausfalls besteht.

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Ältere Beispiele für den Meinungsstreit:


OLG Stuttgart v. 31.03.1994:
Die Wahl eines Unfallersatztarifs seitens des Geschädigten verstößt nicht gegen die Schadensminderungspflicht.

OLG München v. 17.05.1994 u. a.:
Die Vereinbarung eines Unfallersatztarifs verstößt gegen die Schadensminderungspflicht.

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Die BGH-Rechtsprechung:


BGH v. 12.10.2004:
Ein "Unfallersatztarif" ist nur insoweit ein "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. als die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlaßt und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind.

BGH v. 19.04.2005:
Zur Beweislast der individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten und zur Zumutbarkeit der Vorfinanzierung der Mietwagenkosten, um einen Normaltarif erlangen zu können

BGH v. 25.10.2005:
Der Unfallersatztarif ist zu ersetzen, wenn er betriebswirtschaftlich berechtigt ist; ist dies nicht der Fall, dann ist er gleichwohl zu ersetzen, wenn dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nicht ohne weiteres zur Verfügung stand.

BGH v. 14.02.2006:
Bei der Frage nach der Erforderlichkeit eines "Unfallersatztarifs" ist der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif - u.U. auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den "Normaltarif" rechtfertigen.

BGH v. 14.02.2006:
Zu den Voraussetzungen, unter denen die Frage, ob und inwieweit ein Unfallersatztarif im Sinne des § 249 BGB erforderlich ist, keiner gerichtlichen Prüfung bedarf.

BGH v. 04.04.2006:
Der Geschädigte verstößt bei Anmietung eines Kraftfahrzeugs zu einem Unfallersatztarif, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, nur dann nicht gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.

BGH v. 09.05.2006:
Über das objektiv erforderliche Maß hinaus kann der Geschädigte nach der Senatsrechtsprechung im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den übersteigenden Betrag nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer "(Normal-)Tarif" zugänglich war.

BGH v. 13.06.2006:
Dass ein Mietwagenunternehmen dem Geschädigten nur einen Tarif angeboten hat, reicht grundsätzlich nicht für die Annahme aus, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen.

BGH v. 04.07.2006:
Zu den Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Tatrichters hinsichtlich der Frage, ob dem Geschädigten bei Anmietung eines Fahrzeugs zu einem überhöhten Unfallersatztarif ein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - zugänglich war.

BGH v. 21.01.2007:
Die Frage, ob ein vom Geschädigten beanspruchter Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist, kann dann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls die kostengünstigere Anmietung eines entsprechenden Fahrzeugs zugemutet werden konnte, weil ihm in der konkreten Situation ein Normaltarif, der in vollem Umfang seinen Bedürfnissen entsprach, ohne weiteres zugänglich war.

BGH v. 23.01.2007:
Zu den Anforderungen an die Feststellung, ob ein vom Geschädigten beanspruchter Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist und ob dem Geschädigten ein Normaltarif ohne weiteres zugänglich war.

BGH v. 30.01.2007:
Bei der Frage nach der Erforderlichkeit eines "Unfallersatztarifs" ist der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif - u.U. auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den "Normaltarif" rechtfertigen

BGH v. 13.02.2007:
Für die Annahme, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen, reicht nicht aus, dass das Mietwagenunternehmen dem Geschädigten nur einen Tarif angeboten hat und ihm bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs unter Offenlegung der Unfallsituation auch im Bereich einer Stadt zunächst ausschließlich der Unfallersatztarif angeboten worden wäre.

BGH v. 06.03.2007:
Ob der Geschädigte in Fällen der Inanspruchnahme eines Mietwagens nach einem Verkehrsunfall zum Einsatz seiner Kreditkarte oder zu einer sonstigen Art der Vorleistung verpflichtet ist, kann nicht generell verneint werden; es kommt vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall, insbesondere darauf an, ob dem Geschädigten der Einsatz einer Kreditkarte oder die Stellung einer Kaution möglich und zumutbar ist.

BGH v. 12.06.2007:
Der Unfallgeschädigte verstößt nicht gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem "Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen. Der Tatrichter kann seine Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt.

BGH v. 26.06.2007:
Die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, kann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer "Normaltarif" in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. Ebenso kann diese Frage offen bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum "Normaltarif" nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den "Normaltarif" übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre.

BGH v. 09.10.2007:
Für die Frage der Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs kommt es im Allgemeinen nicht darauf an, ob der Mietpreis für das Ersatzfahrzeug zwischen Mieter und Vermieter wirksam vereinbart worden ist.

BGH v. 24.06.2008:
Zur Schätzung eines Aufschlags zum Normaltarif bei einem so genannten Unfallersatztarif. In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den „Normaltarif“ auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten - gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung - ermitteln (hier: Aufschlag von 15 % wegen des Auslastungsrisikos und eines höheren Forderungs- und Mietausfallrisikos). Der Schädiger muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen „ohne weiteres“ zugänglich gewesen ist.

BGH v. 16.09.2008:
Der Geschädigte verstößt nicht gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er seinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Schädiger und seinen Haftpflichtversicherer geltend macht, ohne sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Autovermieter über die Berechtigung der Mietforderung einzulassen.

BGH v. 14.10.2008:
Mietet ein Verkehrsunfallgeschädigter bei einem Autovermieter ein Ersatzfahrzeug zu einem überhöhten Preis an, ohne sich nach der Höhe der Mietwagenkosten anderweit erkundigt zu haben, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, ein günstigerer Tarif sei ihm nicht zugänglich gewesen. Dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2003 oder aus dem Jahr 2006 zurückgreift. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht.

BGH v. 13.01.2009:
Es kann offen bleiben, ob für die Beurteilung der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten gegebenenfalls auch ein unterhalb des örtlichen „Normaltarifs“ liegender Tarif zu berücksichtigen ist, den der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners mit einem Autovermieter vereinbart hat. Ist dem Geschädigten ein solcher Tarif bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nicht bekannt und somit auch nicht zugänglich, kann die Erforderlichkeit des von ihm vereinbarten höheren Mietpreises nur unter der Voraussetzung entfallen, dass ihm ein Wechsel des Mietfahrzeugs zumutbar ist. Der Geschädigte ist nicht gehalten, den von ihr abgeschlossenen Mietvertrag nach ein oder zwei Tagen zu kündigen und für die restliche Dauer von nur wenigen Tagen der Reparatur bei einem anderen Anbieter ein Fahrzeug zu einem günstigeren Preis anzumieten.

BGH v. 25.03.2009:
Bietet der Mietwagenunternehmer dem Unfallgeschädigten einen besonderen für Unfallersatzfahrzeuge entwickelten Tarif an, der über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht daher die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des Schädigers nicht den vollen Tarif erstattet, so muss er den Mieter darüber aufklären (Fortführung der Senatsurteile vom 28. Juni 2006, XII ZR 50/04, NJW 2006, 2618, BGHZ 168, 168 und vom 24. Oktober 2007, XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470).

BGH v. 19.01.2010:
Es ist nicht zu beanstanden, den zur Frage der Erforderlichkeit der Mietwagenkosten vergleichsweise heranzuziehenden „Normaltarif“ an Hand des „Schwacke-Mietpreisspiegel“ zu ermitteln. Doch werden die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers überspannt, zur Rechtfertigung des der Schadensabrechnung zugrunde liegenden höheren Unfallersatztarifs aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Darlegung bezifferbarer Beträge bzw. konkreter prozentualer Aufschläge für unfallbedingte Leistungen verlangt werden. Es ist nicht erforderlich, für die Frage der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen, vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen.

BGH v. 02.02.2010:
Für die Frage, ob ein günstigerer Tarif als der sogenannte Unfallersatztarif „ohne weiteres“ zugänglich war, kommt es darauf an, ob dem Geschädigten in seiner konkreten Situation „ohne weiteres“ ein günstigeres Angebot eines bestimmten Autovermieters zur Verfügung stand. Es obliegt dem Schädiger, der einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ( § 254 Abs. 2 BGB ) geltend macht, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen „ohne weiteres“ zugänglich gewesen ist.

BGH v. 18.05.2010:
Der Tatrichter darf bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, ermitteln. Die Eignung solcher Listen oder Tabellen zur Schadensschätzung bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.

BGH v. 22.02.2011:
Zur Schätzung von Mietwagenkosten auf der Grundlage von Listen und Tabellen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.

BGH v. 12.04.2011:
Sowohl die Schwacke-Liste als auch der Fraunhofer-Mietpreisspiegel sind grundsätzlich zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet. Da die Listen nur als Grundlage für eine Schätzung dienen, kann der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO von dem sich aus den Listen ergebenden Tarif - etwa durch Abschläge oder Zuschläge - abweichen.

BGH v. 17.05.2011:
Zur Schätzung von Mietwagenkosten auf der Grundlage von Listen und Tabellen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.

BGH v. 27.03.2012:
Der Geschädigte kann Ersatz nur derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte. Auszugleichen sind nur solche Vorteile, die für den Gebrauch des Fahrzeugs von wesentlicher Bedeutung sind.

BGH v. 18.12.2012:
Auch ein grundsätzlich geeigneter Mietpreisspiegel stellt nur eine Grundlage für die Schätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO dar. Deshalb kann etwaigen Zweifeln daran, dass es sich bei den in einer Liste ausgewiesenen Mietpreisen um den im Einzelfall maßgeblichen Normalpreis handelt, gegebenenfalls auch durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden (Fortführung Senatsurteil vom 12. April 2011, VI ZR 300/09, VersR 2011, 769).

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Sonstige Gerichte:


LG Nürnberg-Fürth v. 01.02.2006:
Ein im Rahmen des sog. Aktiven Schadensmanagements von einem gegnerischen Haftpflichtversicherer dem Geschädigten unterbreitetes Angebot, ihm ein preisgünstigeres Mietfahrzeug zu vermitteln, ist gem. 134 BGB i. V. m. § 1 RBerG unbeachtlich.

OLG Köln v. 19.06.2006:
Es liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte, der nicht Inhaber einer Kreditkarte ist, nach einem Verkehrsunfall am 2. Weihnachtstag einen Mietwagen zu einem deutlich über dem Normaltarif liegenden Mietpreis anmietet.

AG Heinsberg v. 27.02.2008:
Dauern bei der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs mehrere Monate nach dem Unfall die Besonderheiten der Unfallsituation nicht mehr an, so hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Erstattung des Unfallersatztarifs.

OLG Dresden v. 28.05.2008:
Ein Unfallgeschädigter muss keine Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifes haben, wenn er anlässlich eines früheren, nicht allzu lange zurückliegenden anderen Unfalls einen Mietwagen zu ähnlichen Konditionen angemietet und die damals zuständige Versicherung ohne Beanstandungen im Hinblick auf die Höhe des vereinbarten Tarifes die Kosten ausgeglichen hat.

LG Schweinfurt v. 20.03.2009:
Erleidet ein Geschädigter nachmittags einen Verkehrsunfall und verpasst dadurch bereits einen Termin, hat jedoch noch zwei weitere Termine am selben späten Nachmittag, die er nur mit einem Auto erledigen kann, dann ist es nicht zu beanstanden, wenn er wegen der gebotenen Eile ein Mietfahrzeug mit Kosten über dem Normaltarif anmietet. Ist keine lange Reparaturdauer zu erwarten, ist auch keine "Ummietung" erforderlich.

LG Lübeck v. 25.06.2009:
Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass er infolge der Unfallsituation ein Ersatzfahrzeug anmieten musste, für das wegen der durch die Unfallsituation hervorgerufenen Umstände Autovermieter generell höhere Kosten kalkulieren und verlangen. Für die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs oder eines unfallbedingten Aufschlages auf den Normaltarif reicht es somit aus, wenn der Geschädigte nur eine Mehrleistung benötigt, die zum Beispiel darin bestehen kann, dass er das Fahrzeug unfallbedingt zur Nachtzeit anmieten muss. Bei der Schätzung der Mehrkosten gemäß § 287 ZPO sind dann auch die weiteren Mehrkosten für die Vermietung an Unfallgeschädigte einzubeziehen, auch wenn sie im konkreten Fall von dem Geschädigten nicht veranlasst worden sind. Ein Aufschlag von 20% auf die sich aus der Schwacke-Liste ergebenden Normaltarife ist im allgemeinen angemessen.


AG Freiberg v. 02.10.2009:
Der Geschädigte kann im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung dann einen höheren Betrag als den Normaltarif ersetzt verlangen, wenn er darlegt, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Dann kann auch ein Mietpreis angemessen sein, der 26% über dem sich aus der Schwacke-Liste ergebenden Normaltarif liegt.

LG Dresden v. 20.11.2009:
Nach dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens. Deshalb darf ihm nicht aufgezwungen werden, wo, bei wem und zu welchen Konditionen er einen Mietwagen anmietet. Er kann daher einen Mietwagen zum Normaltarif der Schwackeliste für sein Postleitzahlengebiet anmieten und ein preiswerteres Angebot der gegnerischen Versicherung ablehnen, ohne gegen die Schadensminderungspflicht zu verstoßen.

LG Mönchengladbach v. 23.03.2010:
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.a.) ergeben. Das bedeutet, dass im Falle fehlenden Vortrags zur Nichtzugänglichkeit des „Normaltarifs“ für den Geschädigten alternativ die Möglichkeit besteht, die Rechtfertigung der Erhöhung durch unfallspezifische Kostenfaktoren zu belegen.

OLG Hamm v. 10.03.2011:
Der Tatrichter hat Einwendungen zur Tauglichkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels im konkreten Fall bei Vorlage entsprechender Vergleichsangebote und Bezugnahmen auf mehrere Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren nachzugehen.

AG Berlin-Mitte v. 15.05.2014:
Mängel der Schwacke-Liste, die sie als Grundlage der Schätzung des Normaltarifs ungeeignet machen, werden durch die Vorlage von Preisangeboten von Mietwagenunternehmen aus dem Internet nicht substantiiert vorgetragen, wenn diese nicht repräsentativ sind und damit deshalb nicht dargelegt werden kann, dass die nach der Schwacke-Liste begehrten Tarife überhöht sind.

AG Potsdam v. 19.11.2015:
Mietet der nicht ortsḱundige und nicht über eigene besondere Kenntnisse über die Mietwagensituation vor Ort verfügende Geschädigte bei einem überörtlich bekannten Anmieter einen Mietwagen zur sofortigen Weitefahrt an, ist ist ihm der Rechnungsbetrag ohne weitere Angemssenheitsschätzung zu erstatten.

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Aufklärungspflicht des Autovermieters:


Anscheinsbeweis für Verschulden des Autovermieters bei mangelnder Aufklärung über die möglichen Mietwagentarife.

Mangelnde Aufklärung durch Autovermieter über die möglichen Tarife ergibt einen an den Schädiger bzw. seine Versicherung abtretbaren Schadensersatzanspruch.

BGH v. 28.06.2006:
Bietet der Autovermieter den Unfallgeschädigten ein Fahrzeug zu einem Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, muss der Vermieter den Mieter darüber aufklären. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstatten werde.

BGH v. 05.10.2006:
Der Vermieter muss, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem "Normaltarif" auf dem örtlich relevanten Markt liegt, den Mieter darüber aufklären, dass dadurch die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt. Unter "Normaltarif" ist nicht ein bestimmter (allgemeiner) Tarif auf dem örtlich relevanten Markt, sondern der Tarif gemeint, der nicht für Unfallersatzwagen, sondern im Rahmen einer "normalen" Vermietung verlangt wird.

BGH v. 10.01.2007:
Der Vermieter muss, wenn er dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und deshalb die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die (gegnerische) Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.

BGH v. 07.02.2007:
Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.

BGH v. 27.06.2007:
Bietet der Vermieter dem Unfallgeschädigten einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet.

BGH v. 24.10.2007:
Bietet ein Autovermieter dem Unfallgeschädigten einen Tarif an, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht deshalb die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, so muss er den Mieter darüber aufklären. Danach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Mieter unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den angebotenen Tarif möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet. Der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ist nicht ohne weiteres zur Erstattung von über dem "Normaltarif" liegenden "Unfallersatztarifen" verpflichtet.

BGH v. 25.03.2009:
Bietet der Mietwagenunternehmer dem Unfallgeschädigten einen besonderen für Unfallersatzfahrzeuge entwickelten Tarif an, der über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und besteht daher die Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des Schädigers nicht den vollen Tarif erstattet, so muss er den Mieter darüber aufklären (Fortführung der Senatsurteile vom 28. Juni 2006, XII ZR 50/04, NJW 2006, 2618, BGHZ 168, 168 und vom 24. Oktober 2007, XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470).

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Unzulässige Rechtsdienstleistungen:


Die Abtretung der Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall an die Autovermietung

BGH v. 15.02.1996:
Das an den Geschädigten anläßlich des Ausgleichs der Mietwagenkosten gerichtete Verlangen des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherers, Schadensersatzansprüche gegen den Autovermieter an ihn abzutreten, ist nur dann nicht als eine unzulässige Rechtsbesorgung zu beanstanden, wenn dem Versicherer (wie seinem Versicherungsnehmer) im Rahmen des schadensersatzrechtlichen Vorteilsausgleichs ein Anspruch auf Abtretung der Forderung gegen den geschädigten Dritten zusteht (Unfallersatzwagen-Tarife).

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Schwacke-Liste oder Fraunhofer-Institut?



Neutrale Position:


Unfallersatztarif - Schwacke oder Fraunhofer - neutrale Position

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Für Schwacke-Liste:


Unfallersatztarif - für Schwacke-Liste

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Für Fraunhofer-Studie:


Unfallersatztarif - für Fraunhofer-Marktspiegel

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Für Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer:


Unfallersatztarif - für Mittelwert

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Klassenabstufung bei älteren Fahrzeugen:


LG Freiburg v. 18.03.2021:
Bei der Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten nach § 249 BGB i.V.m. § 287 ZPO ist die Herabstufung um eine Mietwagenklasse angemessen, wenn das Unfallfahrzeug jedenfalls zehn Jahre alt ist.

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Einzelfälle:


LG Hagen v. 27.10.2006:
Einem Unfallgeschädigten, der wegen des aus einer Nebentätigkeit herrührenden Zeitdrucks nicht in der Lage ist, Vergleichsangebote von Autovermietern einzuholen, und der auf Grund eines entsprechenden Führerscheineintrags auf ein Automatikfahrzeug angewiesen ist sowie nicht im Besitz einer Kreditkarte ist, sind die Mietwagenkosten in Höhe eines Unfallersatztarifs zu ersetzen.

LG Bochum v. 06.06.2008:
Benötigt ein Unfallgeschädigter ein Ersatzfahrzeug zum Erreichen seines Arbeitsplatzes noch am Unfalltag und verfügt er wegen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu diesem Zeitpunkt weder über ein eigenes Girokonto noch über eine EC- oder Kreditkarte, und kann er auch nicht durch Barzahlung in Vorlage treten, so verstößt er nicht allein deswegen gegen seine Pflicht zur Schadensminderung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet.

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